Spieskappel, Prämonstratenserkloster

Gründungsjahr unbekannt  
19378F4F-88AF-441E-BC79-64A0466C0DEA
Gemarkung
Spieskappel

Basisdaten

Von dem einstigen großen Prämonstratenser-Doppelkloster in Spieskappel (von ca. 1130/43 bis 1527) ist nur noch die dreischiffige Klosterkirche St. Johannes, eine Basilika aus dem 12. Jahrhundert, erhalten geblieben (im Jahre 1255 geweiht). Berühmt ist das Kloster für die Herstellung des Farbpigmentes "Kasselerbraun". Das Stift wird 1301 beim Brand von Kappel in Mitleidenschaft gezogen und im Sternerkrieg 1372 geplündert. 1527 wird es infolge der Reformation aufgehoben. Von der Klosteranlage gibt es heute keine baulichen Nachweise mehr. Bereits für das 14. Jahrhundert ist eine Orgel nachgewiesen; die erste Niederschrift eines "Hessenliedes" in Neumen entsteht hier um 1450.

Orden

Prämonstratenser-Chorherren

Ordensprovinz

Zirkarie Ilfeldia

Alte Diözesanzugehörigkeit

Kirchenprovinz Mainz, Erzbistum Mainz, Archidiakonat Mardorf

Typ

Doppelkloster

Territorium

  • Landgrafschaft Hessen

Historische Namensformen

  • monsterium de Capella (1143) [UB Mainz 2,1, S. 89-91, Nr. 46]
  • fratribus de Capella et sororibus (vor 1189) [CDS I A 2, S. 380, Nr. 551]

Lagebezug

8,5 km nordöstlich von Ziegenhain

Lage

Das Kloster liegt in einer flachen Mulde der westhessischen Senke in der Nähe des Spieß genannten Höhenzuges, der die Grenze zwischen Ober- und Niederhessen bildet.

Geschichte

Als "Spieß" werden einige bewaldetet Höhenzüge südlich des Dorfes Kappel bezeichnet, wo mehrere alte Straßen aufeinanderstoßen. Das Kloster wird hier an einer alten Grenze des Mittelalters zwischen dem Hessengau und Oberlahngau, später dem Territorium der Landgrafen von Hessen und der Grafen von Ziegenhain vor 1143 wahrscheinlich von dem Prämonstratenserpropst Noth als Doppelkloster gegründet und mit dem Hof Lanertshausen ausgestattet. Es gibt auseinander liegende getrennte Gebäude für die Ordensmänner und die Ordensfrauen. Die Mönche genießen Zollfreiheit und besitzen das Münzrecht; außerdem haben sie ein eigenes Sendgericht.
Die Mönche widmen sich dem Landesausbau, der Rodung und Kultivierung der Region und seelsorgerischen Aufgaben als Chorherren. Schutzbriefe des Erzbischofs von Mainz (1143) und der Landgrafen von Thüringen und Hessen (1180, 1189, 1233, 1235) sichern deren Einfluss und dem Kloster die Zoll- und Gerichtsfreiheit. Das 1197 ausgestellte Prämonstratenserprivileg Papst Coelestins III. listet für Kappel Besitz und Einkünfte in 79 Ortschaften auf, ohne dass die Stifter bekannt sind. Zwischen 1200 und 1350 verliert das Kloster in der Hälfte der genannten Orte seine Einkünfte, verdichtet seinen Besitz aber durch Kauf, Tausch und Stiftungen in weiteren 71 Orten und den Erwerb von Gerichtsrechten. In einer der beiden Klostermühlen wird das Farbpigment „Kasselerbraun“ hergestellt, der Rohstoff in der Kloster eigenen Ockergrube abgebaut.
Die 1255 geweihte romanische Kirche, verbrennt 1301 und wird neu errichtet mit einem gotischen Turm. Im Sternerkrieg (1371-1373), den ein Bündnis von Fürsten, Grafen, Rittern, dem Abt von Fulda und dem Erzbischof von Mainz gegen die Landgrafen von Hessen führen, wird das Kloster zerstört. Im 15. Jahrhundert erfolgen Visitationen, 1527 werden die Mönche nach der Aufhebung des Klosters zum Teil abgefunden. Abt Johannes Werner wohnt mit mehreren Mönchen weiterhin in den Gebäuden und beherbergt in der Nacht vom 28. zum 29. September 1529 Martin Luther während seiner Reise zum Marburger Religionsgespräch. Nach der Auflösung wird der Besitz an einige Pfarreien verteilt, 1540 den neu installierten vier Superintendenten der protestantischen Kirche zur Verfügung gestellt, das übrige zur Hof- und Landesverwaltung der hessischen Landgrafen verwendet. 1629 findet ein erfolgloser Restitutionsversuch statt.

Ersterwähnung

1143

Gründer

Propst Noth

Pfarrrechte

Es bestehen Patronatsrechte oder Anteile daran in 12 Ortschaften,so in Leuderode, in Waßmuthshausen, Obergrenzebach, Wernswig, Großenenglis, Wichte, Oberkappel.

Patrozinien

Johannes d. Täufer (Mönchkappel), Maria (Oberkappel)

Archivgeschichte

List, Spiesskappel, S. 2-4 Alle schriftlichen Quellen zur Geschichte des Stifts befinden sich im Staatsarchiv Marburg.

