Erlass Kurfürst Wilhelm II. zur Stadterweiterung Kassels
Ereignis
Was geschah
Am 26. Juli 1826 verfasst Kurfürst Wilhelm II. (1777–1847) eine Order zur Erweiterung der Residenzstadt Kassel mit Anlegung einer neuen Hauptstraße. Die neue „Wilhelmsstadt“ soll sich westlich des Garde-du Corps-Platzes und des Königsplatzes erstrecken und eine einheitliche Bauform zeigen. Zielgruppe war die wohlhabende Bürgerschaft der Stadt, wie etwa Beamten, Kaufleute und Handwerker.
Die zentrale „Wilhelmsstraße“ wurde als „Friedrich-Wilhelm-Straße“ (heute Ständeplatz) erst zu Beginn der 1830er Jahre verwirklicht, als sich der kurhessische Prinzregent Friedrich Wilhelm (1802–1875) für das Bauvorhaben engagierte. Der 1833 genehmigte und für dreißig Jahre maßgebliche Entwurf von Hofbaudirektor Julius Eugen Ruhl (1796–1871) konzipierte ein neues, regelmäßig gegliedertes Quartier nordwestlich der für die Hugenotten angelegten Oberneustadt. Der in vielen Zeichnungen dokumentierte Bebauungsplan enthielt zwei Boulevards und eine sternförmige angelegte Platzanlage, den „Friedrich-Wilhelms-Platz“ (heute Philipp-Scheidemann-Platz), innerhalb eines geometrischen Straßenrasters.
Das neue repräsentative Ständehaus im Stil der Neorenaissance, das in einem ersten Entwurf noch im Zentrum des großen Platzes vorgesehen war, erhielt 1836 seinen endgültigen Platz im Zentrum des neuen Stadtteils auf der Westseite der Friedrich-Wilhelms-Straße, dem heutigen Ständeplatz. In seiner Nähe entstanden später die Landeskreditkasse (1869) sowie das Haus des Kasseler Kunstvereins (1871) und das Polytechnikum (1873).
Insgesamt wurde nur ein kleiner Teil der von Julius Eugen Ruhl und seinen Mitarbeitern vorgelegten detaillierten Bebauungspläne tatsächlich verwirklicht. Die Bebauung an der Friedrich-Wilhelms-Straße und dem umgebenden Straßensystem schritt vielmehr nur zögerlich voran. Erst Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich eine geschlossene Bebauung entwickelt.
(UH)
Bezugsrahmen
Indizes
Nachweise
Literatur
- Siegfried Lohr, Planungen und Bauten des Baumeisters Julius Eugen Ruhl. Ein Beitrag zur Baugeschichte Kassels und Kurhessens im 19. Jahrhundert, Darmstadt 1984, S. 15
- Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirk Cassel, Bd. 6: Kreis Cassel-Stadt, Teil 1, bearb. von Alois Holtmeyer, Marburg 1923, S. 59 f.
Weiterführende Informationen
- HStAM Bestand 16 Nr. 10977: Vergrößerung und Verschönerung der Residenzstadt Kassel, 1826–1836
- HStAM P II 13245/001: Kassel, Entwurf zur westlichen Stadterweiterung, 1830/1833
- Kassel, Entwurf zur westlichen Stadterweiterung, 1833, HStAM P II 21568/001
- Kassel, Entwurf zur Bebauung an der Friedrich-Wilhelms-Straße (Quartier G.), Serie, 1836, HStAM P II 09561
Kalender
Siehe auch
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Erlass Kurfürst Wilhelm II. zur Stadterweiterung Kassels, 28. Juli 1826“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6193_erlass-kurfuerst-wilhelm-ii-zur-stadterweiterung-kassels_erlass-kurfuerst-wilhelm-ii-zur-stadterweiterung-kassels> (aufgerufen am 26.11.2025)
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