Forderungen des Frankfurter Juden Simon zur goldenen Scheuer an Hans Weißgerber gen. Dickkopf zu Hanau und dessen Frau|

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 27825  
Laufzeit / Datum
1581 Januar 17 - 1587 Juni 9 [n.St.]
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 17. Januar 1581 erteilt das Hofgericht Rottweil dem Frankfurter Juden Simon zur goldenen Scheuer die Anleitung auf den Besitz von Hans Dickkopf d.J. zu Hanau, weist Simons Klage aber auf Ansuchen der hanauischen Räte und Befehlhaber vom 8. Februar am 14. Februar an das Hofgericht Hanau zurück und hebt die Anleitung auf, da Dickkopfs Frau versprochen hat, für ihren Mann zu zahlen.
Am 6. Februar 1582 unterrichtet das Hofgericht Rottweil die Frau des gewesenen Hanauer Bürgers Hans Weißgerber gen. Dickkopf davon, daß Simon die bereits zur Herbstmesse 1579 fällig gewesene Bezahlung von 135 fl. und die Anleitung auf Dickkopfs Besitz fordert, und lädt sie zum 3. April.
In der Folge werden die Parteien mehrfach zur Stellungnahme aufgefordert, doch weisen die hanauischen Räte ihren Prokurator zu Rottweil am 5. Dezember an, dafür zu sorgen, daß das Verfahren ausgesetzt wird, weil die Beklagte derzeit wegen der "sterbenden luft" in Frankfurt keinen Anwalt finden kann.
Am 28. Januar 1583 erklärt Dickkopfs Frau vor der Kanzlei Hanau, daß ihr Mann zwar einen Schuldschein über 100 fl. ausgestellt, aber nur 6 fl. und das Versprechen weiterer Zahlungen erhalten hat. Da ihrem Schwiegervater auf Simons Betreiben fiereits für 23 fl. Branntwein und Weinstein, den er in Frankfurt verkaufen wollte, abgepfändet worden sind, hat Simon mehr erhalten als ihm zustand. Im übrigen sagt die Frau, daß ihr Mann Dickkopf "ein solcher lößer bueb (dem juden gleich ist), daß er umb einer mas wein willen seinem weib und kindt, so er verlaßen hat, noch mehr verschreiben möchte."
Einen Tag später überschickt der Anwalt der Beklagten dem Hofgericht eine Stellungnahme. Er erklärt Simons Forderungen aus mehreren Gründen für nichtig. Da nach der von ihm vorgelegten Verschreibung [vom 29. Juni 1579] die Zahlung damals bereits fällig war, muß Dickkopf das Geld noch als Unmündiger geliehen haben, so daß Simon kein Recht auf Bezahlung hat. Der Anwalt unterstellt, daß Simon, der oft in Hanau war, dort auf den leichtfertigen Dickkopf aufmerksam geworden ist und sich "gotlos und geltdurstig" überlegt hat, das "werdt ein rechter knab fur inen sein", dem er nach dem Tode des Vaters "den beuttel recht fegen wölle". Der Anwalt überläßt es dem Gericht zu beurteilen, welche Rechtskraft Verträge haben, die aus Leichtfertigkeit und in loser Gesellschaft "(sonderlich, da auch ein boßhafftiger, betruglicher jud mit im spil ist)" geschlossen werden. Im übrigen ist Simons Forderung auch mit Rücksicht auf den Reichsabschied von 1551 nichtig, weil die Verschreibung vor fremder und nicht vor Dickkopfs eigener hanauischer Obrigkeit ausgestellt wurde.
Will Simon auf seine Ansprüche trotzdem nicht verzichten, soll er sich an Dickkopf halten, den er bereits des öfteren in Frankfurt, Mainz, Hanau oder Speyer hätte dingfest machen lassen können. Seine Frau ist ihm dagegen nichts schuldig, da ihr Besitz in der Verschreibung nicht zum Unterpfand gesetzt worden ist.
Am 16. November 1585 [n.St.] übergibt Simons Anwalt dem Hofgericht seine Gegenerklärung mit der Entschuldigung, daß eine von Simon nicht verschuldete, zu späte Zustellung der Aufforderung zur Stellungnahme deren fristgerechte Einreichung verhindert hat. Er erklärt, daß Simon keine Forderungen an Dickkopfs Frau, wohl aber an den Besitz ihres Mannes hat.
Am 4. Dezember berichtet Dickkopfs Frau den hanauischen Räten, daß Simons Vater versucht hat, sie in Frankfurt "mit listen wortten" zu bereden, sich mit seinem Sohn zu vergleichen und ihm die Hälfte der Schuld zu bezahlen.
Am 21. Januar 1586 wendet sich die Frau erneut an die Hanauer Kanzlei und erklärt, daß Simon ihr mit der Acht gedroht und gesagt hat, daß sie, wenn sie den hanauischen Räten so große Geschenke machte, wohl auch ihn bezahlen könnte. Er hat ihr berichtet, daß er ihrem Mann auf dem Marktschiff für an die 40 fl. Waren und Geld geborgt hat und versprochen, er wollte ihr, wenn sie sich auf einen Vergleich einließe, "einen stadlichen man freyen helfen", woraus zu ersehen ist, daß Simon "mit lauter bubenstucken umbgehet".
Am 23. Februar 1587 erhält die Kanzlei Hanau eine Abschrift der dem Hofgericht Rottweil am 8. Dezember 1586 [n.St.] übergebenen neuerlichen Klagschrift, in der sich Simons Anwalt dagegen verwahrt, daß die Forderung seines Mandanten nichtig sein soll, weil die Verschreibung nicht vor der zuständigen Obrigkeit ausgestellt wurde.
Er verweist darauf, daß die rund um Frankfurt sitzenden Grafen und Herren, wie Isenburg, Königstein, Solms, Nassau, Wertheim und andere, es alle mit dem Reichsabschied von 1551 nicht so genau nehmen und den Juden zu ihrem Geld verhelfen, sofern die Forderungen begründet sind. Schließlich hätten die Regierungen viel zu tun, wenn sich der gemeine Mann jedesmal im Falle der Not wegen der Erlaubnis zur Geldaufnahme an sie wenden müßte, und wenn ein Kaufmann, wie es Dickkopf war, sich bei einer sich bietenden günstigen Handelsgelegenheit erst an seine Obrigkeit wenden sollte, käme er zu nichts. Wollte man sich strikt an den Reichsabschied halten, kämen tausende von Juden um ihr Geld.
Er wirft der Beklagten vor, daß sie, "wie der hanawischen underthanen brauch helt", nicht zahlen will und von dem Vergleich, den sie zu schließen bereit war, durch ihren Anwalt abgehalten wird, "den man an seiner sprach khennet und die juden gar zuvertilgen gemeinet ist".
m 9. Juni 1587 [n.St.] schließt das Hofgericht Rottweil die Beweisaufnahme und stellt ein Urteil in Aussicht.

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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

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„Forderungen des Frankfurter Juden Simon zur goldenen Scheuer an Hans Weißgerber gen. Dickkopf zu Hanau und dessen Frau|“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5269_forderungen-des-frankfurter-juden-simon-zur-goldenen-scheuer-an-hans-weissgerber-gen-dickkopf-zu-hanau-und-dessen-frau> (aufgerufen am 25.11.2025)

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