Irrungen wegen der Juden zu Assenheim
Stückangaben
Regest
Am 16. September 1568 sind die vier Juden, die zuvor in Assenheim gelebt haben, vor die Kanzlei Hanau geladen, wo ihnen der Tag für ihre Rückkehr nach Assenheim benannt werden soll.
Am 20. September läßt ein hanauischer Beamter den nach Assenheim bestellten Juden, die die ihnen befohlene dauernde Rückkehr nur nach wiederholter Zusicherung künftig wirksameren Schutzes versprechen, ihre von isenburgischen und solmsischen Beamten verschlossenen Häuser öffnen. Als die Juden dabei über deren Baufälligkeit und die zerschlagenen Fenster, Öfen und sonstigen Einrichtungen klagen, werden sie an die hanauische Kanzlei verwiesen.
Am 13. Dezember berichten die Juden Räten und Befehlhabern, daß die Keller der Grafen von Isenburg und Solms ihnen am 4. Dezember vor den mit Glockengeläut zusammengerufenen Assenheimer Bürgern Schutz und Schirm aufgesagt und am folgenden Tag auch den Bewohnern der umliegenden Orte jeden Handel mit den Juden untersagt haben. Diesen selbst hat man die solmsischen und isenburgischen Territorien und Straßen verboten und ihnen bei Zuwiderhandlung mit Haft in Birstein oder Laubach gedroht.
Der hanauische Keller bestätigt diesen Bericht und fügt hinzu, daß er seinerseits die Bürger auch versammelt und ihnen alle Übergriffe und Tätlichkeiten gegen die Juden untersagt hat. Dafür wird er am 14. Dezember von Räten und Befehlhabern ausdrücklich gelobt. Sie fordern ihn außerdem auf, auch Joesel, der nach des Kellers Bericht noch in Heuchelheim unter Adam Waise von Fauerbach lebt und mit der zugesagten Rückkehr zögert, während die anderen Juden ihre Häuser schon alle bezogen haben, anzuhalten, sich ebenfalls wieder in Assenheim niederzulassen.
Am 29. Dezember beschweren sich die Juden bei der Hanauer Kanzlei über eine Pfändung durch Graf Philipp von Isenburg, dem sie weisungsgemäß den bei seinen Aufenthalten in Assenheim am 17. und 23. Dezember verlangten Gulden verweigert haben. Jacob hat drei eiserne Pfannen, eine Messingseihe, einen Messingschöpfer, zwei Zinnschüsseln und eine "eysserne holen ubern herth gehangk" im Wert von 2 1/2 fl. eingebüßt. Bei Joesel (Joseph) wurden zwei Zinnkannen, ein Messingleuchter mit zwei Röhren und ebenfalls eine "eysserne holen" mitgenommen. Heyums (Heyheims) Witwe fehlt eine zinnerne Maßkanne, eine Zinnplatte und "ein groß eysserne holen zum feuergehangk". Der Wert der gepfändeten Sachen beträgt etwa 6 fl.
Am 3. Februar 1569 berichtet der hanauische Keller, daß Graf Johann Georg von Solms die Juden gepfändet hat. Dabei hat Guntof (Gontuf, Gantof) einen fünf Eimer fassenden Kupferkessel sowie eine Maß- und eine Achtmaßkanne aus Frankfurter Zinn von sieben Pfund eingebüßt, während bei Heyums Witwe Hendlein eine zinnerne Maß- und eine ebensolche Halbmaßkanne gepfändet wurde.
Am 17. März beschweren sich Guntof und Hendlein über eine am 15. März erfolgte und diesmal durch Graf Otto von Solms vorgenommene Pfändung. Dabei wurden Guntof zwei zusammen vier Eimer fassende Kupferkessel und Hendlein, der man die Tür aufgebrochen hat, ein dreieinhalb Eimer fassender Kupferkessel und ein Messingleuchter mit einer Röhre abgenommen. Da die solmsischen Diener gedroht haben, zurückzukommen und auch noch den Rest zu nehmen, bitten Guntof und Hendlein um Abzugserlaubnis.
