Hanauische Verordnung über das Tragen der Judenzeichen

HStAM Protokolle Nr. II Hanau B 1 Bd. 7  
Laufzeit / Datum
1580 Juli 6 - 1581 Januar 10
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Auf Befehl der Vormünder weisen Räte und Befehlhaber zu Hanau die Keller und Schultheißen zu Bücherthal, Dorheim, Hochstadt, Kesselstadt und Windecken am 6. Juli 1580 an, dafür zu sorgen, daß die in der Grafschaft lebenden Juden "ihre gelbe ringzeichen auf den röcken offentlich tragen", damit man sie von heimlich eingeschlichenen, fremden Juden unterscheiden kann. Wird ein hanauischer Jude ohne den Ring angetroffen, hat er der Herrschaft 1 fl. Buße und dem, der ihn angezeigt hat, 1 Schreckenberger zu geben.
Gegen diese Verordnung protestieren die Juden am 12. Juli. Sie erklären, daß sie sich zwar des Zeichens nicht schämen, aber befürchten, daß sie, so kenntlich gemacht, von Einheimischen oder Auswärtigen, die bezecht oder sonst den Juden feindlich sind, angegriffen werden und Gefahr für Leib und Leben, Unglück und Mord zu befürchten ist. Es ist auch vorauszusehen, daß mißgünstige Nachbarn die Gelegenheit ergreifen werden, um Juden, die "in hosen und wammes" zu einem Nachbarn über die Gasse gehen, ohne das Zeichen zu tragen, anzuzeigen und dabei auch das jüngste Kind nicht ungeplagt lassen.
In großen Städten, wo viele stattlich gekleidete Juden zusammenkommen um Handel zu treiben, ist das Tragen des Zeichens einsichtig, in der Grafschaft Hanau jedoch gänzlich unnötig, da die Juden in ihrer Armut dort nur geringe "hinderung" [Hantierung] treiben und in ihren schlechten Kleidern den Untertanen bekannt genug sind. Falls es den Räten nicht möglich ist, die Verordnung aufzuheben, bitten die Juden um eine einstweilige Aussetzung des Vollzugs, damit sie ihr Gesuch, Ihnen das Tragen der Zeichen zu erlassen, den Vormündern vorlegen können.
Diese Bitte wird abgeschlagen.
Als die Räte am 3. Januar 1581 etliche Punkte aus den Verordnungen der hanauischen Vormünder überarbeiten, um sie, "soviel sich thun lassen will, zu gepurlicher execution zu richten", vermerken sie unter Artikel 35 unter anderem: "in judensachen wirdt dem abschiedt nachgangen und tragen die juden gelbe zeychen, undt ist eyn unterscheydt zu halten, soviel die Franckfurter juden anlangt derzeydt des erlangten privilegien wegen". Außerdem halten sie fest, daß den hanauischen Untertanen bei Strafe und Verlust von Leib und Gut das Geldleihen bei den Juden untersagt ist.
Am 10. Januar gehen entsprechende Weisungen an den Schultheißen zu Rodheim und den Keller zu Ortenberg, denen befohlen wird, dafür zu sorgen, daß die Amtsuntertanen nur im Falle äußerster Not und nur mit ihrer Zustimmung Geld bei den Juden aufnehmen. Dabei sind das Darlehen, Zinsen und Rückzahlungsbedingungen ins Judenbuch einzutragen. Gleichzeitig ist ein Verzeichnis der bereits bestehenden Judenschulden anzulegen und der Kanzlei Hanau einzuschicken. Juden, die das gelbe Ringzeichen nicht offen tragen, sind mit den oben angedrohten Strafen von 1 fl. 1 Schreckenberger zu belegen. Juden, die ohne Geleit angetroffen werden, sollen verwarnt werden und sind danach, wenn sie erneut gefaßt werden, zunächst mit 1 fl., dann mit 2 fl. zu büßen, bei der dritten Übertretung aber in Haft zu nehmen.

Weitere Angaben

Archivangaben

Altsignatur

Protokolle II Hanau B Nr. 1 Bd. 7 1581/I Bl. 57v; 86 Hanauer Nachträge Nr. 26156, 26165, 28605.

Arcinsys-ID

Archivkontext

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Hanauische Verordnung über das Tragen der Judenzeichen“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5226_hanauische-verordnung-ueber-das-tragen-der-judenzeichen> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

https://lagis.hessen.de/resolve/de/qjg/5226