Wahl zum Preußischen Abgeordnetenhaus
Ereignis
Was geschah
Bei der Wahl zum Preußischen Abgeordnetenhaus werden die Nationalliberalen nach erheblichen Stimmengewinnen mit 175 Mandaten (1870: 126) wie schon 1870 stärkste Kraft – dieses Mal mit erheblichem Vorsprung vor der katholischen Zentrumspartei, die mit 86 Sitzen zweitstärkste Kraft wird. Die Konservativen, 1867 stärkste und 1870 zweitstärkste Kraft im Abgeordnetenhaus, müssen erhebliche Verluste hinnehmen und stellen nunmehr nur noch 32 der 432 Sitze (1867: 122, 1870: 114).1 Auch in der Provinz Hessen-Nassau gewinnen die Nationalliberalen und stellen nun 13 von 26 Abgeordneten (1870: 12). Zulegen können Sie vor allem im Regierungsbezirk Wiesbaden, wo sie nun drei Wahlkreise für sich entscheiden können (1870 war es nur einer). Zweitstärkste Kraft bleibt die Deutschen Fortschrittspartei, die zwei Wahlkreise hinzugewinnt und nun acht Vertreter ins preußische Landesparlament entsendet. Die Konservativen verlieren auch hier und stellen künftig nur noch zwei statt vier Mandate, die Zentrumspartei bleibt stabil bei drei Sitzen.2 In den Wahlkreisen der heute auf dem Gebiet des Landes Hessen liegenden Teile der Provinz Westfalen (Wahlkreis Arnsberg 1) und der Rheinprovinz (Wahlkreis Wetzlar) erringen – wie 1870 – zwei Freikonservative die Mandate.3
Gewählte Abgeordnete
Bei der Wahl zum Preußischen Abgeordnetenhaus wird in jedem Wahlkreis nach absolutem Mehrheitswahlrecht (Persönlichkeitswahl) ein Abgeordneter gewählt.Provinz Hessen-Nassau – Regierungsbezirk Kassel
Baehr, Dr. jur. Otto (1817–1895); Nationalliberale Partei; Obertribunalrat; Berlin; Wahlkreis 3: Kassel-Stadt Braun, J. August (1820–1879; Nationalliberale Partei); Fabrikant; Hersfeld; Wahlkreis Kassel 6: Rotenburg – Hersfeld Gumpert, Karl Heinrich (geb. 1826; Nationalliberale Partei); Apotheker; Eschwege; Wahlkreis Kassel 5: Eschwege – Schmalkalden Hassencamp, Friedrich Wilhelm (1817–1897; Nationalliberale Partei); Kaufmann; Frankenberg (Eder); Wahlkreis Kassel 9: Kirchhain – Frankenberg4 Herrlein, Franz Josef (1818–1890; Zentrumspartei); Gutsbesitzer; Margarethenhaun/Kreis Fulda; Wahlkreis Kassel 12: Fulda Kempf, Ludwig (geb. 1804; Nationalliberale Partei); Kreisgerichtdirektor; Rinteln; Wahlkreis Kassel 1: Rinteln Kunisch von Richthofen, Richard Freiherr (1828–1885; Konservative); Landrat; Melsungen; Wahlkreis Kassel 7: Melsungen – Fritzlar Mayer, Wilhelm (geb. 1821; Neukonservative); Landrat; Marburg; Wahlkreis Kassel 10: Marburg Oetker, Dr. jur. Friedrich (1809–1881; Nationalliberale Partei); Rechtsanwalt; Kassel; Wahlkreis Kassel 4: Kassel-Land – Witzenhausen Rübsam, Joseph (1822–1886; Zentrumspartei); Amtsrichter; Fulda; Wahlkreis Kassel 11: Hünfeld – Gersfeld Schöffer, Konrad Heinrich (1815–1878; Nationalliberale Partei); Rentner; Gelnhausen; Wahlkreis Kassel 13: Schlüchtern – Gelnhausen Vogeley, Karl (1825–1899; Nationalliberale Partei); Generalsekretär des landwirtschaftlichen Zentralvereins; Kassel; Wahlkreis Kassel 2: Hofgeismar – Wolfhagen Wehrenpfennig, Wilhelm (1829–1900; Nationalliberale Partei); Chefredakteur der „Spener’schen Zeitung“; Berlin; Wahlkreis Kassel 8: Homberg – Ziegenhain Ziegler, Heinrich Friedrich (1826–1882; Nationalliberale Partei); Fabrikant; Hanau; Wahlkreis Kassel 14: HanauProvinz Hessen-Nassau – Regierungsbezirk Wiesbaden
