CDU in Hessen bei Bundestagswahlen erstmals mit Mehrheit
Ereignis
Was geschah
Die CDU erhält bei den Bundestagswahlen die absolute Mehrheit. In Hessen ist sie erstmals stärker als die SPD. Bei den Zweitstimmen erreichen die Christdemokraten einen Anteil von 40,9 % (1953: 33,2 %), die SPD kommt auf 38,0 % (1953: 33,7 %), die FDP auf 8,5 % (1953: 19,7) und die Deutsche Partei erreicht 5,5 % der Stimmen (1953: 2,8 %). Die Wahlbeteiligung liegt bei 89,1 % und damit höher als bei der Bundestagswahl 1953, wo 86,7 % der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgaben.
Gewählte Abgeordnete
Bei der Wahl zum 3. Deutschen Bundestag gab es aus hessischer Perspektive zwei Neuerungen. Erstmals errang die CDU (elf, später zwölf)1 mehr Mandate als die SPD (zehn); die Deutsche Partei errang erstmals ein Direktmandat (in Klammern das Erststimmenergebnis der gewählten Bewerber). Zudem gewannen mit Lucie Beyer und Elisabeth Schwarzhaupt die ersten Politikerinnen einen Bundestagswahlkreis in Hessen. Über die Landeslisten ziehen je neun Abgeordnete der CDU und der SPD, vier der FDP und drei der Deutschen Partei (DP) in den Bundestag ein (in Klammern die Platzierung auf der jeweiligen Landesliste).SPD
Altmaier, Jakob (1889–1963); Schriftsteller; Frankfurt am Main – Wahlkreis 139: Hanau (43,5 %)Bading, Harri (1901–1981); Diplomlandwirt; Ziegenhain – Landesliste (14)
Bechert, Dr. Karl (1901–1981); Professor – Wahlkreis 126: Waldeck (35,6 %)
Beyer, Lucie (1914–2008); Frauensekretärin; Frankfurt am Main – Wahlkreis 136: Friedberg (41,1 %)
Birkelbach, Willi (1913–2008); Angestellter; Frankfurt am Main – Landesliste (2)
Börner, Holger (1931–2006); Betonfacharbeiter; Kassel-Rothenditmold – Wahlkreis 127: Kassel (49,2 %)
Höhmann, Egon (1926–1979); Lehrer; Fürstenhagen – Wahlkreis 128: Eschwege (44,4 %)
Jahn, Gerhard (1927–1998); Rechtsanwalt; Marburg – Landesliste (11)
Jaksch, Wenzel (1896–1966); Beamter; Wiesbaden-Dotzheim – Landesliste (4)
Leber, Georg (1920–2012); Gewerkschaftsvorsitzender; Frankfurt am Main – Landesliste (6)
Merten, Hans (1908–1967); Pfarrer a.D.; Korbach – Wahlkreis 133: Gießen (38,3 %)
Metzger, Ludwig (1902–1993); Staatsminister a.D.; Darmstadt – Wahlkreis 145: Darmstadt (43,0 %)
Reitz, Wilhelm (1904–1980); Kartonagenmeister; Wetzlar/Lahn – Wahlkreis 132: Wetzlar (37,8 %)
Ritzel, Heinrich Georg (1893–1971); Ober-Regierungsrat a.D.; Michelstadt/Odenwald – Wahlkreis 146: Dieburg (45,3 %)
Schmitt, Hermann (1923–1979); Verlagsleiter; Vockenhausen (Taunus) – Wahlkreis 143: Groß-Gerau (43,0 %)
Stenger, Carl (1905–1982); Oberpostdirektor; Frankfurt am Main – Landesliste (13)
Stierle, Georg (1897–1979); kaufmännischer Angestellter; Frankfurt am Main – Landesliste (15)
Wittrock, Karl (1917–2000); Rechtsanwalt; Wiesbaden – Landesliste (10)
Zinn, Dr. Georg August (1901–1976); Ministerpräsident des Landes Hessen; Wiesbaden – Landesliste (1)2
