Frankfurter Hauptbahnhof in Betrieb genommen
Ereignis
Was geschah
Im Zuge der Anlegung der ersten hessischen Bahnlinien, Taunusbahn, Main Neckar-Bahn und Main-Weser-Bahn waren in Frankfurts Westen an der Gallusanlage drei getrennte Kopfbahnhöfe entstanden. 1839 wurde nach Plänen von Ignaz Opfermann (1799–1866) der Taunus-Bahnhof errichtet, der Main-Neckar-Bahnhof ging 1848, der Main-Weser-Bahnhof 1850 in Betrieb.
Mit der rapiden Zunahme des Verkehrsaufkommens wurde in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts deutlich, dass die Kapazität der drei Westbahnhöfe nicht mehr ausreichte. 1860 legte der Eisenbahningenieur Justus Kramer (1817–1892) die ersten Entwürfe für ein neues Stationsgebäude vor und eröffnet damit die langwierige Diskussion um eine neue Verkehrsplanung. Da der neue Zentralbahnhof alle bestehenden Bahnlinien vereinigen sollte, wurde zunächst von 34 Bahngleisen ausgegangen, im Laufe der Planungen konnte man aber den Umfang auf 18 Gleise reduzieren.
Im Dezember 1871 wurden dem Ministerium in Berlin Vorschläge für einen neuen Personenhauptbahnhof vorgelegt, der anstelle der drei Westbahnhöfe die preußischen Staatsbahnen sowie die Homburger Bahn und die Hessische Ludwigsbahn beherbergen sollte. Nach weiteren Verhandlungen legte man 1876 fest, dass der Hauptbahnhof westlich der Stadt auf dem ehemaligen Galgenfeld errichtet werden sollte. Auf der Grundlage eines konkreten Raumkonzeptes erfolgte 1880 die Ausschreibung eines Wettbewerbs der Preußischen Akademie für Bauwesen in Berlin, der erste Architektenwettbewerb für einen Bahnhofsbau in Deutschland.
Von den insgesamt 55 Entwürfen wurde 1881 der Entwurf des Straßburger Regierungsbaumeisters Hermann Eggert (1844–1920) mit dem 1. Preis ausgezeichnet, den man 1883 auch mit der Bauleitung beauftragte. Ihm wurde allerdings auferlegt, einige Ideen aus dem beim Wettbewerb mit einem 2. Platz bedachten Aachener Architekten Georg Frentzen (1854–1923) einzuarbeiten. Die Konstruktion der Perronhallen entwarf Johann Wilhelm Schwedler (1823–1894), einer der führenden Ingenieure seiner Zeit auf dem Gebiet der Eisenkonstruktion.
Der monumentale Bau im Stil der Neorenaissance bestand aus dem Empfangsgebäude, das von zwei Seitenflügeln ergänzt wurde, die die dreischiffige Perronhalle einfassten. Die schon an der Fassade ablesbare Dreiteilung der tonnengewölbten Bahnsteighallen (Spannweite jeweils 56 m) entsprach der ursprünglichen Nutzung durch drei Eisenbahngesellschaften. Vestibül und Empfangshallen wurden prunkvoll mit Marmor und Stuck dekoriert.
Für den programmatischen plastischen Bildschmuck der Fassaden wurde 1884 ein eigener Wettbewerb ausgeschrieben. Der Bildhauer Gustav Kaupert (1819–1897), seinerzeit Professor an der Städelschule, schuf die Sandsteinfiguren von ‚Tag‘ und ‚Nacht‘, die die riesige Uhr über dem Haupteingang einrahmen. Die bekrönende Figurengruppe des die Erdkugel tragenden Atlas, unterstützt von Dampf und Elektrizität, von Gustav Herold (1839–1927) geschaffen, wurde erst am 1. Mai 1889 auf das Gebäude gesetzt.
Am 18. August 1888 konnte nach nur fünf Jahren Bauzeit der ‚Centralbahnhof Frankfurt‘, der damals größte Personenbahnhof Europas, in Betrieb genommen werden.
Zwischen dem Bahnhof und der Innenstadt entstand zwischen 1888 und 1914 das Bahnhofsviertel, geprägt durch mehrere breite Boulevards, die von Wohnhäusern in den verschiedenen Spielarten des Historismus gerahmt wurden.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Volker Rödel, Der Hauptbahnhof zu Frankfurt am Main. Aufstieg, Fall und Wiedergeburt eines Großstadtbahnhofs, Stuttgart 2006
- Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 274 f.
- Thomas Klein, Zeitungsberichte des Regierungspräsidenten in Wiesbaden, Bd. 1, Darmstadt u. a. 1996, S. 493
Weiterführende Informationen
- Bildindex der Kunst und Architektur, Fotos
- Birgit Klein, Der Frankfurter Hauptbahnhof und seine Rezeption im deutschen Bahnhofsbau des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Diss. Marburg 2002
- Wikipedia: Hauptbahnhof Frankfurt (eingesehen am 19.11.2021)
- Wikipedia: Georg Frentzen (eingesehen am 18.8.2023)
Kalender
Siehe auch
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Frankfurter Hauptbahnhof in Betrieb genommen, 18. August 1888“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6744_frankfurter-hauptbahnhof-in-betrieb-genommen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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