Am 10. August 1569 bekundet ein hanauischer Notar, daß er den ihm am 22. Dezember 1567 von Räten und Befehlhabern erteilten Auftrag nach Kräften erfüllt und den Assenheimer Mitherren zur besseren Unterrichtung über die hanauischen Rechte an den Juden das Ulrich von Hanau erteilte kaiserliche Privileg vom 18. August 1551 abschriftlich zugestellt hat.
Am 29. November berichten Guntof, Joesel (Joßlein) und Hendlein von einer von isenburgischen Dienern vor einem Vierteljahr vorgenommenen Pfändung, die verfügt wurde, weil sie Graf Philipps Gemahlin den Gulden verweigerten. Guntof mußte eine große Zinnplatte herausgeben, Joesel zwei zinnerne Halbmaßkannen und Hendlein eine zinnerne Maßkanne. Die Juden haben dies seinerzeit nicht berichtet, weil sie glaubten, der Keller werde das tun. Als dieser später deswegen von der Kanzlei gerügt wird, beruft er sich auf ein Mißverständnis, da er seinerseits geglaubt hat, die Juden würden über den Vorfall in Hanau mündlich berichten. Die Juden beklagen sich ferner über eine weitere von Graf Johann Georg von Solms am 19. November veranlaßte Pfändung. Dabei sind Guntof eine Zinnkanne von fünf Pfund und Kramwerk "an krappen und ringen", Joesel eine Rindshaut und Hendlein eine breite Zinnkanne und ein Zinnteller abgenommen worden, ganz zu schweigen von dem, was die Diener "sonsten in die busen" versteckt und mitgenommen haben. Zurückgeblieben ist nur das "bedtgewandt und etlich alt gerumpel an disch undt bencken".
Da anzunehmen ist, daß Graf Johann Georg wegen des Sterbens in Laubach künftig öfter nach Assenheim kommen wird, fürchten die Juden, auch noch den Rest ihrer Habe einzubüßen, und bitten, ihnen einen Vergleich mit den Mitherren zu gestatten. Sie sind bereit, dabei den Anschein eigenmächtigen Handelns zu wahren, damit die hanauische Rechte durch den Vergleich nicht berührt werden.
Darauf werden die Juden zur Geduld vermahnt.
Am 20. Februar 1570 berichtet der Keller von einer neuerlichen Pfändung durch Graf Philipp von Isenburg. Guntof mußte zwei Zinnkannen von achteinhalb Pfund herausgeben, Joesel eine Zinnplatte und eine Pfanne und Hendlein zwei "kumpfichte" Zinnschüsseln. Außerdem haben die Mitherren den Juden am 23. Februar für ihre ohne ihre Einwilligung erfolgte Rückkehr nach Assenheim eine Buße von 10 fl. auferlegt und ihnen erneut ihre Territorien und Straßen verboten.
Das am 28. Februar bei der Kanzlei eingereichte Gesuch der Juden, ihnen entweder den Vergleich mit den Mitherren oder den Abzug zu gestatten, wird abgewiesen.
Am 17. Mai teilt Joesel (Joseph) Räten und Befehlhabern mit, daß er sich bis zur Beilegung des Streites zwischen den Assenheimer Mitherren in den Adam Waise von Fauerbach gehörenden Flecken Dornassenheim begeben hat, und bittet, den Assenheimer Keller anzuweisen, ihm seine Fahrhabe auszufolgen. Darauf wird ihm am folgenden Tag mitgeteilt, daß er keine Abzugslerlaubnis erhält und bei eigenmächtigem Abzug auch künftig Bede und Abgaben an die Herrschaft Hanau zu zahlen hat.
