Entführung zweier Juden aus Posen auf der Straße bei Vilbel

HStAM 3 Nr. 680  
Laufzeit / Datum
1543 Juli 21 - 1544 Februar 1
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Entführung zweier Juden aus Posen auf der Straße bei Vilbel
Auf ein Schreiben des Kastellans von Posen vom 21. Juli mit der Bitte um Feststellung der Täter, die bei der letzten Frankfurter Messe die Posener Juden Alexander und Casrielus entführt haben, antwortet Landgraf Philipp von Hessen am 6. August, daß ein des Verrats an den Entführten verdächtiger Jude verhaftet wurde. Am 2. Oktober unterrichtet der Landgraf den Kurfürsten von Sachsen davon, daß alles darauf hinweist, daß die Entführten, die unter hessischem Geleit reisten, in Sachsen gefangen gehalten werden, da als Täter der sächsische Untertan und des Königs von Polen offener Feind Friedrich Spiegel, Hermann vom Hofe und vier Knechte des sächsischen Hofes verdächtigt werden.
Am 26. Oktober wird vor Schultheiß, Bürger- und Baumeistern zu Marburg die Aussage des inhaftierten Juden Gerst von Rückingen zu Protokoll genommen, wonach er zwei Tage vor der letzten Frankfurter Fastenmesse von Philipp von Rüdigheim in Rückingen gehört hat, daß in Frankfurt polnische Juden angekommen sind und einer von Adel kaiserliche Privilegien besitzt, die ihn berechtigen, sie zu legen, wo immer er sie trifft. Auf Rüdigheims Wunsch hat Gerst dessen Knecht Claur die Herberge der polnischen Juden in Frankfurt gezeigt, die unweit der Badestube an der Judengasse lag. Der Wirt war ein "Heynzler", seine Frau eine "Nettersen". Gerst hat sich danach von Claur getrennt und den polnischen Juden und Mailänder Kaufleuten als Makler gedient. An einem Donnerstag ist er nach Rückingen zurückgekehrt. Am folgenden Sonntag haben die polnischen Juden Frankfurt verlassen und bei Vilbel gelagert. Am Montag ist Claur nach Rückingen zurückgekommen und hat Gerst erzählt, daß sie den Juden nachgeritten sind und zwei den Wagen voranreitende gefangen- und mitgenommen haben. Über ihren Verbleib wollte er aber nichts sagen. Gerst beteuert, daß er keinen Verrat geübt hat und erklärt, daß er, wäre er beteiligt gewesen, die Täter sicher nicht an die Vorreiter, sondern an die reichen Juden verwiesen hätte.
Nach einem Zwischenbescheid vom 28. Oktober teilt Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen Landgraf Philipp am 14. Januar 1544 mit, daß er seinen Amtmann auf der Wachsenburg Hermann vom Hofe zum 1. Februar zu einem Verhör vorgeladen hat, und bittet um die Entsendung hessischer Vertreter. Da vom Hofe bei diesem Verhör jede Tatbeteiligung bestreitet und eine schriftliche Rechtfertigung abgeben will, stellt der Kurfürst dem Landgrafen am 1. Februar weitere rechtliche Schritte anheim.

Archivangaben

Altsignatur

3 PA Nr. 680 Bl. 28r, 2473 Bl. 12-17, 2615 Bl. 1-2, 2616 Bl. 28, 2618 Bl. 72, 2619 Bl. 41-43; 17 I Alte Kasseler Räte Nr. 200.

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Entführung zweier Juden aus Posen auf der Straße bei Vilbel“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/3736_entfuehrung-zweier-juden-aus-posen-auf-der-strasse-bei-vilbel> (aufgerufen am 25.11.2025)

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