Forderungen der Witwe Best aus Essen an den Juden Gumprecht zu Kesselstadt

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 25965  
Laufzeit / Datum
1566 Juli 8 - 10
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Best, die zu Essen (Eyssen) zwölf Meilen unterhalb von Köln unter der Frau von Leithe (Laydt) lebende Witwe des Juden Jheremias, wendet sich an Gräfin Helene von Hanau und klagt, daß ihr Mann dem Juden Gumpel zu Kesselstadt vor drei oder mehr Jahren auf dessen Ansuchen neue Doppler im Wert von vielen Gulden zum Münzwert überlassen hat, die Gumpel offenbar zu einem höheren Preis verkaufen wollte. Da Gumpel sich später wegen der dieses und anderer Geschäfte halber geforderten Bezahlung sperrte, ist Jheremias nach Kesselstadt gezogen und dort von Gumpel ein halbes Jahr lang vertröstet und hingehalten worden, so daß er ihn schließlich vor der hanauischen Kanzlei verklagen wollte, worüber sich Gumpel bei den Rabbinern zu Frankfurt beschwert hat. Darauf sind die streitenden Parteien "inhalt zweyer glaubwirdiger judischer schrifften" dahin verglichen worden, daß Gumpel Jheremias innerhalb bestimmter Fristen insgesamt 35 fl. bezahlen sollte. Bei Nichteinhaltung des ersten Termins sollten 25 statt der vereinbarten 20 fl. fällig werden.
Da Gumpel keinen der vereinbarten Termine eingehalten hat, ist Best selbst am 4. Juli nach Hanau gekommen, doch statt sich mit ihr vor der Kanzlei Hanau zu treffen, hat Gumpel sie warten lassen und ist spazierengeritten. Auch hat er versucht, Best als eine Fremde mit Drohungen einzuschüchtern und die Sache so in die Länge zu ziehen, daß sie der Kosten wegen abziehen sollte. Ihrer vielen unmündigen Kinder wegen, für die sie das Brot erbetteln muß, ersucht Best darum, ihr zur Bezahlung zu verhelfen.
Auf Anfordern berichtet Gumprecht von Kesselstadt Räten und Befehlhabern [am 10. Juli], daß nicht er die Doppler bei Jheremias bestellt, sondern dieser sich vielmehr an ihn gewandt hat, weil er Münzen besaß, die er in den Niederlanden nicht brauchen konnte, die aber in Hanau angenommen werden. Gumprecht war einverstanden, ihm das Geld einzuwechseln, wobei für jeden Gulden 3 Kreuzer Wechselgeld berechnet werden sollten, und hat Jheremias 100 fl. bezahlt. 35 fl. ist er schuldig geblieben. Nach einigen Tagen sind jedoch die eingetauschten Doppler rot geworden, so daß er einer Witwe, der er 4 fl. von diesen Münzen gegeben hatte, einen Boten schicken und das Geld umwechseln mußte. Um keinen mit diesen Münzen zu betrügen, hat Gumprecht sie nicht in der Grafschaft Hanau ausgegeben, sondern sie nach Frankfurt getragen und dort einem Metzger aus Eisenach 80 von den Gulden für 10 Taler gegeben und den Rest in der Judengasse mit großem Schaden eingewechselt und ausgegeben. Als Gumprecht Jheremias in Frankfurt getroffen hat, hat er ihn zuerst vor den dortigen Rabbinern und, als diese kein Urteil fällen wollten, vor dem Rat der Stadt verklagt, doch hat sich Jheremias heimlich davongemacht und ist nicht vor Gericht erschienen.
Aus Hochstadt, wo er sich ohne Gumprechts Wissen aufgehalten hat, hat Jheremias ihm ausrichten lassen, er wollte ihm das restliche Geld aus dem "Leib schlagen", doch hat er es stets vermieden, seine Forderungen direkt an Gumprecht zu richten oder ihn vor der Kanzlei Hanau zu verklagen. Auch seine Witwe hätte die Klage wohl unterlassen, wenn sie dazu nicht nach eigenem Bezeugen von dem Juden Salle aufgestachelt worden wäre.
Da die vorgelegten hebräischen Schriften der Frankfurter Rabbiner beweisen, daß Gumprecht auf alle Forderungen an Jheremias verzichtet und sich zur Zahlung der 35 fl. verpflichtet hat, wird er am 10. Juli verurteilt, die Witwe zu bezahlen.

Weitere Angaben

Bl. 18-19

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Forderungen der Witwe Best aus Essen an den Juden Gumprecht zu Kesselstadt“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4164_forderungen-der-witwe-best-aus-essen-an-den-juden-gumprecht-zu-kesselstadt> (aufgerufen am 25.11.2025)

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