Regelungen der hanauischen Vormundschaftsregierung zum Geldverleih und Handel der Juden in der Grafschaft Hanau
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Die hanauische Vormundschaftsregierung stellt unter anderem fest, daß die Untertanen "durch die jüden zu Franckfurt mit rottweilischen proceßen, acht und anlaitungen zum hoechsten und eussersten verderbt undt beschwerdt" werden. Deshalb werden die Schultheißen, vor allem die in den Ämtern Bornheimer Berg, Bücherthal und Windecken, angewiesen, die Untertanen anzuhalten, ihre Schulden anzuzeigen. Sobald entsprechende Verzeichnisse vorliegen, sollen die Frankfurter Juden aufgefordert werden, Listen ihrer Außenstände einzureichen, damit sie vor der Kanzlei Hanau mit ihren Schuldnern verglichen werden können. Zugleich ist der Stadt Frankfurt und ihren Juden bekanntzugeben, daß ihnen der Geldverleih an hanauische Untertanen künftig untersagt und es den Untertanen bei Leibesstrafe und Verlust ihrer Habe verboten ist, Geld bei den Juden zu leihen, sofern es ihnen der Amtmann nicht in Fällen dringender Not erlaubt. Der dann gestattete Zinssatz beträgt 1 Binger Heller pro Woche und Gulden. Wird die Schuld nicht nach spätestens einem Jahr zurückgezahlt, hat ein neuer Eintrag im amtlichen Judenschuldbuch zu erfolgen.
Zieht ein Jude verbotenerweise ohne Geleit durch die Grafschaft Hanau, soll er "sein ebentheur darüber besehen". Die hanauischen Juden haben ihre Schutzbriefe alle drei Jahre zu erneuern.
Wird ein hanauischer Untertan auf Antrag eines Juden vom Hofgericht Rottweil geächtet, muß ihn der Schultheiß seiner Gemeinde zwar ausweisen, doch hat er dafür zu sorgen, daß, sofern dem Juden die Anleitung auf den Besitz des Geächteten erteilt wurde, niemand diese Güter kauft, sie für den Juden bebaut oder sie sonst von ihm übernimmt, "ob man damit die jüden blödt machen [kann], desto ein leidlichers von den undterthanen anzunehmen". Zugleich soll der Rat zu Frankfurt gebeten werden, die Juden zu bewegen, ihre Schuldner gegen die Zusage, daß ihnen in Hanau zur Bezahlung verholfen werden soll, aus der Acht zu entlassen, da sie von den ausgewiesenen Geächteten doch nichts zu erwarten haben.
Die von den Grafen von Solms und Königstein erlassene Münzenberger Judenordnung soll, da sie die hanauischen Privilegien verletzt, ohne Antwort bleiben. Bestehen die Mitherren zu Münzenberg jedoch auf einer Antwort, ist ihnen mitzuteilen, daß noch keine entsprechende Weisung der Vormünder vorliegt.
Da die Stadt Hanau sich beschwert hat, daß die Juden an den Markttagen "essenspeiß den Christen nicht zu geringem abbruch verkauffen", wird beschlossen, daß nach dem Aufstecken des Marktfähnleins die Juden eine Stunde lang weder kaufen noch verkaufen dürfen. In gleicher Weise soll in Windecken verfahren werden, wo man sich ebenfalls beschwert hat. Außerdem wird aufgrund laut gewordener Klagen den Windecker Juden untersagt, sonntags Hantierungen zu treiben, ihre Häuser zu verlassen und ihre Toten zu bestatten. Auch sollen sie ohne amtliche Genehmigung keine fremden Juden bei sich aufnehmen, ihre Häuser nicht untereinander tauschen und keinen Wein einlagern. Vom Wein, den sie für sich verbrauchen und verschenken, sollen sie dem Keller pro Fuder 6 fl. zahlen. Das gleiche Weinungeld sollen die Juden zu Assenheim, Hochstadt, Kesselstadt, Marköbel, Ostheim und Rumpenheim zahlen.
Zur Abtragung der herrschaftlichen Schuldenlast haben die Juden einen Beitrag von 600 bis 800 fl. zu leisten.
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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
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„Regelungen der hanauischen Vormundschaftsregierung zum Geldverleih und Handel der Juden in der Grafschaft Hanau“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/6453_regelungen-der-hanauischen-vormundschaftsregierung-zum-geldverleih-und-handel-der-juden-in-der-grafschaft-hanau> (aufgerufen am 25.11.2025)
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