Forderungen des Frankfurter Juden Joseph zur goldenen Scheuer an Urban Platz zu Bergen
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Regest
Am 31. März 1579 unterrichtet das Hofgericht Rottweil Urban Platz zu Bergen davon, daß der Frankfurter Jude Joseph zur goldenen Scheuer eine von seinem Schwiegervater David [zur goldenen Scheuer] übernommene Schuldforderung von 132 1/2 fl. geltend gemacht hat, und lädt Platz zum 28. Juli.
Am 24. November 1579 fordert der hanauische Prokurator in Rottweil Platz auf, sich zu der gegen ihn erhobenen Klage zu äußern, da ihm andernfalls die Ächtung droht.
Am 31. Dezember unterrichtet der Schultheiß zu Bergen Räte und Befehlhaber davon, daß im Zusammenhang mit der Klage gegen Platz eine Ladung des Hofgerichts an ihn und die ganz Gemeinde ergangen ist, und bittet um Weisung, ob die Gemeinde dem klagenden Hofgerichtsprokurator die geforderten 4 Taler zahlen soll.
Am 8. April 1580 befiehlt der Oberamtmann zu Hanau dem Schultheißen zu Bergen, den vermutlich geächteten Platz solange nicht auszuweisen, wie noch keine förmliche Achterklärung vorliegt. Diese erfolgt erst am 12. April 1581, und am 20. April wird Joseph die Anleitung auf den Besitz von Platz zur Deckung einer Forderung von 210 fl. erteilt. Bei einer Erneuerung und Bestätigung von Acht und Anleitung am 29. August wird Josephs Forderung allerdings nur noch mit 150 fl. angegeben.
Am 3. Oktober 1581 unterrichtet das Hofgericht Rottweil Schultheiß, Gericht und Gemeinde zu Bergen von Acht und Anleitung, und am 23. des Monats schickt Joseph einen Notar nach Bergen, der die Einweisung in den Besitz von Platz verlangt und im Weigerungsfall mit einer Klage in Rottweil droht, wie sie in anderer Sache bereits gegen die Gemeinde Seckbach geführt wird. Als der Schultheiß das nach Hanau berichtet, wenden sich die Vormünder am 25. Oktober mit einer Appellationsklage an das Reichskammergericht, das am 15. November in Rottweil die Prozeßunterlagen anfordert und eine vorläufige Aussetzung des Verfahrens verfügt.
Am gleichen Tag wird Joseph von der Appellationsklage unterrichtet und erhält eine Ladung, die ihm der Reichskammergerichtsbote laut seiner Aussage vom 26. November in seinem Haus in der Judengasse übergibt. Am 29. November erteilt Joseph einem Anwalt Prozeßvollmacht.
Am 3. Februar 1582 teilt Platz dem hanauischen Oberamtmann mit, daß er David zur goldenen Scheuer 107 fl. schuldig war, das Geld jedoch auf Weisung der Kanzlei Hans Metzger zu Rüdigheim bezahlen mußte. Nun fordert Joseph ein zweites Mal Bezahlung und hat Platz in Rottweil ächten lassen. Da er deshalb aus Bergen ausgewiesen worden ist, bittet er, ihm zur Lösung aus der Acht zu verhelfen. Am 27. März fordert das Hofgericht Rottweil Platz auf, sich bei Strafe aus der Acht zu lösen und wiederholt diese Aufforderung am 15. August.
Indessen bemühen sich die hanauischen Räte in Rottweil mehrfach vergeblich um die Überstellung der Prozeßakten an das Reichskammergericht. Dieses erhält die Akten erst am 13. Dezember 1582 und weist die hanauische Klage am 26. April 1583 wegen nicht fristgerecht erfolgter Aktenübergabe kostenpflichtig ab.
Dagegen erheben die hanauischen Vormünder am 8. Juni 1583 Einspruch, da die Schuld für die Verzögerung beim Hofgericht Rottweil liegt.
Am 3. Juli 1584 erteilt Joseph einem neuen Anwalt Prozeßvollmacht, weil sein bisheriger Vertreter gestorben ist.
Am 26. Juni 1589 unterrichtet der hanauische Prokurator zu Speyer Räte und Befehlhaber davon, daß möglicherweise mit einer Entscheidung des Reichskammergerichts zu rechnen ist, da zwei Juden seit etwa drei Wochen in Speyer sind, die offenkundig auf ein günstiges Urteil warten.
