Erwerb eines Hauses zu Windecken durch den Juden Koscher zu Marköbel

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 21059  
Laufzeit / Datum
1575 Juni 16 - 1579 Januar 24
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Der Jude Koscher, der in der Windecker Judengasse eine Scheuer erblich erwerben und in ein Wohnhaus umwandeln wollte, bittet Räte und Befehlhaber zu Hanau am 16. Juni 1575, die Stadt zu veranlassen, ihm den bereits untersagten Kauf doch noch zu gestatten.
Zum Bericht aufgefordert, teilt die Stadt der Hanauer Kanzlei am 20. Juni mit, daß sie sich von Koschers Plan keinen Vorteil verspricht. Auch wenn Koscher, wie angeboten, sofort die Hälfte des angeblich schon mit einem Frankfurter Bürger vereinbarten Kaufpreises von 200 Talern bezahlt und den Rest mit der üblichen Verzinsung als jährliche Miete an die Stadt abträgt, würde der Umbau die Stadt mindestens 100 fl. kosten, ganz abgesehen von der im folgenden nötigen jährlichen Bauunterhaltung. Da "die juden ein suddelicht, unachtsam und unreinlicht volgk" sind und "one underlaß viel in den hausen verfeulen und zerbrechen", hat die Stadt, wie ihre Rechnungen ausweisen, ohnehin von den Judenhäusern mehr Schaden als Nutzen. Während die jährlichen Einnahmen bei einem Mietzins von 3 bis 4 fl. pro Haus zwischen 28 und 28 1/2 fl. liegen, kosten die Reparaturen Jahr für Jahr zwischen 40 und 50 fl.. Zudem haben die Juden so zugenommen, daß sie bereits außerhalb der Judengasse zwei oder drei Häuser unter den christlichen Bürgern bewohnen und diesen damit die Wohnungen verknappen. Auch kaufen sie zum Nachteil der Windecker Bürger Holz auf den Wochenmärkten, obwohl ihnen der Holzkauf seit alters verboten ist.
Nach diesem Bericht beschließen Räte und Befehlhaber, Koschers Gesuch abzuschlagen.
Am 5. Januar 1577 berichten zwei Windecker Bürger Räten und Befehlhabern zu Hanau, daß sie für ihre Mündel eine ererbte Viertelscheuer in der Windecker Judengasse an Koscher verkaufen wollen, der die anderen Teile der Scheuer bereits von den Miterben erworben hatte, jetzt aber vom Kauf zurücktreten will, weil ihm dieser untersagt worden ist. Das Gesuch der Supplikanten, Koscher den Kauf zu gestatten, weil sich für die Scheuer sonst kein Interessent findet, wird abgeschlagen.
Am 2. August ersucht der Zollschreiber Rudolf Emmerich zu Höchst Graf Philipp Ludwig zu Hanau zum wiederholten Male, ihm zur Bezahlung der Scheuer in der Windecker Judengasse zu verhelfen, die Koscher seinem Bruder abgekauft hat.
Auf Anfordern berichtet Koscher am 6. August, daß er die Scheuer vor zwei Jahren nur unter dem Vorbehalt für 200 Taler erworben hat, daß ihm der Umbau gestattet würde. Er hat deswegen auch weder Gottespfennig noch Weinkauf gegeben. Als ihm der Umbau nicht erlaubt wurde, hat er den Kauf innerhalb der üblichen Frist von drei Wochen aufgesagt.
Am 21. Dezember bittet der Zollschreiber nochmals um Bezahlung und erklärt Koscher für unglaubwürdig.
Am 24. Juni 1578 bekundet Graf Philipp Ludwig von Hanau, daß er Koscher eine für 120 fl. gekaufte Behausung vorn an der Judengasse zu einem jährlichen Erbzins von 5 fl. überlassen und verliehen hat. Zusammen mit dem Zins, der nicht erhöht werden soll, hat Koscher dem Keller jährlich am Sonntag nach Walpurgis 4 Schilling Maibede zu entrichten. Er ist verpflichtet, das Haus in Stand zu halten und es weder zu belasten noch zu verpfänden. Nach vorheriger Anfrage bei Graf Philipp Ludwig oder seinem Keller soll es Koscher erlaubt sein, aus dem Haus zwei oder mehr Wohnungen für sich und seine Familie zu machen.
Am 25. Juli 1578 quittieren die Vorbesitzer des Hauses die Bezahlung der Kaufsumme von 120 fl., und am 24. Januar 1579 stellt der Keller zu Windecken fest, daß Graf Philipp Ludwig von dieser Summe 50, Koscher aber die restlichen 70 fl. bezahlt hat, ohne damit besondere Rechte oder Ansprüche zu erwerben.

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Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Erwerb eines Hauses zu Windecken durch den Juden Koscher zu Marköbel“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4769_erwerb-eines-hauses-zu-windecken-durch-den-juden-koscher-zu-markoebel> (aufgerufen am 25.11.2025)

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