Klage des Juden Simon zum Einhorn zu Frankfurt gegen Hans Ingweiler zu Hanau
Stückangaben
Regest
Das Hofgericht Rottweil, das den Hanauer Bürger Hans Ingweiler aufgrund einer Klage des Frankfurter Juden Simon zum Einhorn mit Schreiben vom 27. Februar 1565 zum 8. Mai vorgeladen hat, weist die Klage am 8. Mai ab und zurück an das Hofgericht Hanau. Dieses fordert Simon am 25. Mai auf, seine widerrechtlich in Rottweil erhobene Klage am 3. Juni vorzubringen, wozu sich Simon laut Aussage des Gerichtsboten vom 6. Juni bei Entgegennahme der Ladung auch bereit erklärt.
Am 30. Juli beklagt sich Simon beim Hanauer Hofgericht, daß der Termin am 3. Juli ausgesetzt und kein neuer Gerichtstag benannt wurde. Er verweist darauf, daß seine Forderungen an Ingweiler noch aus der Zeit stammen, als dieser Frankfurter Bürger war, so daß er durchaus berechtigt war, Klage in Rottweil zu führen, wohin Simon sich auch wieder wenden wird, wenn man ihm in Hanau nicht zur Vollstreckung des am 3. März [1559] in Frankfurt erlangten Urteils verhilft. Die von Ingweiler angebotene Abschlagszahlung hält Simon für "gar spottlich".
Am 1. August ergeht eine Ladung an Simon zum 20. August, und am 6. Dezember wird er erneut zum 21. Januar 1566 geladen. Darauf beklagt sich Simon am 9. Dezember über die Verschleppung des Prozesses, beschuldigt den Amtmann zu Windecken, seinen bevollmächtigten Vertreter solange mit "sanfften worten" beschwatzt zu haben, bis er den Prozeßtermin verstreichen ließ, und fordert unverzügliche Bezahlung durch Ingweiler.
Am folgenden Tag antwortet der beschuldigte Amtmann auf Simons "unverschempter weis" übersandtes Schreiben, daß er bei seinen "adellichen ehren und trewen" mit der Klage gegen Ingweiler weder etwas zu tun noch sie gar an sich gezogen hat. Auf die von Gumprecht [zu Kesselstadt] und einem jungen Juden geäußerte Bitte, sich für Simon einzusetzen und ihm Geleit zu erwirken, hat er Gumprecht an die hanauische Kanzlei verwiesen. Er schließt sein Antwortschreiben an Simon mit den Worten: "Derhalben so beleugestu mich frevenlich wie ein ehrloser, nichtswerter, vermaledeitter jud".
Der am gleichen Tag vor der Kanzlei Hanau vernommene Hans Ingweiler, Barbier zum Ochsenkopf, verwahrt sich gegen den Vorwurf der Prozeßverschleppung, erklärt aber, daß er die bei den vergangenen Gerichtstagen von Simons Bevollmächtigtem vorgeschlagene gütliche Einigung stets abgelehnt und auf einem ordentlichen Verfahren bestanden hat.
Am 1. Januar 1566 erteilt Simon dem Juden Meyer die Vollmacht zu seiner Prozeßvertretung
Am 1. Februar teilt Simon dem Hofgericht mit, daß er "leibs halben" weder am 4. Februar erscheinen kann noch einen Anwalt entsenden wird, da seine bisherigen Anwälte von Ingweiler stets abgelehnt wurden und er sich erst nach einem besseren Vertreter umsehen will. Trotzdem erscheint Ingweiler am 4. Februar vor dem Hofgericht, beklagt die Kosten, die ihm durch den von Simon zunächst in Rottweil anhängig gemachten Prozeß entstanden sind, beschwert sich, daß Simon die ersten beiden Prozeßtermine in Hanau hat verstreichen lassen, zum dritten einen unzulänglichen Anwalt entsandt hat und zum vierten nicht erschienen ist und bittet um Freispruch. Darauf wird Simon mitgeteilt, daß eine letzte Verhandlung am 18. März angesetzt ist, zu der er erscheinen und seine Forderungen an Ingweiler präzisieren soll.
Am 17. März erteilt Simon dem Frankfurter Bürger Caspar Rettich die Vollmacht seiner Prozeßvertretung. Am folgenden Tag erscheint Rettich vor dem Hanauer Hofgericht, fordert die Bezahlung von Ingweilers Schulden, weigert sich aber, auf Verhandlungen einzugehen.
Am 24. März beschwert sich Simon bei Räten und Befehlhabern zu Hanau über die Zumutung, sich auf einen neuerlichen Prozeß mit Ingweiler einzulassen, fordert die Vollstreckung des Frankfurter Urteils und droht, sich andernfalls wieder an das Hofgericht Rottweil wenden zu wollen. Als Rettich dem Hanauer Gericht am 26. März ein entsprechendes Schreiben seines Mandanten übergibt, wird Ingweiler freigesprochen, doch mit dem Vorbehalt, daß Simon die Klage jederzeit wieder aufgreifen kann, sofern er in ein ordentliches Gerichtsverfahren eintreten will.
Am 23. April bittet Ingweiler die Hanauer Räte, Simon zur Bezahlung der ihm entstandenen Prozeßkosten in Höhe von 7 fl. 16 Schilling 5 Denar zu veranlassen. Darauf ergeht mit Schreiben vom 6. Mai eine Ladung zum 27. Mai an Simon.
Am 24. Mai teilt Simon mit, daß er nur die Vollstreckung des Frankfurter Urteils verlangt, ein neues Gerichtsverfahren ablehnt und sich gegebenenfalls nach Rottweil wenden wird.
Am 27. Mai verurteilt das Hanauer Hofgericht Simon in Abwesenheit zur Übernahme der Ingweiler entstandenen Kosten und übergibt dem Kläger die notwendigen Unterlagen zur Einreichung einer entsprechenden Klage beim Stadtgericht Frankfurt. Auf ein am 10. Juni an den Rat der Stadt Frankfurt gesandtes Schreiben mit der Bitte, Ingweiler zur Exekution des Hanauer Urteils zu verhelfen, antwortet der Rat am 25. Juli mit einer Beschwerde über Simons Behandlung vor dem Hanauer Hofgericht, verweist auf eine ähnlich merkwürdige Entscheidung in der Klagsache des Frankfurter Juden Samuel zur Krone und fordert Simons Bezahlung durch Ingweiler.
Weitere Angaben
vgl. auch Regest Nr. 1478a (1559 März 31)
Archivangaben
Arcinsys-ID
Archivkontext
Indizes
Personen
- Rettich, Caspar, Einwohner von Frankfurt am Main
- Ingweiler, Hans, Barbier aus Frankfurt am Main
- Gumprecht, Roßtäuscher zu Kesselstadt, verheiratet mit Blumge
- Meir (Meyer), aus Fröschweiler zu Frankfurt am Main
- Samuel, zur Krone zu Frankfurt am Main
- Simon, zum Einhorn zu Frankfurt am Main
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Sachbegriffe
Siehe auch
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Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Klage des Juden Simon zum Einhorn zu Frankfurt gegen Hans Ingweiler zu Hanau“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4073_klage-des-juden-simon-zum-einhorn-zu-frankfurt-gegen-hans-ingweiler-zu-hanau> (aufgerufen am 25.11.2025)
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