Forderungen des Frankfurter Juden Wenzel zur goldenen Scheuer an Hans Müller und seine Witwe zu Hochstadt

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 26599  
Laufzeit / Datum
1559 Dezember 12 - 1563 März 29
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 12. Dezember 1559 bekundet Hans Müller aus Hochstadt, daß er bei dem Frankfurter Juden Wenzel zur goldenen Scheuer 40 fl. geliehen hat, die er mit einem Pfennig pro Woche und Gulden verzinsen und im Herbst zurückzahlen will.
Am 6. Juni 1561 fordern die hanauischen Räte und Befehlhaber beim Hofgericht Rottweil die Remission der von Wenzel gegen Anna, die Witwe des Hans Müller (Moler gen. Heerkessel) anhängig gemachten Klage. Als die Remission am 17. Juni erfolgt, wird Wenzel mit Erteilung von Geleit zum 29. Juni vor das Hanauer Gericht geladen, doch wird die Verhandlung auf seine Bitte auf den 14. August vertagt. Zu diesem Termin erscheint Wenzel und fordert unter Berufung auf die Verschreibung vom 12. Dezember 1559 Bezahlung.
Den folgenden Gerichtstermin am 5. September kann Wenzel nicht wahrnehmen, weil er nicht in Frankfurt ist, und als er zum 5. Oktober geladen wird, bittet er um Vertagung, weil er im Rheingau "herbst halten" muß.2#Dieses Schreiben trägt das aufgedrückte Siegel des Ausstellers.
Nach einer Reihe weiterer Tagsetzungen, zu denen Wenzel nicht erscheint, wird Anna am 27. Januar 1562 freigesprochen und Wenzel zur Übernahme der Kosten verurteilt. Darauf wendet er sich am 2. März mit einer Appellationsklage an das Reichskammergericht.
Am 9. April 1562 wird Wenzel zu Verhandlungen über Annas Entschädigungsforderungen nach Hanau geladen, teilt den Räten am 4. Mai aber mit, daß er nicht kommen kann, weil der Tag "in unser pfingstfest gerathen" und weder er noch seine Bevollmächtigten in dieser Zeit etwas unternehmen können.
Am 2. Juni unterrichtet das Hofgericht Rottweil Müllers Witwe davon, daß Wenzel sie wegen einer Forderung von 150 fl. verklagt hat, weil ihm nach der ersten Remission in Hanau nicht zu seinem Recht verholfen wurde, und lädt sie zum 28. Juli. Dagegen protestieren die hanauischen Räte am 20. Juli und verlangen die erneute Remission der Klage. Sie verwahren sich gegen den Vorwurf der Rechtsverweigerung und erklären, daß Wenzel nach der Rückweisung seiner ersten Klage am 17. Juni 1561 Geleit und eine Vorladung nach Hanau erhalten hat, zum Gerichtstag aber ganz unvorbereitet erschienen ist und nur um Verschiebung des Termins gebeten hat. Beim zweiten Gerichtstag hat er 40 fl. von der Witwe gefordert, ist zum dritten Termin nicht erschienen und hat das Verfahren in der Folge durch Bitten um Vertagung, Entsendung ungenügend legitimierter Anwälte und sein Nichterscheinen so lange verzögert, bis die Witwe schließlich freigesprochen und Wenzel zur Übernahme der Kosten verurteilt wurde. Seine Appellation beim Reichskammergericht gegen dieses Urteil ist abgewiesen worden. Wenzels "betrugliche handelung und erdicht furgeben" zeigt sich auch daran, daß er in Rottweil statt der urpsrünglich geforderten 40 jetzt 150 fl. eingeklagt hat.
Am 29. Juli bestätigt das Hofgericht Rottweil die erste Remission und weist Wenzels Klage wieder nach Hanau zurück. Das dortige Hofgericht lädt ihn am 14. August mit Erteilung von Geleit zum 15. September und verurteilt Wenzel nach Prüfung der von Müllers Witwe vorgelegten Kostenrechnung am 17. August zur Zahlung der aufgelaufenen Verfahrenskosten von 20 fl. 4 Schilling 7 Denar.
Am 18. August schickt Wenzel die an ihn ergangene Ladung nach Hanau zurück und bittet um einen neuen Termin, da er am 10. September seines verstorbenen Schwiegervaters wegen vor der Marburger Kanzlei erscheinen soll.2#Dieses Schreiben trägt das aufgedrückte Siegel des Ausstellers.
Am 28. August wird Wenzel zum 5. Oktober geladen und, da er nicht erscheint, noch einmal zum 14. Oktober. Am 7. Oktober berichtet der Gerichtsbote, daß Wenzel versprochen hat, nach Hanau zu kommen. Am 12. Oktober teilt er der Kanzlei jedoch mit, daß er in den Rheingau "in herbst" muß, und bittet, weil es ihm nicht mehr möglich war, die Vollmachten für einen Vertreter zu besorgen, um einen neuen Termin. Auf eine Ladung zum 3. November entschuldigt er sich mit Unabkömmlichkeit während des Wahltags zu Frankfurt. Als er am 1. Januar 1563 zum 16. des Monats geladen wird, bittet seine Frau um Vertagung. Am 1. Februar wird er zum 8. des Monats geladen, doch berichtet der Bote am 1. Februar, daß Wenzel nicht in Frankfurt ist und wohl während der nächsten drei Wochen nicht nach Hause kommen wird.
Am 8. Februar 1563 wird Wenzel zum 1. März geladen, der Termin jedoch auf sein Ansuchen am 26. Februar auf den 22. März verlegt. Als er nicht erscheint, wird eine neuerliche Ladung beschlossen. Am 29. Mai ersuchen Räte und Befehlhaber zu Hanau die Stadt Frankfurt, das am 17. August 1562 ergangene Urteil zu vollstrecken und Wenzel zu veranlassen, Müllers Witwe die Verfahrenskosten zu bezahlen.

Weitere Angaben

Die unter Nr. 1499 als verloren gemeldeten Prozeßakten fanden sich bei der abschließenden Durchsicht der noch unverzeichneten Pakete des Bestandes 86 Hanauer Nachträge. Vgl. auch Regest Nr. 1499

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Forderungen des Frankfurter Juden Wenzel zur goldenen Scheuer an Hans Müller und seine Witwe zu Hochstadt“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/6416_forderungen-des-frankfurter-juden-wenzel-zur-goldenen-scheuer-an-hans-mueller-und-seine-witwe-zu-hochstadt> (aufgerufen am 26.11.2025)

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