Bibliotheksgeschichte

Der Stand von 1940 bei Dersch, Klosterbuch, S. 146-147

Besitz

Nach dem Güterverzeichnis des Papstprivileges von 1197 [HStAM Bestand Urk. 18 Nr. 638; Druck: Wenck, Hessische Landesgeschichte 2,1 Urkundenbuch Nr. 90, S. 125-128, vgl. List, Spieskappel, S. 38-44] liegt ein Drittel der Besitzungen in einem Umkreis von rund 8 km zwischen Dilich im Nordwesten, Leuderode im Osten, Verna im Norden und Albrechterode Richtung Süden. Weitere Orte liegen in der Schwalm, im Knüllgebiet, nach Osten Richtung Fulda und im Niederhessischen zwischen Fritzlar und Homberg. Abseits befindet sich Streubesitz um Weilburg, im Marburg-Gießener-Raum, um Lich und Burggemünden. 1522 erstellt Abt Nikolaus Berg ein Güterregister des Klosters. Auf dieser Grundlage wird eine alphabetische Auflistung aller Orte mit differenzierter Darstellung und Erläuterung der Rechte vorgenommen. Karte in List, Spiesskappel, S.437 Alboldsberg, Albrechterode, Stadtallendorf, Allendorf an der Landsburg, Allendorf (Frielendorf), Allendorf, Alsfeld, Amöneburg, Appenhain, Berge, Bergheim, Bettenhausen, Bezingen, Bieben, Biedenbach, Binsförth, Bischhausen, Borken (Hessen), Bubenhausen, Buchholz, Bunebach, Caßdorf, Danzelar, Diemerode, Dillich, Dittershausen, Dorfeln, Dorheim, Drommershausen, Dumesrade, Ebersdorf, Eichen, Eigendorf, Ellenbach, Englis (Großenenglis), Kleinenglis, Erksdorf, Erregart, Falkenhain, Felsberg, Frielendorf, Fritzlar, Frowenroth, Gebersdorf, Geismar, Gerlachshain, Gersdorf, Gerstefe, Gerwigshain, Gerwinshain, Gleimenhain, Gleimsdorf, Glimmerode, Gombeth, Gontershausen, Grenzebach (Obergrenzebach), Niedergrenzebach, Gudensberg, Habertshausen, Harle, Hebel, Heidelbach, Heinebach, Heldershausen, Hermannsdorf, Herzhausen, Heuchelheim, Hilgershausen, Hilpertshain, Höherod, Hole, Holzhausen bei Homberg, Holzheim, Holzmannshausen, Homberg an der Efze, Hugeren, Hunigerode, Hustede, Itzenhain, Jesberg, Josbach, Kämmershagen, Kalplatz, Kerstenhausen, Knechtbach, Konnefeld, Krummelbach, Lanertshausen, Leimbach, Leimsfeld, Lembach, Lenderscheid, Leudorf, Leuderode, Linsingen, Lobenhausen, Lützelwig, Maden, Malsfeld, Mardorf und Kleinmardorf, Megenharderoth, Melsungen, Mengsberg, Michelsberg, Möllrich (Obermöllrich), Mosbach, Mosheim, Mühlhausen bei Homberg, Mühlhausen (Stadt), Münster, Nassenerfurth, Neuenhain, Neukirchen, Nilach, Oberkappel, Ostheim, Ottenrode, Remsfeld, Rodemann, Römersberg, Ropperhausen, Roppershain, Rudolfshagen, Rückershausen bei Neukirchen, Rückershausen bei Treysa, Runderode, Sachsenhausen, Salzböden, Schachtebach, Schellbach, Schlierbach, Schloßrode, Schnepfenhain, Schönborn, Schorbach, Schwarzenborn, Schwerzelfurt, Seigertshausen, Siebertshausen, Snegelbiz, Solnhausen (Nieder-, Obersolnhausen), Sondheim, Steina, Mittel- und Niedersteina, Steinzler Hof, Stolzenbach, Todenhausen, Treysa, Trockenerfurth, Ulmes, Urff (Oberurff), Uttershausen, Verna, Vers (Alten- oder Kirchvers), Vogthausen, Waßmuthshausen, Weibach, Weidemühle, Welferode, Wellen, Wernswig, Wichte, Wikardesdorf (Wickershöfe), Wiera, Wildingen, Willingshausen, Wilsberg, Wolfshausen, Wollertshausen, Zennern, Zwesten

Ausstattung

Gebäude

Die im 12. Jahrhundert errichtete romanische Kirche steht unter Denkmalschutz. Von den Klostergebäuden existieren nur noch Reste und Teile einer Ringmauer, auf dem ehemaligen Klostergelände steht eine Chemiefabrik (Firma Xenion 2017).

Sonstiges

Seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts ist ein der Heiligen Maria geweihtes Chorfrauenstift in Spieskappel belegt. Es war in allen geistlichen und wirtschaftlichen Fragen dem Abt des Männerklosters unterstellt. 1512 wird es aufgelöst, die Gebäude werden abgebrochen.
Bereits für das 14. Jahrhundert ist eine Orgel nachgewiesen; die erste Niederschrift eines "Hessenliedes" in Neumen entsteht um 1450.

Nachweise

Arcinsys Hessen

Quellen

Gedruckte Quellen

Literatur

Germania Sacra-ID

GND-Nummer

Nachnutzung

Rechtehinweise

Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Spieskappel, Prämonstratenserkloster“, in: Klöster und Orden <https://lagis.hessen.de/de/orte/kloester-und-orden/alle-eintraege/7793_spieskappel-praemonstratenserkloster> (aufgerufen am 26.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

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