Born, Ludwig (1813–1875; Deutsche Fortschrittspartei); Gutsbesitzer; Langenscheid/Unterlahnkreis; Wahlkreis Wiesbaden 7: Unterlahnkreis5 Frickhöffer, Dr. med. Karl (geb. 1822; Deutsche Fortschrittspartei); Arzt; Langenschwalbach/Untertaunuskreis; Wahlkreis Wiesbaden 5: Untertaunuskreis Kalle, Fritz (1837–1915; Nationalliberale Partei); Fabrikbesitzer; Biebrich/Kreis Wiesbaden; Wahlkreis Wiesbaden 6: Rheingaukreis – Meisenheim Klotz, Jakob (1823–1909; Deutsche Fortschrittspartei); Fabrikant; Oberursel/Obertaunuskreis; Wahlkreis Wiesbaden 4: Obertaunuskreis Knapp, Johann (1807–1875; Deutsche Fortschrittspartei); Gutsbesitzer; Dauborn/Kreis Limburg; Wahlkreis Wiesbaden 8: Oberlahnkreis6 Lasker, Dr. jur. h.c. Eduard (1829–1884; Nationalliberale Partei); Rechtsanwalt; Berlin; Wahlkreis Wiesbaden 1: Frankfurt/Main-Stadt Lieber, Dr. jur. utr. Ernst (1838–1902; Zentrumspartei); Privatier; Camberg/Kreis Limburg; Wahlkreis Wiesbaden 9: Unterwesterwaldkreis Petri, Wilhelm (1826–1897; Deutsche Fortschrittspartei); Appellationsgerichtsrat; Wiesbaden; Wahlkreis Wiesbaden 2: Wiesbaden-Stadt Schrader, Dr. jur. Gustav (1829–1903; Deutsche Fortschrittspartei); Stadtgerichtsrat; Frankfurt am Main; Wahlkreis Wiesbaden 1: Frankfurt/Main-Stadt Schulz, Konrad (geb. 1827; Deutsche Fortschrittspartei); Kaufmann; Wetzlar; Wahlkreis Wiesbaden 11: Biedenkopf Thilenius, Dr. med. Georg (1830–1885; Nationalliberale Partei); Arzt; Soden/Kreis Höchst; Wahlkreis Wiesbaden 3: Wiesbaden-Land Wißmann, Eduard (1824–1899; Deutsche Fortschrittspartei); Kreisgerichtsrat; Wiesbaden; Wahlkreis Wiesbaden 10: OberwesterwaldkreisProvinz Westfalen – Regierungsbezirk Arnsberg
Achenbach, Heinrich (1829–1899; Freikonservative/Deutsche Reichspartei); Vortragender Rat; Berlin; Wahlkreis Arnsberg 1: Wittgenstein – SiegenRheinprovinz – Regierungsbezirk Koblenz
Steltzer, Gustav (1823–1893; Freikonservative/Deutsche Reichspartei); Kreisgerichtsdirektor; Wetzlar; Wahlkreis Koblenz 1: Wetzlar(LV)
Bezugsrahmen
Indizes
Personen
- Achenbach, Heinrich von (1829-1899)
- Bähr, Otto
- Born, Ludwig
- Braun, Johann August
- Frickhöffer, Karl
- Gumpert, Karl Heinrich
- Haßenkamp, Friedrich Wilhelm
- Herrlein, Franz Joseph
- Kalle, Fritz
- Kempf, Ludwig
- Klotz, Jakob Friedrich Adolf
- Knapp, Johann
- Kunisch, Richard
- Lasker, Eduard
- Lieber, Ernst
- Mayer, Wilhelm (1821-)
- Mohr, Karl Anton
- Oetker, Friedrich
- Petri, Wilhelm
- Rübsam, Joseph
- Schöffer, Conrad Heinrich
- Schrader, Gustav
- Schulz, Konrad
- Steltzer, Gustav
- Thilenius, Georg
- Vogeley, Karl
- Wehrenpfennig, Wilhelm
- Wißmann, Eduard
- Ziegler, Heinrich Friedrich
Sachbegriffe
Nachweise
Fußnoten
- Vgl. Kühne, Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten, Düsseldorf 1994, S. 55. ↑
- Vgl. Kühne, Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten, Düsseldorf 1994, S. 79. ↑
- Die politische Zusammensetzung ändert sich im Laufe der Legislaturperiode nicht. ↑
