Überfall auf den Assenheimer Lehrer David

HStAM 86 Nr.  
Laufzeit / Datum
1558 Februar 4 - 1559 Februar 1
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Überfall auf den Assenheimer Lehrer David
Am 4. Februar berichtet der Assenheimer Jude Joseph Graf Philipp von Hanau, daß Feinhen von Assenheim vor etwa vier Wochen David, den Lehrmeister seiner Kinder, auf dem Weg von Friedberg nach Assenheim 1#Die Angaben über die Wegrichtung widersprechen sich. bei Fauerbach angehalten und Würfel verlangt hat. Da David keine Würfel bei sich hatte, hat er ihn trotz des Versprechens, ihm die Würfel nach der Rückkehr nach Assenheim zu geben, mit bewaffneter Hand überfallen, so daß David zur Gegenwehr gezwungen war, schließlich aber fliehen mußte. Beim Gerichtstag zu Wöllstadt hat der solmsische Keller Feinhen mit einem halben Taler gebüßt, obgleich die übliche Buße in solchen Fällen 6 Schilling beträgt. David aber ist vom Keller am 3. Februar aus Josephs Haus geholt und in den Turm geworfen worden, wobei auch Joseph mit der Verhaftung gedroht wurde.
Am 6. Februar fordert Graf Philipp von dem solmsischen Keller Davids Freilassung und beschwert sich zugleich über eine ungerechtfertigte Pfändung seiner Juden zu Assenheim.
Darauf antwortet Graf Friedrich Magnus von Solms am 8. Februar, daß die Pfändung erfolgt ist, weil die Juden sich geweigert haben, die früher stets von ihnen gezahlte Türkensteuer zu entrichten. Sie können die Pfänder auslösen, wenn sie die Steuer bezahlen, wie dies auch die Juden zu Friedberg und Münzenberg tun mußten. Unter Berufung auf einen zwischen denen von Falkenstein und Hanau geschlossenen Vergleich, der ihm noch weit größere Rechte an den Assenheimer Juden einräumt, verweist Graf Friedrich Magnus darauf, daß der Vorfall auch die Grafen von Isenburg als Mitherren angeht. Was David betrifft, so soll er freigelassen werden, sobald er die Buße dafür, daß er auf solmsischem Gebiet einen Christen mit bewaffneter Hand überfallen hat, entrichtet hat. Eine gleiche Buße wäre auch von einem christlichen hanauischen Untertanen gefordert worden, und ist also um so eher von einem "solichen lantleiffer und gottlosen juden, welcher Cristum unsern gemein Erlöser, Euer Liebden und ale di iren, sampt alen denjenigen, so an Cristum gleiben, verflucht und lestert", zu verlangen.
Am 10. Februar berichtet der hanauische Keller zu Assenheim, daß Feinhen sich weigert, sich vor der Kanzlei Hanau zu verantworten, und überschickt die Aussagen der Juden Salomon und Joseph von Assenheim, die David auf seinem Weg nach Friedberg 1#Die Angaben über die Wegrichtung widersprechen sich.) ein Stück begleitet haben, dann aber nach Dorheim abgebogen sind. Als sie kurz darauf Geschrei hörten, sind sie umgekehrt und haben gesehen, daß sich Feinhen und David beide mit bloßer Waffe gegenüberstanden und bekämpften. Sie haben die Streitenden getrennt, und Salomon hat Feinhen, der Würfel und zwar vor allem solche mit roten Augen verlangt hatte, um des Friedens willen drei Würfel zugeworfen.
Am 12. Februar protestiert Graf Philipp von Hanau bei Graf Friedrich Magnus von Solms gegen dessen Ansprüche an die Assenheimer Juden und beruft sich auf seine Belehnung durch den Kaiser.
Am 18. Februar antwortet Graf Friedrich Magnus, daß es nicht angeht, in Assenheim eine unterschiedliche Jurisdiktion für Christen und Juden zu schaffen. Er will Hanau in Assenheim nicht mehr Rechte an den Juden zugestehen als in Friedberg und Münzenberg, verlangt, daß die isenburgischen Mitherren in der Sache ebenfalls gehört werden. und fordert von den Juden die Zahlung der Schatzung wie früher auch. Davids Verhaftung ist zu Recht und ohne vorausgehende Bußforderung erfolgt, weil er sich als ein besitzloser Landstreicher der Strafe sicher entzogen hätte, auch ist es nicht unbillig, daß "gegen juden als unsern erbfeinden herter gehandelt" wird als gegen Christen.
Am 27. Februar berichtet Joseph, daß David zehn Tage in einem unterirdischen Gefängnis gehalten wurde, bis er dem Tode nahe war, so daß man ihn heraufholte, aber weiter in Eisen hält. Seinen zwei Wächtern muß Joseph die Zehrung sowie 2 Taler bezahlen, und überdies verlangt der Keller 30 fl. Strafe und eine solche Urfehde. daß sich kein Bürge dafür finden läßt. Zahlt David nicht bis zum 27. Februar, soll er wieder in das unterirdische Verließ gebracht werden, wo er sterben wird. Da David außer seinem Verdienst nichts besitzt, hat er sich erboten, dem Keller 10 fl. zu geben, die er bei den anderen Juden zu leihen und zu erbetteln hofft, doch hat der Keller dies Angebot abgelehnt. Joseph klagt, daß der Keller sich auch gegen ihn schon vergangen und ihm vor etwa einem Jahr einen Rock aus seinem Haus geholt hat, den er dann auf dem Rathaus in einem Ofen verbrannt und sich dabei so vor den Ofen gestellt hat, daß niemand den Rock aus dem Feuer holen konnte.
Mitte Oktober 1558 entscheidet die Kanzlei Hanau, daß Feinhen 10 fl. Buße zahlen soll, weil er den Juden geschlagen und das gräfliche Gebot verachtet hat. Am 1. Februar 1559 wird Feinhens Bitte vom 31. Januar um Erlaß der Buße abgeschlagen.

Archivangaben

Altsignatur

86 Hanauer Nachträge Nr.α 673 Bl. 40-56, 69-71, Nr. 17250.

Arcinsys-ID

Archivkontext

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Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Überfall auf den Assenheimer Lehrer David“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/3869_ueberfall-auf-den-assenheimer-lehrer-david> (aufgerufen am 25.11.2025)

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