Klagen gegen den Juden Gumprecht zu Kesselstadt und dessen Ausweisung

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 25965  
Laufzeit / Datum
1569 November 25 - Dezember 9
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Klagen gegen den Juden Gumprecht zu Kesselstadt und dessen Ausweisung
Am 25. November 1569 überschickt der Rat der Stadt Frankfurt Räten und Befehlhabern zu Hanau eine Supplik des Frankfurter Juden David zur goldenen Scheuer, der um die Erlaubnis bittet, das ihm verpfändete Haus des Juden Gumprecht zu Kesselstadt verkaufen zu dürfen, damit er sich für eine übernommene Bürgschaft über 40 fl. schadlos halten kann.
Am 30. November berichtet Gumprecht vor der Kanzlei Hanau, daß ihm David, dessen beide Söhne er vor etwa zwei Jahren "in sterbensleuffen" sechs oder acht Wochen beherbergt hat, dafür noch 50 fl. Zehrgeld schuldet. Er muß gestehen, daß er seinerzeit für diese Aufnahme weder eine herrschaftliche Erlaubnis eingeholt noch Schlafgeld entrichtet hat und daß zur gleichen Zeit auch der allerdings mit Geleit versehene Schwiegersohn des Juden Manus bei ihm gewohnt hat.
Am 1. Dezember wird der jüdische Glaser Gumprecht aus Kesselstadt vor der Kanzlei vernommen und sagt aus, daß sein Namensvetter und Nachbar während der Pestzeit Mannas Tochter mit ihrem Mann und einem jungen Buben sowie je einen Sohn des Juden zur Sichel und des Juden zum Elefanten (Helifant), alle aus Frankfurt, dazu Sambsons Sohn aus Windecken, Michels Sohn und den Schulmeister, der die Kinder lehrte, bei sich aufgenommen hatte.
Am 6. Dezember klagen Caspar Burkhardt aus Frankfurt wegen 119 fl. und Jörg Ziegler gen. Bauch aus Hanau wegen 40 fl. gegen Gumprecht und seinen Bürgen David, der ihnen die noch immer ausstehende Bezahlung bereits am 28. Mai 1568 zugesagt hatte. Da Gumprecht Ziegler bezahlt und Burkhardt, dem er bereits ein Trinkgeschirr im Wert von 58 1/2 fl. geliefert hat, eine Forderung an Weigel Metzler zu Frankfurt in gleicher Höhe abtritt, bleibt nur ein Rest von 2 fl., und David wird unter der Voraussetzung, daß er diese 2 fl. bezahlt und Metzler Burkhardt die 58 1/2 fl. übergibt, von seiner Bürgschaft freigesprochen.
Am 7. Dezember beschwert sich der hanauische Kämmerer bei Räten und Befehlhabern über Gumprecht, der der Herrschaft für den Verkauf zweier Pferde noch 55 Taler schuldet, und zu Unrecht behauptet, der Kämmerer habe das Geld unterschlagen. Ferner fordert der Kämmerer von Gumprecht Zoll und Schlafgeld für die Beherbergung der vielen fremden Juden während der Pestzeit, denen er Tag und Nacht die Pforte geöffnet und Geleit erteilt hat, als wäre er dazu berechtigt.
Da Gumprecht ihn einen "lugenhafftigen schalck" und Straßenräuber genannt hat, fühlt sich der Kämmerer auch persönlich beleidigt und verlangt Genugtuung. Er verweist seinerseits auf Gumprechts sattsam bekannte Schelmenstücke und Diebereien, unterstellt ihm aufgrund des Berichtes des Juden zu [Langen-]Diebach, die Herrschaft während der zwei Jahre, als er in Oppenheim Pferde verkaufte, bei der Abrechnung des Zehrgelds betrogen zu haben und behauptet, daß er auch bei der Abrechnung der Korn- und Getreideeinkäufe unredlich war, da er für ein Achtel Korn 2 fl. und für ein Achtel Hafer 2 Taler bezahlen mußte, zusammen mit Mannes, der ein ebensolcher Betrüger ist, aber 700 fl. Kaufgeld erhalten hat.
Am 8. Dezember verlangt und erhält der Stallmeister Barthel Schuch von Gumprecht die ihm vor drei Jahren geliehenen 7 fl. nebst Zinsen zurück.
Am 9. Dezember wird vor der Kanzlei Hanau festgestellt, daß Gumprechts Schuld von 40 fl. nebst 5 fl. 12 Albus Zinsen bei Ziegler, für die David die Bürgschaft übernommen hatte, eine Forderung über 50 fl. für die Aufnahme von Davids Söhnen in der Zeit "do es vorm jaren zu Franckfurth in der judengassen gestorben", gegenüberstand. Wegen der unerlaubten Aufnahme fremder Juden, womit sich Gumprecht unterstanden hat, "der herrschaft flecken zu verunreinigen", ist er verhaftet, mit 40 Talern gebüßt und erst nach beschworener Urfehde wieder freigelassen worden. Da seine Frau Ziegler inzwischen bezahlt hat, wird es Gumprecht freigestellt, seine Forderungen an David vor dem Frankfurter Stadtgericht einzuklagen.
Zur Begleichung der verwirkten 40 Taler Buße und 55 Taler alter Schuld bei der Herrschaft Hanau soll Gumprechts Haus in Kesselstadt eingezogen, geschätzt und ihm der Mehrwert ausbezahlt werden. Alle sonstigen Schulden nebst dem seit Martini ausstehenden Schutzgeld und dem fälligen Abzugsgeld hat Gumprecht unverzüglich zu begleichen und seine Außenstände einzutreiben, da er wegen seiner zahlreichen vermuteten und zum Teil erwiesenen Betrügereien die Grafschaft bis zum 22. Februar 1570 verlassen soll.

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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

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„Klagen gegen den Juden Gumprecht zu Kesselstadt und dessen Ausweisung“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4462_klagen-gegen-den-juden-gumprecht-zu-kesselstadt-und-dessen-ausweisung> (aufgerufen am 25.11.2025)

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