Forderungen des Juden Natan zu Rheinberg an Philipp Heimbergers Witwe zu Berkersheim

HStAM 255 Reichskammergericht Nr. H 43  
Laufzeit / Datum
1580 Februar 24 - 1593 März 2 [n.St.]
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 1. März 1580 weist das Hofgericht Rottweil auf Ansuchen der hanauischen Räte und Befehlhaber vom 24. Februar die am 19. Januar anhängig gemachte Klage des Juden Natan von Rheinberg (Raumberg, Reimberg, Remburg, Rimberg, Rombergk, Rumperg, zum Rimper) 1#Es handelt sich um den Frankfurter Juden Natan zum Elefant, später zum Horn, vgl. Nr. 1920, 3012. gegen Philipp Heimbergers Witwe zu Berkersheim an das Hofgericht Hanau zurück. Dieses lädt Natan am 30. März mit Erteilung von Geleit zum 30. August und, da er nicht erscheint, erneut zum 18. Oktober.
Am 26. September erteilt das Hofgericht Rottweil Natan die Anleitung auf den Besitz der Witwe zur Deckung einer Forderung von 104 fl.
Am 16. Januar 1581 unterrichtet das Reichskammergericht Natan und die Richter zu Rottweil davon, daß die hanauischen Vormünder gegen das Urteil vom 26. September eine Appellationsklage eingereicht haben und fordert Übersendung der Akten sowie vorläufige Aussetzung des Verfahrens durch das Hofgericht Rottweil. Da der Gerichtsbote berichtet, daß er Natan "an keinem ort erforsen noch erfaren" konnte, und auch die hanauischen Räte sich vergeblich nach seinem Aufenthaltsort erkundigt haben, ergeht am 12. April eine zweite Ladung an Natan, die in Frankfurt und Hanau öffentlich angeschlagen wird.
Trotz der schwebenden Appellationsklage fordert das Hofgericht Rottweil die Gemeinde Berkersheim am 1. August 1581 auf, das Urteil vom 26. September 1580 zu vollstrecken.
Am 24. September 1582 beauftragt Natan einen Anwalt mit seiner Prozeßvertretung in Speyer.
Am 12. März 1583 protestiert der hanauische Anwalt in Speyer gegen die verweigerte Verlängerung der Fristen und die Abweisung der Appellationsklage. Er erklärt, daß man sich in Hanau nach der Remission von Natans Klage durch das Hofgericht vergeblich bemüht hat, festzustellen, "wo auch das ort Rimberg, von dannen er sich schreibt, gelegen seye". Man hat daraufhin Natans Anwalt, der den Aufenthaltsort seines Mandanten auch nicht kannte, eine versiegelte Ladung mit Geleitsbrief übergeben und den Gerichtsboten beauftragt, den Juden gegen Bezahlung auszuforschen und die Ladung zuzustellen. Danach hat man von der Sache in Hanau erst wieder gehört, als das Hofgericht Rottweil Natan die Anleitung auf die Güter von Heimbergers Witwe erteilte. Gegen dieses Urteil haben die hanauischen Räte am 2. Dezember 1580 beim Reichskammergericht eine Appellationsklage eingereicht und in der Folge, weil die Akten vom Hofgericht Rottweil nicht zu bekommen waren, immer wieder um Fristverlängerung in Speyer bitten müssen. Die letzte diesbezügliche Eingabe vom 4. Dezember 1582 wurde zwar einige Tage zu spät eingereicht, doch hat auch der Anwalt des Beklagten seine Vollmacht erst an diesem Tage übergeben. Sie ist übrigens durchaus fragwürdig, da sie von einem Notar zu Frankfurt ausgestellt wurde, obwohl Natan doch die Stadt "bey leibsstraff" schon seit vielen Jahren nicht mehr betreten darf und als "ein persona vagabunda" im Lande lebt. Auch die Benennung des [Frankfurter] Juden Kiva zum Riesen als Vertreter, an den sich der Anwalt wenden kann, erscheint rechtlich bedenklich. Der hanauische Prokurator bittet daher um Fortführung des Verfahrens und Abweisung des unzureichend bevollmächtigten gegnerischen Anwalts.
Am 17. April übergibt Natans Anwalt dem Reichskammergericht eine Aufstellung der dem mit Natans Vertretung betrauten Kiva erwachsenen Kosten in Höhe von 22 fl. 26 Kreuzern, darunter auch 5 fl. für einen Boten, der Natan eine Ladung nach "Remberg" gebracht hat.
Am 20. Mai teilt ein Sekretär des Hofgerichts Rottweil dem hanauischen Kanzleiverwalter mit, daß ihm die Prozeßakten unverzüglich zugesandt werden soll, sobald festgestellt ist, weshalb Natan 1580 trotz bereits erfolgter Remission seiner Klage nach Hanau noch eine Anleitung erteilt wurde.
Am 29. Juli wenden sich die hanauischen Vormünder mit einer neuerlichen Appellationsklage an das Reichskammergericht, weil das ihnen am 22. Juli zugestellte Urteil des Hofgerichts Rottweil vom 4. Juni zwar die Remission vom 1. März 1580 bestätigt, dabei aber offengelassen hat, wer die Kosten für den eingestandenermaßen in Rottweil irrtümlich fortgeführten Prozeß und die sich daraus ergebenden Weiterungen zu tragen hat.
Am 17. August bekundet das Hofgericht Rottweil, daß mit Natans Zustimmung die Witwe zu Berkersheim aus der Acht gelöst und sein Anspruch auf ihren Besitz im Anleitsbuch getilgt wurde. Drei Tage später ergeht eine Ladung des Reichskammergerichts an Natan, und das Hofgericht wird aufgefordert, das Verfahren ruhen zu lassen und die Akten nach Speyer zu schicken.
Der Kammergerichtsbote, der die Ladung am 1. Oktober übergeben wollte, erklärt jedoch, daß in der Frankfurter Judengasse "dieß mal des kriegs halber" niemand wußte, wo Natan sich aufhält. Auf Geheiß der Kläger hat er daher die Ladung Natans Schwager Kieffe zum Riesen übergeben, der behauptet hat, Prozeßvollmacht zu haben und dazu bemerkt hat, "es sey also ein wesen in Niderlandt, daß er selber nit wiß, wo Natha Jude, sein schwager, sich itziger zeyt daneden heldt." 2#Vgl. einen entsprechenden Dorsalvermerk auf der dem Hofgericht Rottweil und Natan am 28. August 1583 zugesandten Inhibitionsverfügung des Reichskammergerichts mit dem ausdrücklichen Zusatz, daß Natan sich in den Niederlanden aufhält, vgl. Nr. 1920, 3012.
Am 1. Oktober 1584 [n.St.] fordert der hanauische Anwalt das Reichskammergericht auf, zu bestätigen, daß das Verfahren vom Hofgericht Rottweil unsachgemäß und leichtfertig betrieben wurde, und Nathan zur Zahlung der Kosten zu verurteilen.
Das Prozeßprotokoll schließt mit einer Eintragung vom 2. März 1593 [n.St.].

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Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Forderungen des Juden Natan zu Rheinberg an Philipp Heimbergers Witwe zu Berkersheim“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5204_forderungen-des-juden-natan-zu-rheinberg-an-philipp-heimbergers-witwe-zu-berkersheim> (aufgerufen am 26.11.2025)

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