Wahlen zum Deutschen Reichstag

 

Ereignis

Was geschah

Bei den vierten Wahlen zum Deutschen Reichstag, der sogenannten Attentatswahl1, erleidet die Nationalliberale Partei deutliche Verluste, bleibt aber mit 99 (1877: 128) von insgesamt 397 Mandaten knapp stärkste Kraft im Parlament. Die katholische Zentrumspartei kann ihr Ergebnis erneut leicht steigern und erringt 94 Mandate (1877: 93). Drittstärkste Kraft wird erneut die Deutschkonservative Partei, die stark zulegen kann und nun 59 Mandate besetzt (im Vorjahr waren es 40 gewesen). Auf heute hessischem Territorium dominiert – trotz Verlusten – ebenfalls die Nationalliberale Partei: von den 26 Wahlkreisen der preußischen Provinz Hessen-Nassau, des Großherzogtums Hessen, des Fürstentums Waldeck und heute hessischen Teilen der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen gewinnen die Nationalliberalen 15 (1877: 17), die Deutsche Fortschrittspartei, die Zentrumspartei und die Deutsche Reichspartei entsenden je drei Vertreter aus Hessen in den Reichstag.

Gewählte Abgeordnete

Bei der Reichstagswahl wird in jedem Wahlkreis nach absolutem Mehrheitswahlrecht (Persönlichkeitswahl) ein Abgeordneter gewählt.

Königreich Preußen – Provinz Hessen-Nassau – Regierungsbezirk Wiesbaden

Brüning, Dr. Adolf (1837–1884; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 1: Hochheim, Höchst, Homburg, Idstein, Königstein, Usingen) Hilf, Hubert (1820–1909; Deutsche Fortschrittspartei; Wahlkreis 4: Diez, Hadamar, Limburg, Runkel, Weilburg) Lieber, Dr. Ernst (1838–1902); Zentrum; Wahlkreis 3: Braubach, Montabaur, Nassau, Nastätten, St. Goarshausen, Wallmerod Schulze-Delitzsch, Hermann (1808–1883; Deutsche Fortschrittspartei; Wahlkreis 2: Eltville, Langenschwalbach, Rüdesheim, Wehen, Wiesbaden) Sonnemann, Leopold (1831–1909; bei keiner Fraktion (Volkspartei); Wahlkreis 6: Frankfurt-Stadt) Thilenius, Dr. Georg (1830–1885; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 5: Dillenburg, Hachenburg, Herborn, Marienberg, Rennerod, Selters)

Königreich Preußen – Provinz Hessen-Nassau – Regierungsbezirk Kassel

Baehr, Dr. Otto (1817–1895; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 2: Kassel-Stadt, Kassel-Land, Melsungen)2 Braun, Georg Hermann (1824–1885; Deutsche Reichspartei; Wahlkreis 6: Hersfeld, Hünfeld, Rotenburg) Ende, August Freiherr von (1815–1889; Deutsche Reichspartei; Wahlkreis 5: Marburg, Frankenberg, Kirchhain) Harnier, Dr. Richard (1820–1885; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 4: Eschwege, Schmalkalden, Witzenhausen) Herrlein, Franz Joseph (1818–1890); Zentrum; Wahlkreis 7: Fulda, Gersfeld, Schlüchtern3 Oetker, Dr. Friedrich (1809–1881); Nationalliberale Partei; Wahlkreis 1: Hofgeismar, Rinteln, Wolfhagen4 Wehrenpfennig, Dr. Wilhelm (1829–1900); Nationalliberale Partei; Wahlkreis 3: Fritzlar, Homberg, Ziegenhain Weigel, Dr. Hermann (1828–1887; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 8: Hanau-Stadt, Hanau-Land, Gelnhausen, Frankfurt-Land)

Königreich Preußen – Provinz Westfalen – Regierungsbezirk Arnsberg

Kreutz, Adolf (1822–1895); Liberale/Nationalliberale Partei; Wahlkreis 1: Wittgenstein, Siegen, Hinterlandkreis

Königreich Preußen – Rheinprovinz – Regierungsbezirk Koblenz

Klein, Eduard (1837–1901); Nationalliberale Partei; Wahlkreis 1: Wetzlar-Altenkirchen

