Verschuldung des Juden Saul zu Windecken

HStAM 86 Nr. 25939  
Laufzeit / Datum
1584 Dezember 27/1585 Januar 6 - 1585 Januar 1/11
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 27. Dezember 1584 berichtet der Greve Johann Stoll von Ilbenstadt dem Oberamtmann zu Hanau, daß der Jude Saul zu Windecken seiner Mutter 9 fl. schuldet. Bisher hat er weder die zugesagten noch die vor dem Keller zu Windecken vereinbarten Zahlungstermine eingehalten und sich stets auf die bevorstehende Zahlung eines Schuldners zu Ostheim hin ausgeredet, auf deren Fälligkeit seine Gläubigerin auch von der Kanzlei Hanau vertröstet worden ist. Da ihr jedoch, bekommt sie das Geld nicht, ihrerseits Pfändung und ein erheblicher Vermögensverlust droht, bittet Stoll, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen.
Darauf wird der Keller zu Windecken angewiesen, für die Bezahlung der Frau zu sorgen und Saul zu untersagen, die Begleichung einer Schuld von der Rückzahlung einer anderen abhängig zu machen.
Am 30. Dezember wendet sich der jüdische Arzt Aron aus Frankfurt an den Oberamtmann und berichtet, daß sein armer alter Vetter zu Windecken dem Keller 34 fl. Schutzgeld und einer Frau 13 fl. Zinsen schuldig ist. Damit der Vetter sein Haus behalten kann, hat Aron sich erboten, für die Schulden einzustehen, und der Keller hat sich schriftlich einverstanden erklärt und zugesagt, die Frau zu bezahlen, wenn Aron für den Vetter 51 fl. im Frankfurter Gerichtsbuch eintragen läßt.
Aron hat dem Vetter die 51 fl. gegen Quittung gegeben, doch klagt dieser jetzt, daß der Keller die 13 fl. Zinsen nicht bezahlen will. Aron, der bereit wäre, seinen Vetter auch mit 400 fl. auszulösen, bittet ihn in Anbetracht seines Alters und seiner Armut unbeschwert zu lassen oder ihm doch gewisse Zahlungsfristen einzuräumen. Er könnte der Frau sofort einen neuen Wagen im Wert von 5 fl. zustellen und ihr zu Ostern und Johanni je 4 fl. geben. Die Gläubigerin hat sich damit bereits einverstanden erklärt, sofern sie nicht ihrerseits von ihren Gläubigern bedrängt wird. Das dem Keller noch schuldige Schutzgeld bittet Aron seinem Vetter bis zur kommenden Ernte zu stunden.
Der zum Bericht aufgeforderte Windecker Keller erklärt am 1. Januar 1585, daß er Saul weisungsgemäß aufgefordert hat, die Frau in Ilbenstadt zu bezahlen. Dieser hat sich darauf an seinen Vetter Aron in Frankfurt gewandt, der große Forderungen an Endres Schreibers Vater in Ostheim hatte. Auf eine entsprechende Supplik des Arztes hat der Keller ihm vorgeschlagen, Schreibers Schulden aus dem Frankfurter Gerichtsbuch tilgen zu lassen, wofür Saul das schuldige Schutzgeld von 34 fl. erlassen werden und zwischen Saul und Schreiber ein Zahlungstermin für die Saul von Aron geschenkte Restschuld vereinbart werden sollte. Der Keller bestreitet, daß er sich verpflichtet hat, die Frau in Ilbenstadt zu bezahlen und ist bereit, die Summe aus eigener Tasche zu erlegen, wenn sich das aus seinem Schreiben an Aron nachweisen läßt. "Es schemet sich aber kein judt einer lug nit".
Die Schreiber mehrfach gesetzten Zahlungsfristen hat er bislang nicht eingehalten. Der Keller sieht auch trotz amtlicher Eintragung der Schuld keine Möglichkeit, Saul zu helfen. Zwar hat er ihm kürzlich einen Wagen bei Schreiber pfänden lassen, doch ist der gesamte Besitz bereits vielfach belastet und viele Gläubiger werden leer ausgehen, von den Juden ganz zu schweigen.

Weitere Angaben

Bl. 1-6

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Verschuldung des Juden Saul zu Windecken“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5578_verschuldung-des-juden-saul-zu-windecken> (aufgerufen am 25.11.2025)

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