Antwort von Bürgermeister und Rat von Gelnhausen auf eine Beschwerde der beiden Juden zu Ortenberg

HStAM 81 Nr.  
Laufzeit / Datum
1576 Juli 18
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Auf eine ihnen am 10. Juli von Graf Philipp Ludwig von Hanau zugesandte Beschwerde der beiden Juden zu Ortenberg, daß ihnen in Gelnhausen das Recht verweigert und nicht zu ihren Forderungen verholfen wird, antworten Bürgermeister und Rat am 18. Juli 1576.
Sie begründen zunächst die Ausweisung der Juden aus Gelnhausen, die "zue verhutung gemeiner burgerschaft eussersten verderben (darinnen gleichwol albereit irer vil onversehens geraten)" notwendig war und mit Zustimmung der Pfandherren erfolgt ist, weil die Bürger der Stadt durch die Juden und "iren freßenden wucher vast erschepft und jhe lenger jhe beschwerlicher ausgesogen" wurden. Auch ein Versuch der Stadt, ihren Bürgern mit einer eigenen Anleihe von 1000 fl. die Bezahlung ihrer Schulden zu ermöglichen, hat wenig genützt. Es hat sich dabei vielmehr gezeigt, daß die Juden "mit den kerben, darauf sie das geliehen geldt und uffgelauffenen wucher oft zusammengeschnitten, also das wucher wieder wucher getragen, auch sonsten und bevorab in den rechnungen mit den einfaltigen allerhandt onzimlichen vortheil gebraucht" haben. Übrigens haben die Juden auch im Gericht Altenhaßlau, wo sie gewiß ebenso wie in Gelnhausen noch Außenstände haben, "wenig raths oder nutzens geschafft."
Beim Abzug ist den Juden, da ihre sofortige Bezahlung nicht möglich war, die Unterstützung der Stadt bei Eintreibung der verbleibenden Forderungen zugesagt worden, und an diese Zusage hält sich die Stadt, die sogar gelegentlich selbst für säumige Schuldner einspringt. Die Beschwerde der beiden Juden ist mithin gänzlich unbegründet. Damit man aber "ires vilfaltigen an- und nochlauffens einsmals geubrigt sein und pleiben mögte", sollen ihre Schuldner beim nächsten Stadtgebot zur Zahlung aufgefordert werden. Gleichzeitig wird sich die Stadt bemühen, einen Käufer für das Haus des einen Supplikanten zu finden, doch soll es ein Stadtbürger und kein Ausmärker sein.
Was die Außenstände bei Philipp Kuchlers Erben angeht, so haben sich dieselben untereinander noch nicht geeinigt, so daß keine Zahlung erfolgen konnte.
Moschis Klage über seine Verhaftung ist ebenfalls ungerechtfertigt. Er war im Juni in Gelnhausen und hat den Bürgermeister gebeten, ihm zur Bezahlung durch Carl Bopp zu verhelfen. Darauf hat ihn der Bürgermeister an Bopp selbst verwiesen, der auch zahlungswillig war, Moschi aber gebeten hat, sich etwas zu gedulden, bis er seine Gäste versorgt hätte. Moschi ist jedoch ungeduldig geworden, weil er am selben Tage noch heim wollte, ist "mit trutzigen worten herausgefahren" und hat vor Zeugen erklärt, der Bürgermeister sei genauso "unduchtig" wie Bopp, bei beiden sei kein Glaube und Zusagen würden weder vom Bürgermeister noch von Bopp gehalten.
Wegen dieser beleidigenden Reden sollte Moschi einige Tage eingesperrt werden, doch mit Rücksicht darauf, daß er hanauischer Hintersasse war und weil etliche Juden um seine Freilassung gebeten haben, "diweil ir sabbath anginge", ist er gegen Zahlung einer Buße von 5 fl. und des Schloßgeldes noch am gleichen Tag entlassen und auch von Bopp bezahlt worden. Es war mithin ganz überflüssig, daß er sich so "unnutz gemacht, welches gleichwol bei diesem Moschi Juden nit seltzam, indem er doch seinem vatter Joßlin, der sich etwas bescheidener pflegt zu halten, nicht nachfolgt."

Ausfertigung

Ausfertigung, Papier, mit aufgedrücktem Verschlußsiegel, Präsentatum Hanau, den 20. Juli 1576, Präsentatum [Speyer], den 4. September 1723.

Ausstellungsort

Gelnhausen

Archivangaben

Altsignatur

81 Regierung Hanau D 1 Nr. 39/2.

Arcinsys-ID

Archivkontext

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Antwort von Bürgermeister und Rat von Gelnhausen auf eine Beschwerde der beiden Juden zu Ortenberg“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4867_antwort-von-buergermeister-und-rat-von-gelnhausen-auf-eine-beschwerde-der-beiden-juden-zu-ortenberg> (aufgerufen am 25.11.2025)

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