Herzog Adolph von Nassau bezieht das fertiggestellte Stadtschloss in Wiesbaden
Ereignis
Was geschah
Die Planungen für ein herzogliches Stadtschloss im Stadtzentrum von Wiesbaden reichen bis in die 1830er Jahre zurück. Bis dahin hatte das Barockschloss Biebrich als Residenz gedient. Zunächst war ein Bauplatz am neu angelegten Luisenplatz auf dem Gelände der 1831 eingestürzten Bonifatiuskirche vorgesehen. 1835 legte der großherzoglich hessen-darmstädtische Baumeister Georg Moller (1784–1852) für diesen Platz erste Entwürfe eines langgestreckten, repräsentativen Schlossbaus vor.
Nach längeren Überlegungen entschied sich Herzog Wilhelm von Nassau (1792–1839) jedoch 1836/37 für den Bau eines neuen Schlosses an der Nordseite des Marktplatzes (heute Schlossplatz) im Zentrum der Altstadt. Auf dem unregelmäßig geschnittenen Grundstück entstand ein relativ schlichtes Palais, das in die vorhandene Bebauung eingepasst werden musste. Da eine axialsymmetrische Eingangsgestaltung nicht möglich war, entwarf Moller an der stumpfwinkligen Ecke einen turmartigen Rundbau, der als Scharnier zwischen den beiden unterschiedlich langen Flügelbauten diente und mit einem von Säulen getragenen Altan und einem großen, plastisch ausgearbeiteten, nassauischen Wappen repräsentativ aufgewertet wurde. Wie viele andere dekorative Elemente am Bau wurde dieses von dem Darmstädter Hofbildhauer Johann Baptist Scholl (1784–1854) gefertigt.
Die Bauleitung wurde dem jungen Wiesbadener Baumeister Richard Goerz (1811–1880) übertragen. Bei der Innenausstattung des Backsteinbaus waren vor allem Handwerker aus der Rhein-Main-Region beteiligt, die bevorzugt heimische Baumaterialien verwendeten (zum Beispiel Nassauer Marmor). Für die Dekorationsmalerei wurden die Brüder Friedrich und Johann Andreas Ludwig Pose (1786–1877) aus Düsseldorf engagiert, deren Arabesken und Blumenmalereien die Repräsentationsräume schmückten.
Herzog Wilhelm starb überraschend 1839 und erlebte die Fertigstellung nicht mehr. An seiner Statt bezog im November 1841 sein Sohn, Herzog Adolph von Nassau (1817–1905), das fertig gestellte Gebäude, nutzte aber im Sommer weiterhin Schloss Biebrich als Wohnsitz.
Nach der Absetzung der nassauischen Fürsten diente das Schloss den preußischen Königen als Zweitresidenz. Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) weilte gerne und häufig dort, vor allem im Mai zu den 1896 zu seinen Ehren eingeführten „Kaiserfestspielen“.
Nach der Novemberrevolution 1918 wurde das Schloss unterschiedlich genutzt. 1930 kam es in Besitz der Staatlichen Preußischen Schlösserverwaltung und wurde Museum. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog in das teilweise zerstörte Schloss zunächst das Alliierte Oberkommando ein. Nachdem Wiesbaden 1946 Hauptstadt des neuen Bundeslandes Hessen geworden war, wurde das Schloss Sitz des Hessischen Landtags. Am 19. Dezember 1946 konstituierte sich hier der erste Hessische Landtag.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Rolf Bidlingmaier, Das Stadtschloss in Wiesbaden. Residenz der Herzöge von Nassau. Ein Schlossbau zwischen Klassizismus und Historismus Regensburg 2012; Gottfried Kiesow, Das verkannte Jahrhundert. Der Historismus am Beispiel Wiesbaden, Wiesbaden 2003, S. 134-137; Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 233
Weiterführende Informationen
- LAGIS-Ortsansichten: Blick auf das Neue Schloss, 1844
- HHStAW Bestand 212 Nr. 7805: Bau eines neuen herrschaftlichen Hauses (Schloß) auf dem Marktplatz zu Wiesbaden
- HHStAW Bestand 210 Nr. 9061: Erbauung eines herzoglichen Hauses auf dem Marktplatz zu Wiesbaden; Bildindex der Kunst und Architektur, Fotos
- Wikipedia: Stadtschloss Wiesbaden (eingesehen am 5.1.2022)
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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
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„Herzog Adolph von Nassau bezieht das fertiggestellte Stadtschloss in Wiesbaden, November 1841“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6314_herzog-adolph-von-nassau-bezieht-das-fertiggestellte-stadtschloss-in-wiesbaden> (aufgerufen am 25.11.2025)
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