Verhaftung zweier Juden wegen Falschmünzerei in der Grubenmühle unterm Ludwigstein

HStAM 17 I. Alte Kasseler Räte Nr. 1614  
Laufzeit / Datum
1574 März 10 - Juli 12
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 10. März 1574 berichtet der Schultheiß zu Witzenhausen nach Kassel, daß der wegen der Verbreitung von Falschgeld verhaftete Grubenmüller neben den zwei verdächtigen Juden noch einen Goldund einen Messerschmied als Falschmünzer genannt hat. Außerdem hat er Hans Brummer beschuldigt, von den Juden falsche Taler billig erworben und später in seinem Holzhandel verwandt zu haben.
Der Schultheiß teilt mit, daß Martin von Hanstein gebeten hat, ihm die beiden Juden möglichst bald abzunehmen, da er kein Gefängnis für sie hat.
Am 16. März berichtet der Schultheiß, daß Martin von Hanstein Bedenken gekommen sind, die Juden ohne Vorwissen der Hansteinschen Mitherren und seines mainzischen Lehnsherren einem anderen Gericht zu überstellen. Er hat dem Schultheißen aber eine Vernehmung der Gefangenen gestattet. Dabei hat der eine, der sich Selichmann nennt, bekannt, daß er das Münzen schon vor zwei Jahren bei einem Goldschmied zu Göttingen gelernt und mit diesem eine ziemliche Anzahl Taler auf Lübecker Schlag hergestellt hat. Zusammen mit dem Goldschmied Meister Gerhardt aus Bielefeld und dessen Knecht, einem Messerschmied, sowie dem entkommenen Judenknecht Laser hat er in der Grubenmühle zweimal je 20 neue Andreasberger Taler geschlagen. Von all dem hat jedoch der mit Selichmann verhaftete Jude Mosche nichts gewußt. Hans Brummer von Widdershausen hat von Selichmann im Laufe der Zeit 200 falsche Taler bekommen und dafür anfangs 22 Fürstengroschen, später 3 Ort bezahlt.
Nach diesem Geständnis hat der Schultheiß alle Außenstände des Juden und des Müllers pfänden und mit Arrest belegen lassen.
Am 1. April wird Brummer vor dem Hansteinschen Gericht verhört und sagt, daß er über Selichmanns Falschmünzerei und Falschgeldbesitz nichts weiß. Auch sonst weiß er nichts von "der juden müntzen", sondern hat nur gehört, daß die Juden die Münze zu Nordhausen von Herzog Erich von Braunschweig hätten. Er kann nicht sagen, wie lange Selichmann gemünzt hat, woher er das Silber bekommen hat und wer die Münzen für ihn in Umlauf gebracht hat. Die Frage der dem Verhör beiwohnenden landgräflichen Beamten, ob ihm einschlägige Vergehen bekannt sind, die Juden oder Christen in Hessen begangen haben, verneint Brummer.
Nach der förmlichen Klageerhebung und der am 2. April erfolgten Anhörung der Verteidigung wird Selichmann hingerichtet.
Brummer wird am 17. Mai zum zweiten Mal verhört und bestreitet jeden näheren Umgang mit Selichmann, der ihm nur einmal versprochen hatte, ihm einen Portugaleser einzuwechseln und ihm, nachdem er ihn zwei Jahre mit dem Geld hingehalten hatte, harte und von Brummer für vollwertig gehaltene Taler geliefert hat. Er bestreitet, daß man ihn in Witzenhausen mit Falschgeld angetroffen hat.
Am 18. Juni wird Brummer die Aussage Selichmanns vorgehalten, wonach ihn dieser am Taler zunächst 2, später 4 oder 5 Groschen und schließlich 1 Ort hat verdienen lassen. Ohne bestimmt zu erklären, ob Brummer, der von der Münzwerkstatt nichts wußte, die Taler als falsch erkannt hat, hat Selichmann gesagt, er habe Brummer "gelt abgelenet zu veil malen, darnach habe her ime die thaler vor ander müntze vorwechesselt und umb der beforderung willen den oben gemelten forteil darannhe gelassen."
Da Brummer jede Schuld leugnet und sein Anwalt erklärt, daß man Selichmanns Aussage, soweit sie Brummer belastet, keinen Glauben schenken darf, da bereits die Heilige Schrift bezeugt, daß die Juden den Heiland bis in den Tod verfolgt haben und die jetzt lebenden Juden als Feinde und Lästerer des christlichen Glaubens bekannt sind, beschließt das Gericht, den Fall den Gelehrten in Leipzig vorzutragen und übersendet die Prozeßakten am 22. Juni dem Leipziger Schöffenstuhl. Die dem Hansteinschen Halsgericht am 9. Juli zugegangene Leipziger Entscheidung, wonach der Ankläger seine Anschuldigung zu beweisen hat, wird am 12. Juli zusammen mit den Prozeßunterlagen mit der Bitte nach Kassel gesandt, feststellen zu lassen, ob Beweise für Brummers Schuld in Hessen beizubringen sind, da sich die Anklage ansonsten nur auf die Aussagen des hingerichteten Juden stützen kann.

Weitere Angaben

Bl. 1-16

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Verhaftung zweier Juden wegen Falschmünzerei in der Grubenmühle unterm Ludwigstein“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4706_verhaftung-zweier-juden-wegen-falschmuenzerei-in-der-grubenmuehle-unterm-ludwigstein> (aufgerufen am 25.11.2025)

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