Aussage des wegen Umgehung des Zolls zu Lehrbach verhaftete Juden Manus von Steinhaus

HStAM Protokolle Nr. II Marburg A 2 Bd. 1  
Laufzeit / Datum
1571 Juli 3 - 9
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Vor der Kanzlei zu Marburg macht der wegen Umgehung des Zolls zu Lehrbach verhaftete Jude Manus von Steinhaus, Sohn des Mosche zu Geisa, folgende Aussage:
Er hat vor etwa drei Wochen1#Ein jüdisches Briefchen, das Manus bei sich trug, weist aus, daß die Hochzeit am 13. Juni war, und Manus korrigiert seine Aussage später dahin, daß er sich bei den Zeitangaben durchaus um acht Tage geirrt haben kann. in Frankfurt Nahems Tochter God[ele?] aus Gleiberg geheiratet, die Stadt mit seiner Frau am Sonntag nach Pfingsten verlassen, in Friedberg übernachtet und, nach einem Aufenthalt bei den Verwandten in Gleiberg seine Frau am Dienstag zu seinem Bruder Salomon nach Kirchhain gebracht. Dort ist er einen Tag geblieben, um die Niederlassungsmöglichkeiten zu prüfen und in Marburg die Einlösung etlicher Pfänder (ein Ring, ein Silberlöffel und zwei "sewkelger"), auf die er 4 fl. geliehen hatte, zu betreiben. Dann ist er über Friedberg, wo er bei Salomon übernachtet hat, nach Frankfurt zurückgekehrt und hat in der Herberge zum Schloß, wo die Schwester seiner Mutter wohnt, von der bei David zum Schloß hinterlegten Mitgift seiner Frau von 100 fl., die ihm der Frankfurter Jude Calmus und sein Sohn ausgezahlt hatten, 30 fl. in Pfennigen abgeholt, um damit in Roßdorf Tücher zu kaufen. Außer dem Geld hatte er, als er am Freitag nach Windecken aufbrach, noch einen goldenen Ring mit einem "demantgen" in der Tasche sowie 4 oder 5 verbotene Goldgulden zu 15 Batzen, etliche Dreibätzner, 1/2 Engelloten 2#Englische Goldmünze und Taler.
Den Sonnabend über ist er bei dem alten Marckey in Windecken geblieben und am Sonntag in Begleitung eines jungen Juden aus Eschwege nach Ortenberg gezogen, dort bei einem der beiden Juden und zwar bei dem, der nicht taub ist, eingekehrt, aber noch am gleichen Tage bis etwa 8 1/2 Meilen vor Steinheim gegangen. In Steinheim ist er zwei Tage geblieben und dann nach Mansbach weitergezogen, wobei er unterwegs in Maulbach und [Burg-]Gemünden für etliche Pflegekinder 113 fl. eingefordert hat. Stephan Zolner und der Wirt haben ihm 20 fl. Batzen in Pfennigen gegeben und ein Goldstück, das gebrochen ist, als er es biegen wollte. Der Sohn des Schultheißen hat ihm 8 1/2 fl. in Denaren und 1 fl., "darin etliche dreybatzer gewesen", bezahlt, und in Maulbach hat ihm ein Schuldner, dessentwegen er bereits zehn- oder zwölfmal dagewesen war, 11 fl. durch den Pfarrer geben lassen. Außer diesem Geld hatte Manus noch 16 Taler Vierbätzner in einem roten Beutelchen bei sich, für die er in Amöneburg der Frau seines Bruders Gewand und Stulptuch kaufen sollte.
In Mansbach ist Manus bei Isaac bis zum folgenden Sonntag geblieben, an dem er den Markt in Vacha besucht hat, um Tuch zu kaufen, doch wollte man dort seine Pfennige nicht. Manus hat in Vacha zusammen mit dem Juden Jacob aus Hohenfeld bei einem Mann gewohnt, dessen Namen er nicht kennt. Am Montag ist er über Geisa, wo er vergeblich versucht hat, Geld einzutreiben, zu Isaac nach Mansbach zurückgekehrt, dort bis zum vergangenen Sonntag geblieben und dann auf den Markt nach Roßdorf gezogen, hat aber nichts gekauft, weil man auch dort die