Ereignis
Was geschah
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden in vielen deutschen Städten Personenstandbilder zur Erinnerung an die auf Martin Luther (1483–1546) zurückgehende Reformation errichtet. Als das größte Denkmal dieser Art gilt das 1868 in Worms eingeweihte kolossale Luther-Denkmal.
1856 hatte sich in der Stadt auf Initiative des Dekans Eduard Franz Keim (1801–1880) und des Gymnasiallehrers Dr. Friedrich Eich ein Lutherdenkmalverein konstituiert, der unter der Schirmherrschaft von Großherzog Ludwig III. von Hessen und bei Rhein (1806–1877) erfolgreich Spenden aus dem In- Ausland für die Errichtung des Monuments einwarb. Zwei Jahre später konnte der Auftrag an Ernst Rietschel (1804–1861) einen bedeutenden Bildhauer des Spätklassizismus vergeben werden, der umgehend Entwürfe vorlegte und bis zu seinem Tode 1861 vor allem am Luther-Standbild arbeitete. Für die weitere Ausarbeitung der Figuren und Reliefs waren seine Schüler Adolf von Donndorf (1835–1916), Johannes Schilling (1828–1910) und Gustav Adolph Kietz (1824–1908) verantwortlich.
Zentrales Hauptmotiv ist die Figur Luthers in seiner Rolle auf dem Reichstag zu Worms von 1521, als er vor Kaiser Karl V. seine Thesen verteidigte. Die Statue des zugleich standhaften und kämpferischen Reformators im Talar war für die Lutherdarstellung im ausgehenden 19. Jahrhundert prägend und wurde für zahlreiche Lutherdenkmäler – unter anderem auch in Nordamerika – nachgegossen. Die Figuren, die ihn umgeben, verkörpern teils historische, teils allegorische Gestalten aus der Geschichte des Protestantismus. Neben den vier Vorreformatoren Jan Hus, Savonarola, Petrus Waldis und John Wyclif an den Ecken des Hauptpodestes verkörpern die vier Standbilder von Landgraf Philipp von Hessen, Philipp Melanchthon, Kurfürst Friedrich von Sachsen und Johannes Reuchlin auf den Ecken des Plateaus zeitgenössische Unterstützer des Reformators. Ergänzt werden diese durch drei sitzende Frauenfiguren, die die Städte Augsburg, Speyer und Magdeburg repräsentieren.
Zu den insgesamt drei Tage dauernden Festlichkeiten kamen rund 100.000 Besucher in die Stadt. Bei der feierlichen Enthüllung des Denkmals in Sichtweite des Domes am 25. Juni 1868 – dem Jahrestag der Übergabe der Augsburger Konfession von 1530 – waren als Ehrengäste zahlreiche regierende protestantische Fürsten, darunter der spätere Kaiser Wilhelm I. (1797–1888) zugegen.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Camilla Schneider, Die Lutherdenkmäler zwischen 1817 und 1917.Denkmalforschung, Lutherrezeption und protestantische Erinnerungskultur, Berlin 2023, S. 116-135
- Christiane Theiselmann, Das Wormser Lutherdenkmal Ernst Rietschels (1856–1868) im Rahmen der Lutherrezeption des 19. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1992
Weiterführende Informationen
- Bildindex der Kunst und Architektur, Fotos
- Friedrich Eich (Hg.), Gedenkblätter zur Erinnerung an die Enthüllungsfeier des Luther-Denkmals in Worms am 24., 25. und 26. Juni 1868, Worms 1868
- Wikipedia: Lutherdenkmal (Worms) (eingesehen am 21.11.2024)
- Wikipedia: Lutherdenkmal
- regionalgeschichte.net: Das Lutherdenkmal in Worms
Kalender
Siehe auch
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Personen
- Hessische Biografie: Eich, Johann Friedrich
- Hessische Biografie: Keim, Eduard
- Hessische Biografie: Ludwig III., Hessen-Darmstadt, Großherzog
Quellen und Materialien
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Festliche Enthüllung des Luther-Denkmals in Worms, 25. Juni 1868“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/7646_festliche-enthuellung-des-luther-denkmals-in-worms> (aufgerufen am 25.11.2025)
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