Irrungen der Juden zu Assenheim mit den Assenheimer Mitherren und Abzug des Juden Joseph

HStAM Protokolle Nr. II Hanau A 2c Bd. 2  
Laufzeit / Datum
1565 Dezember 24 - 1576 März 19
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Die Juden zu Assenheim klagen Räten und Befehlhabern am 24. Dezember 1565, daß Graf Philipp von Isenburg am 18. Dezember bei einem Aufenthalt in Assenheim 4 fl.gefordert und bekommen hat. Als kurz darauf Graf Reinhard von Isenburg kam und seine Diener abends ebenfalls 4 fl. verlangten, haben die Juden gebeten, ihnen eine zweite Zahlung in so kurzer Zeit zu erlassen, und auf das Verbot der hanauischen Regierung, den Mitherren etwas zu geben, verwiesen; sie mußten aber die 4 fl. trotzdem bezahlen. Überdies aber hat der isenburgische Kämmerer von ihnen binnen einer halben Viertelstunde eine Buße von 100 Talern verlangt, weil sie behauptet haben sollten, Graf Reinhard sei kein Herr zu Assenheim.
Da die Juden nicht zahlen konnten, hat man aus ihren Häusern für über 50 Taler Pfandgut beschlagnahmt.
Auf den Graf Reinhard am 29. Dezember zugesandten Protest gegen diese Pfändung antwortet dieser am 2. Januar 1566 mit dem Hinweis auf sein Recht, den Gulden von den Juden zu erheben, und auf die ihm zugefügte Beleidigung.
Zum Bericht aufgefordert erklären die Juden am 7. Januar 1566, daß die Zahlung des Guldens aus der Zeit herrührt, als Graf Reinhard von Solms vor etwa dreißig Jahren, als in Hanau gebaut wurde, sehr oft durch Assenheim ritt und seine Diener so oft Würfel und Karten von den Juden verlangten, daß es diesen lästig wurde und sie sich mit ihnen auf eine Geldzahlung geeinigt haben. Als es auch dabei zu Streitigkeiten kam, hat Graf Philipp von Solms eingegriffen und die Zahlung auf 1 fl. festgesetzt, worauf Graf Johann von Isenburg für seine Leute ebensoviel verlangt hat. Seit Graf Philipp von Hanau den Juden diese Zahlungen untersagt hat, haben die Isenburgischen bei mehr als zwanzig Durchzügen nichts mehr bekommen, so daß sie schließlich mit Gewalt in die Häuser der Juden gedrungen sind und sie gepfändet haben. Die Juden erklären, daß sie nur Frieden haben 1#"Den sie aber vor sich, als der anhub, sonder wissen Hanaw gemacht", vermerkt die Kanzlei dazu. und sich in Assenheim halten können, wenn sie den Gulden auch künftig geben. Die Juden bestreiten, Graf Reinhard beleidigt zu haben, und Joseph erklärt, daß möglicherweise eine mißverständliche Äußerung, die er gemacht hat, als er sich beim Bader eine Ader schlagen ließ, Anlaß zu dieser Bechuldigung gegeben hat.
In einem gesonderten Verzeichnis wird das mitgenommene Pfandgut angeführt.
Bei Joseph wurden gepfändet: 13 zinnerne Maßkannen für etwa 6 fl., 12 große Zinnschüsseln für 6 fl., ein "sockeneyen" aus schwarzem Arras mit schwarzen londischen Leisten für 4 fl., eine grüngefütterte schwarze londische Männerkappe für 7 fl., ein Frauenmantel aus Arras mit zwei silbernen vergoldeten Schlössern für 2 fl., ein schwarzer Frauenmantel aus Tuch für 2 fl., 15 Ellen flachsenes Tuch für 2 fl., zwei Frauenleibchen für 2 fl., ein hübsches zinneres Gießfaß für 1 Taler, ein Perlenband für 4 fl., drei weiße flachsene Kramtücher für 3 fl., macht zusammen 39 fl. 4 Albus.
Bei Heygüm wurden gepfändet: 7 Maßkannen für 3 fl., 7 hübsche große Schüsseln für 3 fl., ein Perlenband für 3 fl., 15 Ellen flachsenes Tuch für 2 fl., ein aschenfarbener Frauenbarchent für 2 fl., ein paar Hasenfelle für 3 fl., ein hübsches Leinenhemd für 1 fl., 6 Bezüge voll Leinengerät für 2 fl., macht zusammen 19 fl.
Am 24. Januar 1566 bittet Joseph, der durch wiederholte Übergriffe von Dienern der Assenheimer Mitherren in Schulden geraten ist, um die Erlaubnis zum Verkauf seines Hauses und zum Abzug. Gestattet man ihm den weiteren Aufenthalt im Amt Windecken, will er dort ein Haus kaufen. Joseph wird gestattet, sein Haus einem Juden zu verkaufen. Falls das nicht möglich ist, soll er es an die Herrschaft Hanau zurückgeben. Er soll im Amt Windecken bleiben, bis der Streit um die Assenheimer Juden beigelegt ist.
Am 5. März berichtet der hanauische Keller zu Assenheim, daß die Juden die umstrittene Abgabe an die Mitherren schon seit dreißig oder gar vierzig Jahren zahlen, daß es aber mittlerweile nicht mehr bei dieser Zahlung bleibt, sondern die Juden von den Mitherren immer wieder gepfändet werden. Er erinnert sich, daß sein Vater, als er das Amt des Kellers versah, einmal solmsischen Dienern das den Juden abgepfändete Gut abgenommen und in seinem Haus vor dem Abtransport bewahrt hat.