Großherzogtum Hessen

Bamberger, Ludwig (1823–1899; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 8: Bingen, Alzey) Büchner, Wilhelm (1816–1892); Deutsche Fortschrittspartei; Wahlkreis 4: Darmstadt, Groß-Gerau Dernburg, Dr. jur. Friedrich (1833–1911); Nationalliberale Partei; Wahlkreis 5: Dieburg, Offenbach Gareis, Prof. Dr. jur. Karl von (1844–1923; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 3: Alsfeld, Lauterbach, Schotten) Görz, Joseph (1810–1900); Nationalliberale Partei; Wahlkreis 7: Heppenheim, Worms, Wimpfen5 Martin, Georg (1816–1881); Nationalliberale Partei; Wahlkreis 6: Bensheim, Erbach, Lindenfels, Neustadt Moufang, Dr. theol. h.c. Christoph (1817–1890); Zentrum; Wahlkreis 9: Mainz Nordeck zur Rabenau, Adalbert Freiherr (1817–1892); Deutsche Reichspartei; Wahlkreis 1: Gießen, Grünberg, Nidda Schröder, Dr. jur. Bernhard (1832–1908; Nationalliberale Partei; Wahlkreis 2: Friedberg, Vilbel, Büdingen)

Fürstentum Waldeck-Pyrmont

Boettcher, Dr. Friedrich (1842–1922); Nationalliberale Partei
(LV)

Bezugsrahmen

Nachweise

Fußnoten

  1. Nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf Kaiser Wilhelm I. am 11. Mai 1878 hatte Reichskanzler von Bismarck ein Verbot der Sozialdemokraten gefordert. Der mehrheitlich liberale Reichstag hatte dies abgelehnt. Ein zweites Attentat, bei dem der Kaiser verletzt wurde, führte zu weiterer Aufregung in der Bevölkerung und Druck auf die gemäßigten Kräfte. Daraufhin war der Reichstag gemäß Artikel 24 der Reichsverfassung von Bundesrat und Kaiser am 11. Juni aufgelöst worden.
  2. Aufgrund der Ernennung Baehrs zum Reichsgerichtsrat wird das Mandat per Parlamentsbeschluss vom 18. März 1880 für erloschen erklärt. In der am 23. Mai 1880 durchgeführten Ersatzwahl setzt sich Dr. Philipp Schwarzenberg (1817–1885; Deutsche Fortschrittspartei) durch.
  3. Herrlein legte sein Mandat am 10. Januar 1879 nieder. In der daraufhin abgehaltenen Ersatzwahl setzte sich am 8. März 1879 Graf Clemens von Droste zu Vischering (1832–1923; Zentrum) im ersten Wahlgang durch.
  4. Oetker setzte sich im ersten Wahlgang mit 63,8 % der Stimmen gegen Hans Freiherr von Hardenberg (1824–1887; Konservative Partei) (31,7 %) und Dr. Burghard Freiherr von Schorlemer-Alst (1825–1895; Zentrum) (4,4 %) durch. Oetker starb am 17. Februar 1881 während der Legislaturperiode. In einer Ersatzwahl am 24. Mai 1881 setzte sich Dr. Hermann Schläger (1820–1889; Nationalliberale Partei) in der Stichwahl gegen Christian Liebermann (1821–1883; Deutsche Fortschrittspartei) durch und errang das Mandat. Vgl. Thomas Klein, Die Hessen als Reichstagswähler, Bd. 1, Marburg 1989, S. 33-41.
  5. Aufgrund seiner Ernennung zum Senatspräsidenten am Oberlandesgericht Darmstadt legte Götz sein Mandat am 20. September 1879 nieder. In der daraufhin am 30. November 1879 durchgeführten Ersatzwahl setzte sich Cornelius Wilhelm Heyl (1843–1923; Nationalliberale Partei) gegen den Kandidaten der Zentrumspartei Eugen Frank (1832–1893) durch. Vgl. Thomas Klein, Die Hessen als Reichstagswähler, Bd. 3, Marburg 1995, S. 323 f.

Literatur

Weiterführende Informationen

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Quellen und Materialien

Nachnutzung

Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Wahlen zum Deutschen Reichstag, 30. Juli 1878“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6651_wahlen-zum-deutschen-reichstag> (aufgerufen am 25.11.2025)

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