CDU
Arndgen, Josef (1894–1966); Minister a.D.; Wiesbaden – Wahlkreis 137: Limburg (58,2 %)Böhm, Dr. Franz (1895–1977); ord. Professor der Rechte; Frankfurt am Main – Wahlkreis 142: Frankfurt am Main III (41,9 %)
Brentano, Heinrich von (1904–1964); Rechtsanwalt und Notar; Darmstadt – Wahlkreis 147: Bergstraße (50,6 %)
Gontrum, Wilhelm (1910–1969); Pfarrer; Watzenborn-Steinberg – Landesliste (12)
Götz, Dr. Hermann (1914–1987); Angestellter; Eckelshausen über Biedenkopf – Wahlkreis 134: Fulda (59,6 %)
Horn, Peter (1891–1967); Geschäftsführer; Frankfurt am Main – Wahlkreis 140: Frankfurt am Main I (42,5 %)
Kanka, Dr. Karl (1904–1974); Rechtsanwalt und Notar; Offenbach am Main – Wahlkreis 144: Offenbach am Main (42,9 %)
Leiske, Dr. Walter (1889–1971); Bürgermeister der Stadt Frankfurt/M.; Frankfurt am Main – Wahlkreis 141: Frankfurt am Main II (45,7 %)
Löhr, Dr. Walter (1911–1976); Geschäftsführer; Darmstadt – Landesliste (7)
Martin, Dr. Berthold (1913–1973); Medizinalrat; Gießen – Wahlkreis 135: Obertaunuskreis (46,0 %)
Pitz, Elisabeth (1906–1996); Reg.- u. Schulrätin a.D.; Wiesbaden – Landesliste (9)
Reinhard, Carl (1909–1992); Dipl.-Landwirt; Unterweisenborn/Kreis Hersfeld – Wahlkreis 130: Hersfeld (43,4 %)
Reith, Dr. Eckhard (1919–2011); prakt. Arzt; Birkenau/Odenwald – Landesliste (16)
Riedel, Clemens (1914–2003); Bäckermeister; Frankfurt am Main – Landesliste (17)
Sabel, Anton (1902–1983); Oberregierungsrat; Petersberg/Fulda – Landesliste (15)3
Schmitt, Cläre (1915–2008); Unternehmerin und Hausfrau; Fulda – Landesliste (18)
Schwarzhaupt, Elisabeth (1901–1986); Oberkirchenrätin; Frankfurt am Main-Eschersheim – Wahlkreis 138: Wiesbaden (43,5 %)
Weimer, August (1908–1980); Gewerkschaftssekretär (Stadtrat); Wiesbaden – Landesliste (11)
Wittmer-Eigenbrodt, Kurt (1889–1975); Landwirt; Obernburg/Kreis Frankenberg – Wahlkreis 129: Fritzlar-Homberg (37,6 %)
Worms, Josef (1895–1985); Hauptlehrer; Höchst über Gelnhausen – Landesliste (19)
FDP
Becker, Dr. Max (1888–1960); Rechtsanwalt und Notar; Bad Hersfeld – Landesliste (1)4Kohut, Dr. Oswald A. (1901–1977); Fabrikant; Langen/Hessen – Landesliste (2)
Mischnick, Wolfgang (1921–2002); Angestellter; Frankfurt am Main – Landesliste (4)
Walter, Fritz (1896–1977); Landwirt; Wanfried/Kreis Eschwege – Landesliste (3)
DP
Euler, August Martin (1908–1966); Rechtsanwalt; Bad Hersfeld – Landesliste (2)5Preiß, Ludwig (1910–1996); Dipl.-Landwirt; Leidenhofen/Marburg – Wahlkreis 131: Marburg (41,9 %)6
Schranz, Helmuth (1897–1968); Prokurist; Offenbach am Main – Landesliste (1)7
(LV)
Bezugsrahmen
Indizes
Personen
- Altmaier, Jakob
- Arndgen, Josef
- Bading, Harri
- Bechert, Karl
- Becker, Max
- Birkelbach, Willi
- Böhm, Franz
- Börner, Holger
- Brentano, Heinrich von
- Euler, August-Martin
- Gontrum, Wilhelm
- Götz, Hermann
- Horn, Peter
- Jahn, Gerhard
- Jaksch, Wenzel
- Kanka, Karl
- Kohut, Oswald A.
