Pfändung der Juden zu Assenheim durch Graf Johann Georg von Solms
Stückangaben
Regest
Am 3. August 1567 berichtet der hanauische Keller zu Assenheim Räten und Befehlhabern, daß Graf Johann Georg von Solms die Assenheimer Juden wegen des seinen Dienern verweigerten Guldens hat pfänden lassen. In einer Klagschrift der vier Juden Gontuf, Heyum, Jostlen und Jostgen berichtet Gontuf am 4. August, daß er als einziger im Ort war, als Graf Johann Georg ankam. Man hat ihn zum solmsischen Keller gebracht, ihm gedroht, ihn nach Laubach ins Gefängnis zu führen, und ihn mehrere Stunden festgehalten, während die Judenhäuser geplündert wurden. In einem Verzeichnis sind die Verluste und Schäden der Juden festgehalten.
Bei Gontuf wurden sieben Rindshäute, eine Lade voll Seide und Seidenschnur, Männerkleider für 1 fl. und mehr, 7 Ellen reine Leinwand und ein Säckchen voll neuer leinener Frauensachen gepfändet. Außerdem hat man ihm ein Fäßchen voll Fensterscheiben ausgeschüttet und für mehr als 1 fl. Glas zertreten und den Hausrat an Hafen, Tellern, Schüsseln und Löffeln teils mutwillig zerstört, teils mitgenommen. Sein Schaden beläuft sich auf 10 fl.
Heyum hat man 1/2 Ohm Wein zusamt dem Faß, 2 Maß Butter, 1/2 Maß Gänseschmalz, einen Kupferkessel, der einen Eimer faßt, ein eisernes Becken, einen eisernen Kochtopf, einen Dolch und Glaserwerkzeug von insgesamt 5 fl. Wert abgenommen. Außerdem hat man ihm die Lade, in der sich seine Schuldbriefe und Kerbhölzer befanden, zerschlagen und diese zerstört und mitgenommen.
Jostlen hat zwei Gänse, 3 Pfund Zinn, 4 1/2 Pfund Blei sowie Sägen, Zirkel, Kloppelzangen und anderes Glaserwerkzeug eingebüßt. Dazu wurden ihm Öfen und vier Fenster zerschlagen und 300 venezianische Glasscheiben bis auf 25 sowie 5 Schaubgläser zertreten und Häfen, Löffel und Schüsseln zerschlagen, so daß sich sein Schaden auf 9 fl. beläuft.
Jostgen hat man Rindshäute für 2 fl., eine Waffe, 1 Maß Gänseschmalz und eine Schuldverschreibung über 13 fl. genommen und ihm einen abschließbaren Kastentisch im Wert von 3 Talern sowie den Ofen, drei Fenster, Hafen, Löffel und Schüsseln zerschlagen. Sein Schaden beträgt 12 fl.
Die Kanzlei vermerkt dazu, daß die solmsischen und isenburgischen Beschwerungen innerhalb der letzten acht Jahre die Juden immer wieder veranlaßt haben, aus Assenheim wegzuziehen. Laut Heyums Bericht haben Jacob, Isack, Salme, Gottschalck, Lew und Schmuel den Ort aus diesen Gründen verlassen.
Befehlhaber und Räte, die den Juden die erbetene Abzugserlaubnis nicht ohne Vorwissen der Vormünder geben wollen, empfehlen ihnen, mit der Auflage, keinen anderweitigen Schutz zu suchen, sich vorerst zu Freunden zu begeben, wenn sie in Assenheim für Leib und Leben fürchten.
Gleichzeitig beschließt die hanauische Regierung, Klage gegen Graf Johann Georg vor dem Reichskammergericht zu erheben. Am 10. September ergeht eine Ladung des Gerichts an Graf Johann Georg, der sich darauf am 4. Oktober auf sein Recht, den Gulden von den Assenheimer Juden zu fordern, beruft und darauf hinweist, daß Gontuf, der seinerzeit bei der Pfändung in Assenheim war, zugegeben hat, daß der Gulden gezahlt wurde, solange sich denken läßt. Im übrigen behauptet Graf Johann Georg, daß nur acht Rindshäute gepfändet wurden, die zur Wiedereinlösung beim Rat zu Assenheim hinterlegt werden sollen. Alle übrigen Plünderungsschäden und Verluste bestreitet er.
Beide Prozeßparteien beharren auf ihren gegenteiligen Standpunkten während des weiteren mit dem Reichskammergericht geführten Schriftwechsels, der am 30. Oktober 1574 endet, laut Prozeßprotokoll aber noch bis zum 17. September 1576 fortgesetzt wurde.
Archivangaben
Altsignatur
81 Regierung Hanau D 1 Nr. 78/1-2
Arcinsys-ID
Archivkontext
Indizes
Personen
- Gottschalk (Gottschalck), aus Altdorf [Pfalz?] zu Assenheim, später zum Bären zu Worms, verheiratet mit Gutglein
- Hayum (Heyum), Fleischhändler und Fenstermacher zu Assenheim, zeitweise zu Erbstadt, Bruder des Joseph, verheiratet mit Hendlein
- Isaac, aus Assenheim
- Jacob, zu Assenheim
- Jomtob (Gontuf), zu Assenheim, zeitweise in Bönstadt, Fenstermacher, Vater der Kölge
- Löw (Lew), aus Assenheim, später in Ostheim und Windecken, Sohn des Joseph zu Assenheim und der Rachel, verheiratet mit Güttle, Vater des Michel zu Natorp und Bornich
- Salomon (Salme), zu Assenheim
- Samuel (Schmuel), zu Assenheim, Schwager des Lew zu Friedberg
- Solms-Laubach, Johann Georg, von, Graf
- Joseph (Jostlen oder Jostgen), zu Assenheim, seit 1566 in Windecken, Bruder des Heyum, verheiratet mit Rachel, Vater des Michel und Lewe zu Ostheim
- Joseph (Jostlen oder Jostgen)
Orte
Sachbegriffe
- Abgaben
- Abzugsdrohungen
- Drohungen gegen Juden
- Gefängnis, Haftstrafen
- Gänsehaltung
- Butter (Handelsgut)
- Glas (Handelsgut)
- Gänseschmalz (Handelsgut)
- Häute, Felle (Handelsgut)
- Kleider (Handelsgut)
- Seide (Handelsgut)
- Tuch (Handelsgut)
- Waffen (Handelsgut)
- Wein (Handelsgut)
- Zinn (Handelsgut)
- Fenstermacher (Handwerk)
- Handwerkszeug
- Hausrat
- Kerbhölzer und -zettel
- Pfändung jüdischen Vermögens
- Plünderung
- Reichskammergericht
- Schutz
- Übergriffe, Tätlichkeiten gegen Juden
- Mitherrschaft
Siehe auch
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Orte
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Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Pfändung der Juden zu Assenheim durch Graf Johann Georg von Solms“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4297_pfaendung-der-juden-zu-assenheim-durch-graf-johann-georg-von-solms> (aufgerufen am 25.11.2025)
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