Tatsächlich bestätigt das Reichskammergericht am 4. Juli [n.St.] das Urteil vom 26. April 1583, und am 4. September [n.St.] verlangt der Fiskal zu Rottweil in Josephs Namen die Vollstreckung des Hofgerichtsurteils.
Dessen unerachtet weisen Räte und Befehlhaber den Schultheißen zu Bergen am 20. Dezember an, mit der Exekution des Rottweiler Urteils zu warten, bis die von Hans Metzger aus Rüdigheim in Speyer anhängig gemachte Appellationsklage gegen David zur goldenen Scheuer entschieden ist, da Metzger 100 fl. von Platz bekommen hat, die mit Davids strittiger Forderung zu verrechnen sind.
Am 10. Februar 1590 beschwert sich Metzger in Hanau, daß Joseph "mit falessem bederuckh" Geld aus seinen mit Arrest belegten Außenständen zu Eschersheim und Roßdorf an sich gebracht und sich auch an dem Besitz von Platz vergriffen hat. Metzger erbittet eine Abschrift des Urteils, das ihm vor einigen Jahren Josephs Außenstände zur Begleichung seiner Forderungen zugesprochen hat, damit er beim Reichskammergericht die Erstatttung der gepfändeten Kühe sowie von Geld und Fahrhabe einklagen kann.
Am 14. Februar unterrichtet der Schultheiß zu Bergen Räte und Befehlhaber zu Hanau davon, daß das Hofgericht Rottweil der Gemeinde mit Klage gedroht hat, wenn das zugunsten von Joseph ergangene Urteil nicht endlich vollstreckt wird. Er bittet um ein ausdrückliches Verbot tätig zu werden, damit es den Einwohnern zu Bergen nicht ergeht wie denen zu Seckbach.
Am 19. Februar berichtet der Schultheiß nach Hanau, daß er die Güter von Platz hat ausmessen und schätzen lassen.
Auf Bitten von Hans Metzger wird Platz am 11. April von der Kanzlei Hanau ein Armutszeugnis ausgestellt, damit er sich in Rottweil aus der Acht lösen kann.
Am 4. Mai bittet Platz Räte und Befehlhaber, Joseph zu veranlassen, mit ihm abzurechnen, worauf der Schultheiß zu Bergen am 8. Mai angewiesen wird, Joseph keinesfalls in die Güter von Platz einzuweisen, ehe er nicht eine ausreichende Abrechnung aller Forderungen und Kosten vorgelegt hat.
Am 25. August wiederholen die Räte diese Anweisung und unterstellen Joseph, daß seine Berufung auf eine angeblich bereits früher erfolgte, von der Kanzlei aber bestrittene Abrechnung nur dazu dienen soll, einen Betrug und die Tatsache zu verschleiern, daß die Forderungen an Platz längst durch Zahlung von Hans Metzger an David hinfällig geworden und diese Schulden beglichen sind.
Am 11. Juni 1591 übergibt Joseph der Kanzlei Hanau die verlangte Abrechnung. Danach ist die Hauptschuld von 132 1/2 fl. mit den erlaubten Zinsen von 1 Kreuzer pro Woche und Gulden auf 342 fl. 10 Batzen angewachsen. Dazu kommen weitere Gerichts-, Anwaltsund Botenkosten, darunter Ausgaben, die entstanden, als Platz Joseph die Bezahlung mit Wein angeboten hat, daran aber durch ein Weinausfuhrverbot der hanauischen Regierung gehindert wurde.
Weitere Angaben
Indizes
Personen
- Blatz (Platz), Urban, Einwohner von Bergen
- David, zur goldenen Scheuer zu Frankfurt am Main, später zu Diedenbergen, Sohn des Simon Wolf, Bruder des Wenzel zur goldenen Scheuer, des Israel zum Engel und des Uriel Wolf, verheiratet mit Haims Tochter Freidle, Schwiegervater des Joseph und Simon zur goldenen Scheuer und des Beifuß zur Waage
- Joseph, zur goldenen Scheuer zu Frankfurt am Main, Schwiegersohn des David zur goldenen Scheuer
- Metzger, Hans, Einwohner von Rüdigheim
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„Forderungen des Frankfurter Juden Joseph zur goldenen Scheuer an Urban Platz zu Bergen“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/5115_forderungen-des-frankfurter-juden-joseph-zur-goldenen-scheuer-an-urban-platz-zu-bergen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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