Irrungen zwischen Frankfurt und Hanau wegen der Erhebung der Türkensteuer von den Frankfurter Juden
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Irrungen zwischen der Stadt Frankfurt und der Regierung Hanau wegen der Erhebung der Türkensteuer von den Frankfurter Juden
Am 18. November 1567 protestiert die Stadt Frankfurt bei Räten und Befehlhabern zu Hanau dagegen, daß die Frankfurter Juden nach Seckbach geladen und aufgefordert wurden, von ihren Außenständen in der Grafschaft zu jedem Ziel der Türkensteuererhebung von je 100 fl. 1 fl. zu zahlen.
Am 24. November 1567 ergeht auf Ansuchen der Stadt Frankfurt eine Ladung des Reichskammergerichts zum 28. Januar 1568 an die hanauischen Vormünder.
Am 13. September 1571 übergibt die Stadt dem Gericht eine Darlegung ihrer Rechtsposition hinsichtlich der widerrechtlichen Besteuerung der Frankfurter Bürger und Juden durch die hanauische Regierung. Demnach unterstehen die Juden mit all ihrem Besitz, wo immer er liegt, allein der Stadt, und nicht einmal der Kaiser oder König hat das Recht sie zu besteuern. So hat zwar seinerzeit Kaiser Friedrich III. von den Frankfurter Juden zur Auslösung seines Sohnes Maximilian in Flandern 1200 fl. gefordert, doch haben die Juden nicht bezahlt und sind, als sie Maximilian später deswegen vor das Kammergericht fordern ließ, freigesprochen worden. Somit haben auch die Grafen von Hanau nicht das Recht, die Juden zu besteuern. Dennoch haben sie mehrfach über dreißig Frankfurter Juden nach Seckbach geladen, dort von jedem für die vier Steuerziele zusammen 4 fl. von je 100 fl. verlangt und durch die Drohung, ihre Außenstände mit Arrest zu belegen, viele dazu gebracht, die geforderte Steuer gegen das ausdrückliche Zahlungsverbot der Stadt zu erlegen. Weigerten sich die Juden, hat sich die hanauische Regierung aus deren Forderungen selbst bezahlt gemacht.
In einer dem Gericht am 15. Oktober 1572 übergebenen Gegenerklärung stellen die hanauischen Anwälte fest, daß das Privileg Kaiser Maximilians [vom 27. August 1498] über die Besteuerung der Frankfurter Juden, auf das sich die Stadt beruft, nichts über den Besitz der Juden außerhalb des Frankfurter Stadtgebietes besagt. Sie verweisen auf die Reichsabschiede, wonach den Juden als Lästerern Christi "alle freiheiten benomen und ihnen keine freihe handthierung und conträct one sondere begnadung und zulassung der Obrigkeit, darunder sie gesessen, gestattet" ist. Ebensowenig sollen die Juden "ihrer wücherlichen vorteiligen und betrieglichen handthierung halben" steuerliche Vergünstigungen genießen oder als geborene Erbfeinde der Christen Vorteile vor diesen haben.
In einer weiteren Erklärung, die dem Gericht am 31. August 1581 übergeben wird, weisen die hanauischen Anwälte darauf hin, daß aufgrund der Reichsabschiede kein Stand "die gottlose verfluchte juden" auf seinem Gebiet zu dulden hat und jede Obrigkeit berechtigt ist, sie zu bestrafen, wenn sie ohne Geleit auf ihrem Territorium angetroffen werden.
Diese Ausfälle gegen die Juden und ihre Duldung beantwortet der Syndikus der Stadt Frankfurt am 7. Juli 1582 mit dem Bemerken, daß die Grafen von Hanau Juden in ihrer Herrschaft sehr wohl dulden und sie an einigen Orten sogar als Reichslehen besitzen. Unabhängig von den Privilegien der Stadt hält er es zudem für unangemessen und unzumutbar, daß den Juden ihre ausstehenden Forderungen, die doch "vil böß und ungewiß" sind, besteuert werden sollen, zumal sie von der hanauischen Kanzlei keinerlei Unterstützung bei der Eintreibung ihrer Gelder erfahren. Gegen diesen letzten Vorwurf der Rechtsverweigerung protestiert der hanauische Anwalt am 7. November. Er beharrt darauf, daß die Besteuerung der Schuldforderungen der Juden berechtigt ist, zumal der "verdampte wucher" der Frankfurter Juden die Untertanen der benachbarten Herrschaften ins Verderben und an den Bettelstab bringt.
Laut beigefügtem Prozeßprotokoll zieht sich der Streit um die Erhebung der Türkensteuer bis zum 14. September 1630.
Archivangaben
Altsignatur
81 Regierung Hanau D 1 Nr. 22 1/2-1
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„Irrungen zwischen Frankfurt und Hanau wegen der Erhebung der Türkensteuer von den Frankfurter Juden“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4326_irrungen-zwischen-frankfurt-und-hanau-wegen-der-erhebung-der-tuerkensteuer-von-den-frankfurter-juden> (aufgerufen am 26.11.2025)
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