Verhaftung des Juden Soßman zu Bebra wegen eines angeblichen Raubüberfalls auf Hans Heise von Abterode
Stückangaben
Regest
Am 25. November 1580 bekunden Schultheiß und Bürgermeister zu Melsungen, daß Hans Heise von Abterode angezeigt hat, daß ihn zwei Juden und ein Christ im Wald zwischen Kehrenbach und Eiterhagen überfallen und beraubt haben.
Am 30. November gibt er seinen Verlust mit 42 Talern 8 Fürstengroschen an und erklärt, daß sich ihm die Männer in Ifta angeschlossen haben. Er meint den einen Juden mehrfach in Eschwege gesehen zu haben und glaubt, daß er in Herleshausen wohnt.
Am 1. Dezember wird Heises Aussage auf der Sababurg förmlich zu Protokoll genommen. Dabei gibt er an, daß seine Begleiter, die ihn am 23. November überfallen haben, aus Eisenach kamen und nach eigenem Angeben nach Obermeiser wollten, wo sie Pferde stehen hatten. Der ihm bekannte Jude trug eine schwarze, mit Samtschnur besetzte Mütze, der andere eine mit Schafspelz gefütterte Leinenkappe und beide hatten enge, wollene Hosen an.
Am 11. Dezember findet in Rotenburg eine Zeugenvernehmung statt, da der Verdacht der Mittäterschaft auf den Juden Soßman (Sueßman) zu Bebra gefallen ist.
Der Rotenburger Bürger Heinrich Knoda sagt, daß ihm der alte Jude von Bebra am 24. November auf dem Heimweg zwischen Lispenhausen und Bebra begegnet ist und ihm Unschlitt und Fleisch zum Kauf angeboten hat. Da er jedoch für das Pfund Fleisch 9 Heller verlangte, Knoda aber nur 8 Heller und für das Unschlitt 3 Albus geben wollte, ist der Kauf nicht zustande gekommen. Als ihm der Jude das Fleisch dann am Freitag [November 25] doch hat ins Haus schicken lassen, hat Knoda es zurückgeschickt, weil kein Unschlitt dabei war.
Hartmann Freundt von Ronshausen sagt, daß er Soßman am Mittwoch vor vierzehn Tagen [November 23] in seinem Haus in Bebra aufgesucht und gefragt hat, warum er seinem Knecht die Kuh- und Ochsenhäute verweigert hat. Soßman hat erklärt, daß man nicht handelseinig geworden ist, und hat Freundt die drei Häute dann für 2 1/2 Taler verkauft. Der Knecht hat sie am folgenden Tag in Bebra abgeholt und bezahlt. Dabei hat Soßman laut Aussage des Knechts seinen Schwiegersohn zur Prüfung der Taler, die er für falsch hielt, herangezogen. Dazu hat Freundt später bemerkt, daß die Taler, die er von dem Juden selbst bekommen hätte, doch wohl echt sein müssen.
Wierten Hans hat Soßman am Donnerstag vor vierzehn Tagen auf sein Anerbieten hin ein Viertel Fleisch abgekauft, das Soßman ihm selbst abgewogen hat. Am gleichen Tag hat Hans Denhart von Bebra bei Soßman ein Viertel Kuhfleisch gekauft, das Soßman für seinen Schwiegersohn, dem es gehörte, bei sich hängen hatte und selbst abgewogen hat.
Der gegen Soßman klagende Heise behauptet, das ihm angeblich geraubte Geld in Erfurt für Käse bekommen zu haben, kann aber den Fuhrmann, der ihm den Käse nach Erfurt gebracht hat, nicht nennen und kennt auch das Wirtshaus in Ifta, wo er mit den Räubern zusammengetroffen ist, nicht.
Mit dem Vernehmungsprotokoll schicken die Rotenburger Beamten einen Bericht nach Kassel, wonach Heise am 4. Dezember bei Soßman war, um etliche Taler zu wechseln. Danach ist er nach Abterode zurückgekehrt und hat ganze acht Tage verstreichen lassen, ehe er Soßman in Rotenburg am 11. Dezember des Raubüberfalls beschuldigt und seine Verhaftung verlangt hat. Da er einen landgräflichen Befehl vorlegen konnte, wonach jeder von ihm als Täter Beschuldigte in Haft zu nehmen ist, mußte Soßman festgenommen werden, und Heise hat darauf bestanden, daß er trotz der entlastenden Zeugenaussagen und einer angebotenen Kaution von 800 fl. auch in Haft bleibt. Allerdings ist auf Soßmans Verlangen auch Heise bis zur Klärung des Falls inhaftiert worden.
Am 18. Dezember berichten die Rotenburger Amtsknechte nach Kassel, daß sie sich in Bebra nach Soßmans Verhältnissen erkundigt haben. Er wohnt seit zwölf Jahren in Bebra, hat einen guten Leumund, nie mit jemandem Streit gehabt und keinen Wucher getrieben.
Heise dagegen hat seinen Besitz fast ganz durchgebracht, und sein Schwager muß seine Familie ernähren.
Am 20. Dezember berichten die Amtsknechte von Zierenberg den Kasseler Räten, daß sie die Weisung bezüglich des sich angeblich zu Obermeiser aufhaltenden Juden erhalten haben. Der Schultheiß glaubt, daß sich der gesuchte Jude mit der Schramme in der Backe in Meimbressen aufhält, und will sich um seine Überstellung nach Kassel bemühen.
Am [23.] Dezember bürgen Ratsverwandte und Bürger zu Rotenburg, der Dorfschultheiß und ein Einwohner von Bebra sowie ein Einwohner von Breitenbach mit 800 fl. für den inzwischen nach Kassel verbrachten Soßman. Diese Bürgschaft wird am 25. Dezember nach Kassel geschickt, worauf Soßman am 28. Dezember entlassen wird.
Zuvor, am 25. des Monats, hat Adam von Trott d.J. den Kasseler Räten mitgeteilt, daß ihm von seinen Dienern bestätigt worden ist, daß Soßman am 23. November bei ihm war, um ein Pferd zu besehen, und daß einer der Diener am 24. November für 20 Albus Fleisch bei ihm gekauft hat.
Archivangaben
Altsignatur
17 I Alte Kasseler Räte Nr. 116.
Arcinsys-ID
Archivkontext
Indizes
Personen
- Heise, Hans, Einwohner von Abterode
- Denhart, Hans, Einwohner von Bebra
- Freundt, Hartmann, Einwohner von Ronshausen
- Wiert, Hans, Einwohner von Rotenburg a. d. Fulda
- Knoda, Heinrich, Einwohner von Rotenburg a. d. Fulda
- Süßkind (Soßman), zu Bebra, Schwiegervater des Israel zu Großenlüder
- Trott, Adam d. J. von
Orte
- Abterode
- Bebra
- Breitenbach
- Eisenach
- Eiterhagen
- Erfurt
- Eschwege
- Herleshausen
- Ifta
- Kassel
- Kehrenbach
- Lispenhausen
- Meimbressen
- Melsungen
- Obermeiser
- Ronshausen
- Rotenburg an der Fulda
- Sababurg
- Zierenberg
Sachbegriffe
Siehe auch
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Verhaftung des Juden Soßman zu Bebra wegen eines angeblichen Raubüberfalls auf Hans Heise von Abterode“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5255_verhaftung-des-juden-sossman-zu-bebra-wegen-eines-angeblichen-raubueberfalls-auf-hans-heise-von-abterode> (aufgerufen am 26.11.2025)
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