Klage der Windecker Juden über Belästigungen durch hanauische Untertanen
Stückangaben
Regest
Am 6. September 1569 beschweren sich die Windecker Juden bei Räten und Befehlhabern zu Hanau, daß sie jedesmal, wenn sie in Geschäften oder zum Fronen nach Bergen, Hochstadt, Bischofsheim, Kilianstädten oder Köbel müssen, von den Bauern und ihren Buben "angefochten, geschlagen oder gejagt werden". Vor allem in Bergen verlangen der Schmied und andere stets Würfel, und selbst wenn sie ihnen gutwillig gegeben werden, "dörffen sie unß doch darzu schlagen und jagen". Als der Windecker Totengräber am Vortag mit Frau und Sohn nach Frankfurt gehen wollte, um Farben und anderes einzukaufen, haben ihn Burschen von Bergen, die beim Ackern waren, überfallen und die Frau so zu Boden geschlagen, daß sie nach Bergen gebracht und vom Scherer für 4 Schilling verbunden werden mußte. Die Juden haben den Überfall in Abwesenheit des Schultheißen bei dessen Frau angezeigt und die Täter, soweit sie nicht bereits entlaufen waren, durch den Büttel feststellen lassen. Dann sind sie weiter nach Frankfurt gezogen, wo sie die verletzte Frau zurücklassen mußten, so daß man zur Zeit nicht weiß, "ob sie lebendig oder thodt" ist. Die Juden berufen sich auf ihren Schutz und bitten, die Belästigungen in den genannten Orten abzustellen und insbesondere den Schultheißen zu Bergen, der auf mehrfache Beschwerden keine Abhilfe geschaffen hat, anzuweisen, die am Überfall Beteiligten festzustellen und für eine Entschädigung der verwundeten Frau zu sorgen.
Am 7. September überschickt der Schultheiß zu Bergen die Liste der Täter. Es handelt sich um einen Knecht, der mit dem Pflugklöppel nach dem Juden geworfen, aber die Frau, die in den Wurf gelaufen ist, getroffen hat. Ein weiterer Knecht ist flüchtig. Der Knecht des Zentgrafen ist nur hinzugelaufen, um die anderen abzuhalten. Im übrigen versichert der Schultheiß, daß er seinen Amtsuntertanen stets befohlen hat, die Windecker Juden unbehelligt zu lassen, "aber wie ich bericht bin worden, haben es die juden daß mherer theil an sie pracht".
Am 8. September wird der Schultheiß angewiesen, die genannten Knechte bei ihrer Rückkehr ein bis zwei Tage in Haft zu nehmen und ihren Lohn zu pfänden, damit die Jüdin entschädig werden kann. Außerdem soll er in seinem Amt verkünden, daß man die Juden unbehindert ziehen lassen soll.
Archivangaben
Arcinsys-ID
Archivkontext
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS (Bezugsort)
Orte
- Hessische Flurnamen
- Historische Kartenwerke
- Topografie des Nationalsozialismus in Hessen
- Historisches Ortslexikon
- Synagogen in Hessen
- Topografische Karten
Personen
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Klage der Windecker Juden über Belästigungen durch hanauische Untertanen“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4432_klage-der-windecker-juden-ueber-belaestigungen-durch-hanauische-untertanen> (aufgerufen am 25.11.2025)
Kurzform der URL für Druckwerke
https://lagis.hessen.de/resolve/de/qjg/4432