Am 15. November teilt der Keller Räten und Befehlhabern mit, daß Graf Johann Georg zu Solms am 30. Oktober wegen des verweigerten Guldens bei Guntof eine Maßkanne hat pfänden lassen, die die Juden am folgenden Tag gegen das Gebot des Kellers ausgelöst haben. Ebenso haben sie am 10. November gegenüber Graf Ludwig von Isenburg gehandelt. Die solmsischen und isenburgischen Diener, die angewiesen worden sind, die beiden leerstehenden Judenhäuser zu verschließen, haben dies bei einem auch bereits getan.
Am 16. November entschuldigen sich Guntof und Hendlein dafür, daß sie den Grafen von Solms und Isenburg den Gulden gezahlt haben, und erklären, daß man sie dazu gezwungen hat und der hanauische Keller ihnen keinen Schutz gewährt. Graf Ludwig von Isenburg hat überdies 10 fl. für ihre gegen seinen Willen erfolgte Rückkehr nach Assenheim gefordert und verfügt, daß sie nach Zahlung dieser Strafe Assenheim unverzüglich zu verlassen hätten. Andernfalls sollten sie verhaftet und nach Offenbach gebracht werden. Guntof und Hendlein erbitten die Erlaubnis zum Abzug. Diese wird Ihnen verweigert, und außerdem werden sie von Räten und Befehlhabern wegen der Zahlung des Guldens an die Mitherren mit einer Buße von 4 fl. belegt. Gleichzeitig geben die hanauischen Vormünder Anweisung zu einem förmlichen Protest bei den Mitherren wegen der Übergriffe.
Weitere Angaben
vgl. auch HStAM, Protokolle Nr. II Hanau A Nr. 2b Bd. 1, 1568 September 16, 20 und HStAM, 86 Hanauer Nachträge Nr. 19989 Bl. 78-122.
Archivangaben
Altsignatur
O I d Han. Urk., Auswärtige Beziehungen 1567 Dezember 22
Arcinsys-ID
Archivkontext
Indizes
Personen
- Ulrich III. von Hanau
- Hayum (Heyum), Fleischhändler und Fenstermacher zu Assenheim, zeitweise zu Erbstadt, Bruder des Joseph, verheiratet mit Hendlein
- Hindlin (Hendlein), zu Assenheim, verheiratet mit Heyum, Schwägerin des Lew zu Ostheim
- Isenburg-Büdingen, Ludwig III. von, Graf
- Isenburg-Büdingen, Philipp II. von, Graf
- Jacob, zu Assenheim
- Jomtob (Guntof), zu Assenheim, zeitweise in Bönstadt, Fenstermacher, Vater der Kölge
- Joseph (Joesel), zu Assenheim, seit 1566 in Windecken, Bruder des Heyum, verheiratet mit Rachel, Vater des Michel und Lewe zu Ostheim
- Solms-Laubach, Johann Georg, von, Graf
- Solms-Sonnewald, Otto von, Graf
- Waise von Fauerbach, Adam
Orte
Sachbegriffe
- Abgaben
- Abzugsdrohungen
- Aufenthaltsverbote
- Bußen, Geldstrafen
- Diebstahl bei Juden
- Drohungen gegen Juden
- Durchzugsrechte
- Gefängnis, Haftstrafen
- Handel
- Bettwerk (Handelsgut)
- Häute, Felle (Handelsgut)
- Zinn (Handelsgut)
- Fenstermacher (Handwerk)
- Hausbesitz
- Hausrat
- Pest, Seuchen
- Pfändung jüdischen Vermögens
- Schutz
- Schutzgeld
- Vertreibung, Verfolgung
- Übergriffe, Tätlichkeiten gegen Juden
- Mitherrschaft
- Rechtsstreit
- Vergleich
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS (Bezugsort)
Orte
- Burgen, Schlösser, Herrenhäuser
- Hessische Flurnamen
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- Historische Kartenwerke
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
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„Irrungen wegen der Juden zu Assenheim“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4373_irrungen-wegen-der-juden-zu-assenheim> (aufgerufen am 25.11.2025)
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