Verordnung gegen das Leihen und Borgen bei Juden

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 26162  
Laufzeit / Datum
1566 März 12 - 1567
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest-Typ

Druck des Jahres 1566 und Konzept aus dem Jahr 1567

Regest

Verordnung gegen das Leihen und Borgen bei Juden
Mit Rücksicht auf die Verschuldung der hanauischen Untertanen bei den Juden, die dazu geführt hat, daß viele von ihren Gläubigern vor fremde Gerichte gezogen und dort Acht und Anleitung auf ihren Besitz erwirkt wurden, desgleichen zur Vermeidung der vielfach aus strittigen Forderungen erwachsenen Händel und schließlich aus der Verpflichtung einer jeden Obrigkeit, ihre Untertanen vor Schaden zu bewahren, zumal die Juden ohnehin "ein vorteilhafftigs, gena[ch] suchig, listig volck", untersagen die hanauischen Vormünder den Untertanen der Grafschaft am 12. März 1566 bei Strafe und Verlust von Hab und Gut, bei fremden oder inländischen Juden etwas aufzunehmen oder zu leihen oder gar Verschreibungen darüber auszustellen.
Benötigt jemand so dringend Geld, daß er gezwungen ist, es bei einem Juden zu leihen, soll er das dem zuständigen Amtmann anzeigen und, sofern dieser die angeführten Gründe für schwerwiegend genug hält, soll er den Antragsteller an die Kanzlei Hanau verweisen, damit die Schuldverschreibung dort ins Judenbuch eingetragen wird.
Der dabei erlaubte Zinssatz beträgt 1 Binger Heller pro Woche und Gulden. Die Schulden sind spätestens nach einem Jahr zurückzuzahlen oder, sofern das nicht möglich ist, erneut bei der Kanzlei anzugeben, wo sie dann nochmals eingetragen werden.
Ohne Geleit ist den Juden das Wandern oder Umherziehen in der Grafschaft untersagt.
1567 beklagen die Vormünder, daß die Frankfurter und andere Juden noch immer dem ihnen seinerzeit mitgeteilten Mandat von 1566 wie auch dem Reichsabschied von 1551 zuwiderhandeln, wonach Verträge mit Christen nur vor der jeweils zuständigen christlichen Obrigkeit geschlossen werden dürfen. Da aber die aufgrund des Mandats der Strafe verfallenen Christen und Juden unter Berufung auf ihre Unkenntnis immer wieder um Gnade gebeten haben, wird die Verordnung hiermit erneut publiziert.
Die Anzeige der geplanten Schuldgeschäfte beim Amtmann soll verhindern, daß Betrügereien durch Namensänderungen vorgenommen werden, wie sie unlängst vorgekommen sind, als Juden Schuldverschreibungen von Verstorbenen vorgelegt haben, die nachweislich eher Geld hätten ausleihen können als welches borgen zu müssen. Schuldverträge mit auswärtigen oder Frankfurter Juden sind im übrigen nur dann zu gestatten, wenn diese sich verpflichten, Streitigkeiten mit hanauischen Untertanen nur vor hanauischen Gerichten auszutragen und auf die Anrufung der Gerichte zu Frankfurt und Rottweil zu verzichten.

Weitere Angaben

vgl. auch HStAM Amtsdrucksachen II A 4c

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Verordnung gegen das Leihen und Borgen bei Juden“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4151_verordnung-gegen-das-leihen-und-borgen-bei-juden> (aufgerufen am 25.11.2025)

Kurzform der URL für Druckwerke

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