Pfändung der Juden zu Assenheim durch Graf Philipp von Isenburg

HStAM 81 Regierung Hanau Nr.  
Laufzeit / Datum
1567 Juni 12 - 1574 Juli 14
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 12. Juni 1567 klagen die Juden zu Assenheim vor der Kanzlei Hanau, daß Graf Philipp von Isenburg sie am 9. Juni wegen des seinen Dienern verweigerten Guldens hat pfänden lassen.
Das mitgenommene Pfandgut - zwei Zinnschüsseln, drei Viermaßkannen, ein Handfaß, drei Pfannen, ein Zinnring, zwei kleine Schüsseln, eine Dreilingskanne und zwei kleine Platten - hatte einen Wert von etwa 2 fl.. Graf Philipps Diener haben die Juden bei der Pfändung so verängstigt, daß sie "durch menschliche natur erschrocken", nachts aus ihren Häusern gelaufen sind und beim hanauischen Keller Zuflucht gesucht haben. Da die Diener angedroht haben, wiederzukommen, und auch der solmsische Keller die Juden mit "hohen trawwortten beschwert", fühlen sie sich weder ihres Besitzes noch ihres Lebens sicher. Da aber "plut und flaysch nicht zu erkaufen ist, desgleichen weip und kinde durch die natürliche liebe nicht zuverlassen, und eher mir armen judden in solcher schwerligkeyten lenger sitzen solten, wolten vil eher bey nechtlicher wheyl mitsamt weip und kinder zu beschützunge des leibs darvon gehen, daß doch unseren habe und güttern ganz groblich schade und verderpniß where".
Am 22. Juni berichtet der hanauische Keller, daß Heyum am Vortag von Graf Philipps Leuten erneut ein Fuder Wein aus dem Keller geholt worden ist. Er fügt hinzu, daß von den Solmsern und Isenburgern stets nur bei Heyum und - solange er noch in Assenheim war - bei Joseph gepfändet wurde. Die beiden anderen Juden haben nichts und Gontuf, der ebensoviel hat wie Hayum und Joseph, geht, wenn die Grafen von Solms oder Isenburg kommen, bei diesen aus und ein und "schlecht innen uff dem hackbreth", so daß man nicht weiß, ist er solmsisch, isenburgisch oder hanauisch.
Am 23. Juni beschweren sich auch die Assenheimer Juden selbst über die vom Keller gemeldete Pfändung und bitten, ihnen den Abzug an einen anderen Ort zu gestatten. Laut Kanzleivermerk hat Heyum diese Supplik nicht mitabgefaßt und will auch nicht aus Assenheim fort. Er hat erzählt, daß Gontuf, der reich ist und alles nach Friedberg schafft, plant, sich auf isenburgischem Gebiet niederzulassen.
Am 27. Juni wird Heyum auf Graf Philipps Befehl abermals ein Faß Wein von etwa einem Puder aus dem Keller geholt und angedroht, daß man in acht Tagen ein weiteres Faß von acht Ohm holen wird.
Heyum beklagt sich über diese und die vorausgegangene Pfändung bei der Kanzlei am 1. Juli und bittet, ihm zur Bezahlung zu verhelfen oder ihm das Geld bis zum Ausgang des Rechtsstreits mit den Mitherren vorzustrecken.
Inzwischen haben sich Räte und Befehlhaber wegen der Pfändungen an das Reichskammergericht gewandt, das am 6. August eine Ladung an Graf Philipp ergehen läßt und ihn zur Rückgabe des Pfandgutes auffordert. Daraufhin läßt Graf Philipp, nachdem der hanauische Keller die Annahme verweigert hat, den Hausrat bis auf wenige fehlende Stücke sowie 22 fl. für Heyums Wein beim Rat zu Assenheim hinterlegen.
Am 8. September trifft sich Heyum mit einem hanauischen Beamten im Hause des Kellers zu Assenheim, wobei festgestellt wird, daß der bei Heyum gepfändete Wein nach Bruchenbrücken und Bönstadt gebracht und dort zum Preis von 10 Denar pro Maß bei zwei Schießen ausgeschenkt wurde, so daß die von Isenburg angebotene Entschädigungssumme als zu gering erscheint.
In einer dem Reichskammergericht am 6. März 1570 übergebenen Erklärung bestreitet der isenburgische Anwalt, daß der Weinschank 44 fl. erbracht haben soll, und schätzt den Wert des verlorengegangenen Pfandgutes auf höchstens 1/2 Taler, so daß die zu Assenheim hinterlegte Summe zur Entschädigung für die Pfändung durchaus hinreicht.
Am 14. August 1571 bittet Heyums Witwe Hendlein, das für den Wein hinterlegte Geld annehmen zu dürfen, wird aber auf den Ausgang des Prozesses vertröstet.
Am 24. April 1574 wiederholt Hendlein ihre Bitte, da ihr bei der geplanten Verheiratung ihrer Tochter nicht wie bei der Hochzeit der ersten Tochter Freunde und Verwandte helfen können. Mit Hinweis darauf, daß sie in den etwa vierzig Jahren, die sie in Assenheim lebt, niemals Grund zur Klage gegeben hat, bittet sie außerdem um Schutz für ihre Tochter und den Schwiegersohn, die sie unterstützen sollen.
Am 19. Mai bekundet Hendlein, daß sie das hinterlegte Pfandgut sowie 46 fl. 11 Batzen an Geld bekommen hat, und verpflichtet sich, bei einem Prozeßausgang zugunsten Isenburgs zur Rückgabe. Ihre Bürgen sind Abraham zu Hochstadt und ihr Schwager Lew zu Ostheim, die dies mit eigenhändigen deutschen und hebräischen Unterschriften bestätigen. Die tatsächliche Rückgabe des Pfandguts erfolgt am 5. Juli, doch werden 50 fl. 6 Schilling laut Quittung vom 14. Juli bei der Kanzlei Hanau hinterlegt.

Weitere Angaben

Archivangaben

Altsignatur

81 Regierung Hanau D 1 Nr. 78/3-5

Arcinsys-ID

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Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Pfändung der Juden zu Assenheim durch Graf Philipp von Isenburg“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4269_pfaendung-der-juden-zu-assenheim-durch-graf-philipp-von-isenburg> (aufgerufen am 25.11.2025)

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