- Höhmann, Egon
- Kühlmann-Stumm, Knut von
- Kurlbaum-Beyer, Lucie
- Leber, Georg
- Leiske, Walter
- Löhr, Walter
- Martin, Berthold
- Merten, Hans
- Metzger, Ludwig
- Meyer, Ernst Wilhelm
- Mischnick, Wolfgang
- Pitz-Savelsberg, Elisabeth
- Preiß, Ludwig
- Reinhard, Carl
- Reith, Eckhard
- Reitz, Wilhelm
- Riedel, Clemens
- Ritzel, Heinrich Georg
- Sabel, Anton
- Schmitt, Cläre
- Schmitt-Vockenhausen, Hermann
- Schneider, Ludwig (1898-1978)
- Schranz, Helmuth
- Schwarzhaupt, Elisabeth
- Stenger, Carl
- Stierle, Georg
- Walter, Fritz (1896-1977)
- Weimer, August
- Wilhelmi, Hans
- Wittmer-Eigenbrodt, Kurt
- Wittrock, Karl
- Worms, Josef
- Zinn, Georg August
Sachbegriffe
Nachweise
Fußnoten
- Am 20. September 1960 trat Ludwig Preiß in die CDU ein. Er war als Kandidat der Deutschen Partei als Direktkandidat im Wahlkreis Marburg gewählt worden. ↑
- Zinn legte sein Mandat noch im Oktober 1957 nieder. Für ihn rückte Prof. Dr. Ernst Wilhelm Meyer (1892–1969), Botschafter a.D., aus Frankfurt am Main (Landesliste, Platz 19) nach. ↑
- Sabel legte sein Mandat noch im Oktober 1957 nieder. Für ihn rückte Dr. Hans Wilhelmi (1899–1970), Rechtsanwalt und Notar, aus Frankfurt am Main nach (Landesliste, Platz 20). ↑
- Becker verstarb am 29. Juli 1960. Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier (1906–1986; CDU) würdigte ihn in der 124. Plenarsitzung am 28. September 1960:
Am 29. Juli verstarb nach schwerer Krankheit der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Dr. Max Becker.
Max Becker wurde am 25. Mai 1888 in Kassel geboren. Seit 1909 nahm er am öffentlichen Leben Deutschlands teil. Er arbeitete zunächst in der jungliberalen Bewegung; später trat er der Deutschen Volkspartei bei. Max Becker ließ sich in Bad Hersfeld als Rechtsanwalt und Notar nieder. Von 1919 bis 1921 war er Mitglied seines Kreistages. Von 1922 bis 1933 war er Mitglied des Kurhessischen Kommunallandtages und des Provinziallandtages Hessen-Nassau.
Nach 1945 nahm Max Becker als Mitglied der Freien Demokratischen Partei seine politische Arbeit wieder auf. Seit 1946 war er Mitglied des Magistrats Hersfeld und des Kreistages sowie des Hessischen Landtages. Er war Mitglied des Parlamentarischen Rats und Vorsitzender seines Wahlrechtsausschusses.
Dem Bundestag gehörte unser Kollege Max Becker seit 1949 an. Er war Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten sowie des Ausschusses zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung. Sein Herz schlug – das ist nicht zuviel gesagt – besonders für die Einigung Europas. Seit 1950 war er Mitglied des Europarats, später war er auch Mitglied der Versammlung der Westeuropäischen Union. Am 4. Juli 1956 und am 15. Oktober 1957 wurde Dr. Max Becker zum Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt. Max Becker hat diesem Haus ehrenvoll gedient. Der Deutsche Bundestag hat ihn mit einem Staatsbegräbnis geehrt. Deutscher Bundestag, 124. Sitzung, 28. September 1960 Für ihn rückte am 8. August 1960 der Landwirt Knut Freiherr von Kühlmann-Stumm (1916–1977) aus Ramholz/Kreis Schlüchtern nach (Landesliste, Platz 5). ↑ - Euler legte sein Mandat am 10. September 1958 nieder. Für ihn rückte am 10. September 1958 der Rechtsanwalt und Notar Dr. Ludwig Schneider (1898–1978) aus Lollar/Kreis Gießen nach, der sich am 3. Mai 1961 der CDU-Fraktion anschloss. ↑
- Preiß war ab 1. Juli 1960 fraktionslos und trat am 20. September 1960 in die CDU-Fraktion über. ↑
- Schranz war ab 3. Mai 1961 fraktionslos. ↑
Literatur
- Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 435 f.