Pfennige nicht nehmen wollte. Abends ist er mit Mosche und Isaac nach Mansbach zurückgegangen. Anderntags ist er in Begleitung des Juden Charius wieder nach Geisa gezogen, wo ihm die Frau des Juden Beibus die geforderte Schuld bezahlt hat. Sie hat ihm das Geld abgezählt in einem langen grauen Säckchen gegeben. Die genaue Summe hat Manus auf einem Zettel vermerkt, ohne noch einmal nachzuzählen. Während dieses Geschäfts war Charius bei anderen Juden im Dorf. Zusammen mit ihm ist Manus dann nach Schmalkalden weitergezogen, wobei sie unterwegs bei einem alten Mann unbekannten Namens in Brotterode übernachtet haben. In Schmalkalden haben sie am Dienstag vergeblich versucht, die Pfennige zu verhandeln, und sind dann mit einer Übernachtung in Brotterode wieder nach Geisa zurückgekehrt und dort bis Sonntag geblieben. Am Sonntag ist Manus nach Steinheim gezogen und hat dabei unterwegs den Rest der 113 fl. eingefordert und in Maulbach wieder nur Pfennige bekommen.
Von Steinheim ist er am Montag 3#Als ihm der Schultheiß vorhält, daß die Verhaftung erst am Dienstag erfolgt ist, korrigiert sich Manus und sagt, daß er bis Dienstag in Steinheim geblieben ist. nach Angenrod gegangen, wobei es spät geworden ist. Zwischen Angenrod und Kirtorf ist er dem Schultheißen begegnet, der ihn beschuldigt hat, den Zoll umgangen zu haben, und ihn geschlagen hat. Bei der Verhaftung hatte Manus ein Leintuch um den Leib, in dem waren 1 fl. Pfennige, eher mehr, 7 "thorisch” Dreibätzner, ein goldener Ring mit einem Diamant, etliche weitere Münzen, die zehn Gebote, "ein bruch, so sie anhencken, wan sie beten" und etliche Briefe. Zusammen mit Manus hat der Schultheiß auch noch einen Juden von Lauterbach, vermutlich Jesekiel, verhaftet, der aus Schwäbisch Gemünd kam. Unter Hinterlassung von zwei falschen Realen ist diesem jedoch die Flucht gelungen.
Beide Münzen werden ebenso wie die im nachfolgenden Verzeichnis aufgeführten Münzen und Gegenstände, die Manus abgenommen wurden, am 5. Juli bei der Kanzlei zu Marburg hinterlegt 4#Laut Randvermerk wurden diese Münzen am 28. Mai 1573 dem hessischen Münzwerk übergeben; 40 d Kammernachträge, Marburg Pak. 295.. Es handelte sich dabei um:
"16 Philipsthaler an vierpetzlern, 1 zerbrochen gulden regal, 1/2 engelot, 6 niderlendische gulden, 1 niederlendischen bononier Battenb[erger], 1 silbern hauben uf ein messer, 1 braun, ledern secklin, dorin ein wenig gekornt, geschmelztes silbers; an newen pfennigen, darunder auch etzliche gahr falsch, sein gewigen 26 pfundt 14 lot, ein [pfund] gezelet war 8 fl. 4 albus".
Tasche, Beutel und Briefe wurden ebenfalls zur Kanzlei gegeben.
Am 9. Juli fordert die Kanzlei den Schultheißen zu Burg-Gemünden auf zu berichten, was es mit den schlechten Münzen auf sich hat, die Manus angeblich in Homberg und Burg-Gemünden bekommen hat.

Weitere Angaben

vgl. auch 40d Kammernachträge, Marburg, Pak. Nr. 295; Nr. 303, Auslaufregister Bl. 60r.

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Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Aussage des wegen Umgehung des Zolls zu Lehrbach verhaftete Juden Manus von Steinhaus“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4552_aussage-des-wegen-umgehung-des-zolls-zu-lehrbach-verhaftete-juden-manus-von-steinhaus> (aufgerufen am 25.11.2025)

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