Von dem Juden Gotts zu Delkenheim an Landgraf Ludwig von Hessen-Marburg abgetretene Schuldforderungen

HStAM 40 f Rentkammer Marburg Nr. 66  
Laufzeit / Datum
1585 Januar 13/23 - 1590 Januar 19/29
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 13. Januar 1585 bekennt der Jude Gotts von Delkenheim, daß man ihn zu Recht in Eppstein gefangen gehalten hat, weil er zahlreiche Übertretungen begangen und mit "hochverbottenen wucherlichen contracten die arme underthane hin und wider in dem ampt Epstein jemmerlichen wider mhir zugelasene ordnung umb daß ihr bracht und betrogen" hat. Auf Bitten seiner Freunde ist er freigelassen worden und sollte das Land mit Weib und Kindern in Monatsfrist räumen, doch mit Rücksicht auf die Winterzeit und die Schwierigkeit, jetzt anderwärts ein Unterkommen zu finden, hat er unter der Bedingung, daß er keinerlei Handel oder Geschäfte mit den hessischen Untertanen betreibt, einen Aufschub von einem halben Jahr erhalten.
Mit Herausgabe aller Kerben, Schuldbriefe und Dokumente tritt Gotts alle seine Forderungen und Außenstände an Landgraf Ludwig ab, wogegen ihm Barschaft, Fahrhabe, Kleinodien, Silbergeschirr, weggeführtes Gut, Pfänder, Haus, Hof, Wein, Vieh und sein gesamter Besitz zurückgegeben werden. All dies wird von Gotts mit einer von ihm zunächst verweigerten Urfehde beschworen, wobei er ”mit ingelachten fingern" folgenden Eid nachspricht:
"Adonay, ein schopffer der himmel und deß ertrichs und aller ding, auch mein und der menschen, die hie stehendt, ich ruff dich ahn durch deinen heiligen nhamen uff diese zeidt zu der warheit, daß ich vorgelesene urpfede festigklich von wort zu worten ohn alle geverde und argelist dem darin begriffenen buchstaben nach halten will und whan ich daß nidt thu, so sey ich herann undt verflucht ewigklich, deßgleichen mich dann ubergehe und verhere daß feur, daß Sodama und Gomorra uberging und alle die fluch, die ihn der Torach geschriben stehn, und daß mhir auch der war Godt, der laub und gras und alle ding beschaffen hadt, nimmer zu hilf noch zu statten komme, also hilf mhir der war Godt Adonay."
Anfang November 1585 erstellt der Schultheiß zu Wallau und Brekkenheim ein Verzeichnis der zum Teil wenig zahlungskräftigen Schuldner des Juden Gotts. Am 6. November verfertigt der Schultheiß von Langenhain und Lorsbach ein entsprechendes Verzeichnis und vermerkt bei einem der Schuldner: "müssen seine verlassene kinder daß brodt betteln".
Auf einen bereits am 4. November erstatteten Bericht des Schultheißen zu Eppstein, der wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit der Schuldner zu Pfändungen gezwungen war, stellt die Kanzlei Marburg am 12. November fest, daß statt des erwarteten Drittels in Höhe von 3.663 fl. 17 Albus, das der Keller zu Eppstein von den Außenständen des Juden hätte eintreiben sollen, nur 674 fl. 18 Albus 4 Heller geliefert wurden, wozu der Keller erklärt hat, "das er aus den leuten mehr nit hette pringen konnen".
Am 15. November tadelt Landgraf Ludwig den Keller wegen der geringen Einnahme, kündigt die Entsendung seines Burggrafen an und fügt hinzu, daß all dies hätte vermieden werden können, wenn der Keller Gotts, "diesen buben, dermassen bey unsern armen underthanen nicht einwurzeln lassen" hätte. Gleichzeitig untersagt der Landgraf seinem Kammermeister, den Empfang der 674 fl. zu quittieren, weil bei der Eintreibung der Außenstände nicht der nötige Eifer angewandt wurde.
Eine Abrechnung über das erste Drittel des ersten Ziels aller Außenstände in Breckenheim, Delkenheim, Diedenbergen, Eppstein, Igstadt, Massenheim, Medenbach, Nordenstadt und Wallau ergibt als Einnahme die Summe von 674 fl. 18 Albus 4 Heller. Langenhain, das bei Außenständen von insgesamt 234 fl. 7 Albus 78 fl. 2 Albus 4 Heller hätte zahlen sollen, hat nichts geliefert, ebensowenig Lorsbach, das von 357 fl. 14 Albus 119 fl. 4 Albus 8 Heller einzubringen hatte. An der Summe von 3.663 fl. 17 Albus 10 Heller, die zum ersten Ziel gezahlt werden sollten, fehlen 2.988 fl. 23 1/2 Albus.
Am 1. Dezember verteidigt sich der Schultheiß von Lorsbach und Langenhain gegen den Vorwurf der Nachlässigkeit und erklärt, daß es ihm mit großer Mühe gelungen ist, noch vor dem Fälligkeitstermin 122 fl. 8 Albus 8 Heller zusammenzubringen.
In einem der Rentkammer Marburg von dem von Landgraf Ludwig zur Kontrolle bestellten Burggrafen am 23. Dezember übergebenen Verzeichnis werden folgende Außenstände des Juden aufgelistet: Breckenheim - 27 fl., Wallau - 166 fl. 1 1/2 Albus 3 1/2 Denar, Nordenstadt - 299 fl. 10 Albus 8 Heller, Delkenheim - 329 fl. 3 Albus 2 Denar 1 Heller, Massenheim - 262 fl. 21 Albus, Diedenbergen - 176 fl.17 Albus 2 Denar 1 Heller, Langenhain - 54 fl. 8 Heller, Lorsbach - 68 fl. 4 Albus. Das macht zusammen 1.383 fl. 14 Albus 7 1/2 Denar.
Die Eintreibung der von Gotts abgetretenen Forderungen zieht sich über Jahre hin.
Am 8. Dezember 1588 schickt der Keller zu Eppstein dem Marburger Kammermeister unter anderem 5 Fuder 2 1/2 Ohm 8 1/2 Viertel Wein von Judenschulden.
Am 29. Januar 1589 liefert der Eppsteiner Keller, der dem verhafteten Juden Scholl bereits 4.422 fl. 23 Albus 6 1/2 Heller gezahlt hat, 1.131 fl. 8 Albus 3 1/2 Heller nach Marburg, die er am 20. Januar als viertes Ziel des Jahres 1588 eingenommen hat. Damit bleibt eine Restforderung von 3.432 fl. 16 Albus 2 Heller offen.
Am 19. Januar 1590 weist die Marburger Rentkammer den Keller zu Eppstein an, in der Judenschuldenrechnung die Dörfer einzeln aufzuführen und unter den Dorfnamen die noch offenen Gesamtforderungen einzutragen sowie den vor einem Jahr gezahlten Abtrag, die damals verbliebene Restschuld und den jetzt erhobenen Betrag.

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Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

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„Von dem Juden Gotts zu Delkenheim an Landgraf Ludwig von Hessen-Marburg abgetretene Schuldforderungen“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5581_von-dem-juden-gotts-zu-delkenheim-an-landgraf-ludwig-von-hessen-marburg-abgetretene-schuldforderungen> (aufgerufen am 25.11.2025)

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