Weiterführende Informationen
- Staats-Anzeiger für das Land Hessen, Nr. 42, 19.10.1957, S. 1051-1055
- Staats-Anzeiger für das Land Hessen, Nr. 35, 31.8.1957, S. 859-866
- Wikipedia: Bundestagswahl 1957 (eingesehen am 15.9.2022)
Kalender
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Personen
- Hessische Biografie: Altmaier, Jakob
- Hessische Biografie: Arndgen, Josef
- Hessische Biografie: Bading, Harri
- Hessische Biografie: Bechert, Karl
- Hessische Biografie: Becker, Max
- Hessische Biografie: Birkelbach, Willi
- Hessische Biografie: Böhm, Franz
- Hessische Biografie: Börner, Holger
- Hessische Biografie: Brentano, Heinrich von
- Hessische Biografie: Euler, August-Martin
- Hessische Biografie: Gontrum, Wilhelm
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- Hessische Biografie: Horn, Peter
- Hessische Biografie: Jahn, Gerhard
- Hessische Biografie: Jaksch, Wenzel
- Hessische Biografie: Kanka, Karl
- Hessische Biografie: Kohut, Oswald A.
- Hessische Biografie: Kühlmann-Stumm, Knut von
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- Hessische Biografie: Reith, Eckhard
- Hessische Biografie: Reitz, Wilhelm
- Hessische Biografie: Riedel, Clemens
- Hessische Biografie: Ritzel, Heinrich Georg
- Hessische Biografie: Sabel, Anton
- Hessische Biografie: Schmitt-Vockenhausen, Hermann
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- Hessische Biografie: Schneider, Ludwig (1898-1978)
- Hessische Biografie: Schranz, Helmuth
- Hessische Biografie: Schwarzhaupt, Elisabeth
- Hessische Biografie: Stenger, Carl
- Hessische Biografie: Stierle, Georg
- Hessische Biografie: Walter, Fritz (1896-1977)
- Hessische Biografie: Weimer, August
- Hessische Biografie: Wilhelmi, Hans
- Hessische Biografie: Wittmer-Eigenbrodt, Kurt
- Hessische Biografie: Wittrock, Karl
- Hessische Biografie: Worms, Josef
- Hessische Biografie: Zinn, Georg August
Quellen und Materialien
- Parlamentarismus in Hessen: Arndgen, Josef
- Parlamentarismus in Hessen: Becker, Max
- Parlamentarismus in Hessen: Börner, Holger
- Parlamentarismus in Hessen: Brentano, Heinrich von
- Parlamentarismus in Hessen: Euler, August-Martin
- Parlamentarismus in Hessen: Horn, Peter
- Parlamentarismus in Hessen: Kanka, Karl
- Parlamentarismus in Hessen: Kohut, Oswald A.
- Parlamentarismus in Hessen: Martin, Berthold
- Parlamentarismus in Hessen: Metzger, Ludwig
- Parlamentarismus in Hessen: Mischnick, Wolfgang
- Parlamentarismus in Hessen: Pitz-Savelsberg, Elisabeth
- Parlamentarismus in Hessen: Ritzel, Heinrich Georg
- Parlamentarismus in Hessen: Stierle, Georg
- Parlamentarismus in Hessen: Walter, Fritz (1896-1977)
- Parlamentarismus in Hessen: Zinn, Georg August
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„CDU in Hessen bei Bundestagswahlen erstmals mit Mehrheit, 15. September 1957“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/1083_cdu-in-hessen-bei-bundestagswahlen-erstmals-mit-mehrheit_cdu-in-hessen-bei-bundestagswahlen-erstmals-mit-mehrheit> (aufgerufen am 25.11.2025)
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