- Hassencamps Mandat wurde am 30. April 1875 für ungültig erklärt. In der daraufhin nötig gewordenen Ersatzwahl am 18. August 1875 setzte er sich aber gegen zwei Gegenkandidaten durch und behielt sein Mandat. Vgl. Kühne, Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten, Düsseldorf 1994, S. 657. ↑
- Born schied am 1. Mai 1874 aus dem Abgeordnetenhaus aus. Bei der daraufhin durchgeführten Ersatzwahl am 22. Juli 1874 setzte sich der Gutsbesitzer Karl Anton Mohr (1820–1885; Deutsche Fortschrittspartei) aus Niederneisen durch. Vgl. Kühne, Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten, Düsseldorf 1994, S. 691. ↑
- Knapp verstirbt während der Legislaturperiode am 13. August 1875. Bei der daraufhin durchgeführten Ersatzwahl am 8. November 1875 setzt sich der linksliberale Kreisrichter Riedel aus Limburg durch. Vgl. Kühne, Handbuch der Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus 1867–1918. Wahlergebnisse, Wahlbündnisse und Wahlkandidaten, Düsseldorf 1994, S. 694. ↑
Literatur
Weiterführende Informationen
- Wikipedia: Preußisches Abgeordnetenhaus (eingesehen am 21.11.2023)
Kalender
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Personen
- Hessische Biografie: Achenbach, Heinrich von (1829-1899)
- Hessische Biografie: Bähr, Otto
- Hessische Biografie: Born, Ludwig
- Hessische Biografie: Braun, Johann August
- Hessische Biografie: Frickhöffer, Karl
- Hessische Biografie: Gumpert, Karl Heinrich
- Hessische Biografie: Haßenkamp, Friedrich Wilhelm
- Hessische Biografie: Herrlein, Franz Joseph
- Hessische Biografie: Kalle, Fritz
- Hessische Biografie: Kempf, Ludwig
- Hessische Biografie: Klotz, Jakob Friedrich Adolf
- Hessische Biografie: Knapp, Johann
- Hessische Biografie: Kunisch, Richard
- Hessische Biografie: Lasker, Eduard
- Hessische Biografie: Lieber, Ernst
- Hessische Biografie: Mayer, Wilhelm (1821-)
- Hessische Biografie: Mohr, Karl Anton
- Hessische Biografie: Oetker, Friedrich
- Hessische Biografie: Petri, Wilhelm
- Hessische Biografie: Rübsam, Joseph
- Hessische Biografie: Schöffer, Conrad Heinrich
- Hessische Biografie: Schrader, Gustav
- Hessische Biografie: Schulz, Konrad
- Hessische Biografie: Steltzer, Gustav
- Hessische Biografie: Thilenius, Georg
- Hessische Biografie: Vogeley, Karl
- Hessische Biografie: Wehrenpfennig, Wilhelm
- Hessische Biografie: Wißmann, Eduard
- Hessische Biografie: Ziegler, Heinrich Friedrich
Quellen und Materialien
- Parlamentarismus in Hessen: Born, Ludwig
- Parlamentarismus in Hessen: Braun, Johann August
- Parlamentarismus in Hessen: Haßenkamp, Friedrich Wilhelm
- Parlamentarismus in Hessen: Herrlein, Franz Joseph
- Parlamentarismus in Hessen: Knapp, Johann
- Parlamentarismus in Hessen: Lieber, Ernst
- Parlamentarismus in Hessen: Mohr, Karl Anton
- Parlamentarismus in Hessen: Oetker, Friedrich
- Parlamentarismus in Hessen: Rübsam, Joseph
- Parlamentarismus in Hessen: Schrader, Gustav
- Parlamentarismus in Hessen: Vogeley, Karl
- Parlamentarismus in Hessen: Ziegler, Heinrich Friedrich
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Wahl zum Preußischen Abgeordnetenhaus, 28. Oktober 1873“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/7518_wahl-zum-preussischen-abgeordnetenhaus_wahl-zum-preussischen-abgeordnetenhaus> (aufgerufen am 25.11.2025)
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