Auf einem Tag zu Münzenberg bringt der Baumeister Graf Philipp zu Solms diverse Klagen wegen der Juden vor
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Nachträglich gefertigtes Verhandlungsprotokoll, dem ein Vermerküber Hanaus Bereitschaft, die Vorschläge mit geringfügigen Änderungen anzunehmen, beigefügt ist
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Auf einem Tag zu Münzenberg bringt der Baumeister Graf Philipp zu Solms namens der Stadt und der Ganerben folgende Klagen vor:
1. Statt der vereinbarten zwei leben in Münzenberg sieben hausgesessene Juden, nehmen die Häuser ein und tun der Stadt Abbruch an ihrer Bede.
2. Außerdem leben in der Stadt Juden ohne Bürgerrecht, obwohl jeder, der länger als zwei Nächte bleibt, Bürger werden müßte.
3. Die Juden entziehen sich dem örtlichen Gericht. "Das die jüdden hye zu Mintzenberg sich gerichts und rechts bruchen und recht nemen und so sie vor gericht stent, thün sie ir wort selber und züm dickern mal durch ir uberfrag und hendel zu büssen gewyst unsern g[nädigen] hern und gericht, so werden die cristen von unsern g[nädigen] hern und dem gericht gestrafft, so wollen die jüdden sich nichts straffen lassen".
4. Nachdem Freigerichte und die Ganerben von Vetzberg gegen etliche Juden Forderungen und Klagen erhoben und dieserhalben auch die Stadt bemüht und belangt haben, weigern sich die Juden, der Stadt die entstandenen Kosten zu erstatten.
Letztlich beklagt sich der Baumeister, daß Hanau dem Zentgrafen den Stab verboten und damit das Stadtgericht niedergelegt hat, was der Stadt schadet und den Ganerben Abbruch an ihren Rechten tut.
Darauf erwidern die hanauischen Gesandten:
1. Gäbe es eine Vereinbarung über die Zahl der hausgesessenen Juden, wäre gegen ihre Vermehrung schon viel früher protestiert worden. Im übrigen geben sie der Stadt, was ihr zukommt, und nehmen niemand ein Haus weg, da viele Häuser leerstehen.
2. Der Zentgraf hat die Glocke läuten und den Juden die Bürgerschaft aufsagen lassen. Er hat damit gegen das Herkommen gehandelt, weshalb eigentlich Hanau Grund zur Klage hätte.
3. Das Recht, die Juden zu büßen und zu strafen steht allein Hanau zu. Sofern aber das Gericht einen Juden büßt, ist der hanauische Keller angewiesen, diese Buße einzutreiben, damit die Juden gestraft werden wie andere Leute auch. Auf die Einrede des Baumeisters, daß eine Abrede besteht, wonach die Keller berechtigt sind, alle Bußen einzuziehen, entgegnen die hanauischen Abgeordneten, daß von dieser Vereinbarung die Judenbußen ausgeschlossen sind.
4. Sofern sich herausstellt, daß die Stadtdurch die Juden unbillig zu Kosten und Schaden gebracht wurde, wird Hanau nach einem Verhör der Juden einen angemessenen Bescheid erteilen.
Zum letzten hat Hanau nicht beabsichtigt, das Stadtgericht niederzulegen, sondern dem Zentgrafen allein deshalb den Stab verboten, weil er als ein von Hanau besoldeter Diener gegen das Gebot gehandelt und die Juden der Buße wegen gepfändet hat, "ine auch nit wollen richten, so sie mit recht erwünden han". Wenn Hanau kein weiterer Abbruch an seinen Rechten geschieht, kann das Gericht wieder eröffnet werden.
Graf Philipp zu Solms schlägt vor, die Juden den Ganerben insgesamt zu unterstellen und fragt, welche Forderungen Hanau diesfalls erhebt. Darauf erklären die hanauischen Abgeordneten, daß die Ganerben Hanau am Tiergarten und der zugehörigen "erbeyßwyesen" sowie an der Sulze und den Wäldern beteiligen und auf den dann auf die Juden umzulegenden hanauischen Anteil am Baugeld verzichten sollen. Die Forderung wird von den Ganerben akzeptiert, doch soll Hanau weder an der Erbeyswiese noch an den Wäldern beteiligt werden, da beide fest aufgeteilt sind. Ferner soll Hanau bei außerordentlichen Baumaßnahmen oder einer Erhöhung des gewöhnlichen Baugeldes auch künftig noch herangezogen werden. Die hanauischen Diener nehmen die Vorschläge zur Beratung an und sagen eine Antwort auf dem Tag zu Oberwesel am 19. Juni zu.
Archivangaben
Altsignatur
86 Hanauer Nachträge Nr. 6000 c.
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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
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„Auf einem Tag zu Münzenberg bringt der Baumeister Graf Philipp zu Solms diverse Klagen wegen der Juden vor“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/2980_auf-einem-tag-zu-muenzenberg-bringt-der-baumeister-graf-philipp-zu-solms-diverse-klagen-wegen-der-juden-vor> (aufgerufen am 25.11.2025)
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