Forderungen des Juden Joseph zum goldenen Schwan zu Frankfurt an den Erzbischof von Köln
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Forderungen des Juden Joseph zum goldenen Schwan zu Frankfurt an den Erzbischof von Köln
Am 13. Juni 1564 teilt der Frankfurter Jude Joseph zum goldenen Schwan Landgraf Wilhelm von Hessen mit, daß er sich, da die landgräfliche Fürsprache, die ihm zur Begleichung seiner Forderungen an den Erzbischof von Köln verhelfen sollte, bislang vergeblich war, an den Kurfürsten von der Pfalz gewandt und dieser seinen Amtmann zu Bacharach angewiesen hat, Joseph zu helfen. Joseph bittet, einen landgräflichen Diener, etwa den Kämmerer oder den Amtmann zu Rheinfels, mit der Begleitung des pfälzischen Amtmanns zu beauftragen, und erklärt sich bereit, die Kosten zu übernehmen.
Am 20. Juni antwortet Landgraf Wilhelm, daß er seinem Keller zu St. Goar befohlen hat, Josephs Interessen zu vertreten. Mit Schreiben vom 21. Juni werden sowohl der Erzbischof von Köln wie auch der Keller von dieser Entscheidung unterrichtet. Letzterer erhält in seiner Instruktion den Auftrag, den Erzbischof daran zu erinnern, daß sich der Landgraf bereits beim letzten Wahltag in Frankfurt für Joseph verwandt und gebeten hat, ihm die dem verstorbenen Erzbischof geliehenen beträchtlichen Gelder zurückzuzahlen, da er sich dem Juden wegen seiner guten Dienste beim Einkauf von Seidenwaren, Gold, Silber, Schmuck und Perlen verpflichtet fühlt.
Am 12. August bestätigt der Keller. daß ihm Joseph den landgräflichen Befehl und die Instruktion vom 21. Juni am 21. Juli überbracht hat, und schickt einen vom 13. August datierten Bericht über seine zusammen mit dem pfälzischen Amtmann am 24. Juli unternommene Reise an den erzbischöflichen Hof nach Linz, neun Meilen unterhalb von Köln, wo sie am 26. Juli angekommen sind. Da eine persönliche Audienz beim Erzbischof nicht zu erlangen war, haben sie am 27. Juli die erzbischöflichen Räte von ihrem Auftrag unterrichtet.
Ihnen wurde geantwortet, daß Joseph das Recht erhalten hat, seine Forderungen an den gewesenen Zöllner zu Linz einzuklagen und man auch willens war, ihm aufgrund des erlangten Urteils dessen Besitz einzuräumen. Inzwischen haben aber etliche Adelige und Bürger Forderungen an den Zöllner geltend gemacht, die älter sind als die des Juden, so daß vor der Vollstreckung des Linzer Urteils noch die Rangfolge der Ansprüche zu prüfen ist.
Keller und Amtmann haben entgegnet, daß der Zöllner, den Joseph wegen der ihm vor zwei Jahren auf seine Verschreibung hin geliehenen, gleichwohl aber dem verstorbenen Erzbischof zugekommenen ungefähr 5100 fl. verklagt hat, gegen das zu Linz und Bonn ergangene Urteil beim Reichskammergericht appelliert hat. Dieses Verfahren schwebt zwar noch, doch hat das Reichskammergericht Joseph bis zur endgültigen Entscheidung das Recht erteilt, den zu Linz und Unkel liegenden Wein des Zöllners umzuschlagen. Sie haben den Erzbischof gebeten, die Vollziehung dieses Mandats nicht länger zu verhindern und im übrigen daran erinnert, daß Joseph dem verstorbenen Erzbischof bei der Frankfurter Herbstmesse 1562 10283 Taler geliehen hat und sie eine klare Antwort fordern, ob der Erzbischof diese Schuld zu bezahlen gedenkt oder nicht.
Die Räte erwiderten, daß der Erzbischof den Wein, damit er keinen Schaden nimmt, selbst hat umschlagen und das Geld bis zur Klärung der Ansprüche hat hinterlegen lassen. Übrigens hat er seinerseits Forderungen an den Zöllner als einen ungerechten Diener. Wegen der 10283 Taler kann vorerst keine Entscheidung getroffen werden, doch will sich der Erzbischof beim nächsten Landtag dafür verwenden, daß die pfälzische und hessische Fürsprache Gehör findet.
Amtmann und Keller antworteten, daß, da der Zahlungsverzug den Juden ruiniert, der pfälzische Kurfürst und der Landgraf jede Unterstützung geben werden, wenn er sich an die Bürgen halten und sie anklagen will. Es wird ein leichtes sein, Besitz und Forderungen der Bürgen auf hessischem oder pfälzischem Gebiet oder auf dem Rhein zu pfänden. Da die Bürgen das Geld unzweifelhaft im Auftrag des verstorbenen Erzbischofs geliehen haben, wird es, wenn sie solchermaßen gepfändet und geschädigt werden, künftig schwer sein, jemanden zu finden, der sich für ähnliche Geldgeschäfte zur Verfügung stellt. Auch könnte dabei zur Sprache kommen, daß der verstorbene Erzbischof Schulden seiner Familie in Höhe von über 70 000 fl. bezahlt hat.
Die Räte erklärten, daß die Zahlungsbewilligung von der Zustimmung des Landtags abhängig ist, dessen Einberufung noch nicht feststeht, doch will man sich um einen baldigen Zusammentritt der Stände bemühen.
Nach Rücksprache mit Joseph haben Keller und Amtmann entgegnet, daß der Jude die Hinterlegung des Geldes für den Weinverkauf um so weniger akzeptieren kann, als ein Kammergerichtsmandat vorliegt und der Fall damit der erzbischöflichen Rechtsprechung entzogen ist. Uberdies hat er in dieser Klagsache bereits 800 Taler Kosten gehabt. Joseph läßt daher bitten, ihm dieses Geld auszuzahlen, und erklärt sich bereit, Bürgschaft gegenüber etwaigen anderen Ansprüchen zu leisten.
Die Bitte wurde abgelehnt.
Archivangaben
Altsignatur
3/II Landgraf Wilhelm, Kurköln; 4 b Hofhaltung 4 Nr. 10.
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„Forderungen des Juden Joseph zum goldenen Schwan zu Frankfurt an den Erzbischof von Köln“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4035_forderungen-des-juden-joseph-zum-goldenen-schwan-zu-frankfurt-an-den-erzbischof-von-koeln> (aufgerufen am 25.11.2025)
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