Am 7. März klagen die Assenheimer Bürger, daß die geschwinden teuren Zeiten sie genötigt haben, sich bei den Juden mit 1000 fl. zu verschulden, und bitten Räte und Befehlhaber um die Vermittlung günstiger Rückzahlungsbedingungen. Auf eine zweite Supplik der Bürger beschließen die Räte am 11. März, diese Gesuche vorerst unbeantwortet zu lassen, weil die Bürger sich gegen das Gebot bereits von den Kellern der Mitherren haben mit den Juden vergleichen lassen. Sollten sie sich erneut an die Kanzlei wenden, ist ihnen mitzuteilen, daß sie, vorbehaltlich einer Bestrafung, ihre mit den Juden geschlossenen Verträge zu halten haben. Wenn ihnen die Mitherren zu einer Verlängerung der Zahlungsfristen verhelfen, ist den Juden der Weg an das Hofgericht Rottweil zu eröffnen.
Am 1. April empfiehlt ein Reichskammergerichtsprokurator den hanauischen Räten einen Kollegen, der sich der Irrung wegen der Assenheimer Juden annehmen wird.
Einen Tag später teilen die Räte Joseph, der nochmals um Abzugserlaubnis bittet und für sein Haus 100 fl. oder die Stellung eines anderen Hauses anbietet, mit, daß er sich gedulden soll, "bis die begerte und erlangte inhibition insinuirt werde". Danach soll, wie bereits beschlossen, der Keller Josephs Haus im Namen der Herrschaft verkaufen und vom Erlös 100 fl. einbehalten. Am 19. April zeigt Joseph, dem der Umzug nach Windecken gestattet wurde, an, daß der Kaufmann Hartmann Bamberger sein Haus für 250 fl. kaufen will, die in drei Raten gezahlt werden sollen. Darauf wird der Keller angewiesen, Bamberger das Haus mit der Auflage zu verkaufen, den Kaufvertrag vor der Kanzlei Hanau zu schließen.
Am 21. Mai fordern die Räte und Befehlhaber Graf Reinhard von Isenburg auf, den Juden das Pfandgut zurückzugeben und auf seine Bußgeldforderung wegen der behaupteten, von den Juden aber bestrittenen Beleidigung zu verzichten.
Da Graf Reinhard am 17. Juni 1566 jedes Einlenken ablehnt, wenden sich die Räte an das Reichskammergericht, worauf am 9. April 1567 eine Ladung an den Grafen von Isenburg ergeht, verbunden mit der Aufforderung, das Pfandgut zurückzugeben.
Daraufhin läßt Graf Reinhard am 5. Mai 1567, nachdem der hanauische Keller die Annahme verweigert hat, beim Rat zu Assenheim 13 fl. 6 Schilling hinterlegen, wobei sich diese Summe ergibt aus 8 fl. 6 Schilling für 66 Pfund Zinn, 3 fl. für Kleidung, 1 fl. für 15 Ellen Flachstuch und 1 fl. für Perlenbänder.
Am 2. Oktober berichtet Joseph der Kanzlei, daß ihm sein Bruder Heyum mitgeteilt hat, daß die Isenburger die hinterlegte Summe auf 50 fl. erhöht und die Juden aufgefordert haben, sich damit zufriedenzugeben. Den Juden wird untersagt, sich auf einen Vergleich mit Graf Reinhard einzulassen.
Auf Anfrage berichtet der hanauische Keller am 4. Dezember, daß die vier Assenheimer Juden, die fortgezogen sind, sich jetzt an folgenden Orten aufhalten: Gantof in Bönstadt, Heyum in Erbstadt, Jöstlein unter Adam [Waise von Fauerbach] in Heuchelheim und Geußgen unter denen von Dörnberg in Fauerbach, doch ist letzterer, als dort das Sterben einsetzte, nach Friedberg gezogen.
Am 23. Dezember werden die vier Juden vor der hanauischen Kanzlei wegen der von Isenburg angebotenen Zahlung für das Pfandgut vernommen und aufgefordert, nach Assenheim zurückzukehren. Gantof beteuert dabei, daß er niemals, wie von Graf Reinhard behauptet, erklärt hat, daß die Zahlung des Guldens an die Mitherren altes Herkommen sei. Als neu Zugezogener in Assenheim habe er auch davon gar nicht wissen können.
Laut Prozeßprotokoll wird der Prozeß vor dem Reichskammergericht bis zum 19. März 1576 fortgeführt, ohne daß sich an den erklärten Standpunkten der Parteien etwas ändert.

Weitere Angaben

1566 Bl. 15r, 21r, 33r, 40r, 42v, 68r, 204r; vgl. auch HStAM, Protokolle Nr. II Hanau B Nr. 1 Bd. 3 1565 Bl. 290v;,81 Regierung Hanau D 1 Nr. 78/3, 81 Regierung Hanau D 1 Nr. 78/5, HStAM, 86 Hanauer Nachträge Nr. 26449 HStAM, 86 Hanauer Nachträge Nr. 26708 und Regest Nr. 1793 (1567 März 10- Oktober 20))

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Irrungen der Juden zu Assenheim mit den Assenheimer Mitherren und Abzug des Juden Joseph“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4140_irrungen-der-juden-zu-assenheim-mit-den-assenheimer-mitherren-und-abzug-des-juden-joseph> (aufgerufen am 25.11.2025)

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