Tätliche Auseinandersetzung zwischen drei Goldschmiedegesellen und Juden in Worms
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Regest
Stadtmeister, Bürgermeister und Rat zu Worms übersenden Gräfin Helene von Hanau die protokollierte Aussage der beiden aufgrund einer Klage des Juden Gumprecht von Kesselstadt in Worms festgenommenen Goldschmiedegesellen und erklären, daß man die beiden nicht länger als bis allenfalls zum 24. Juni festhalten kann. Innerhalb dieser Zeit muß sich Gumprecht entscheiden, ob er, wie man hofft, auf weitere Forderungen verzichten oder auf der Strafverfolgung bestehen will.
Bei der Vernehmung haben die Verhafteten erklärt, daß sie an einem Montagabend zusammen mit einem dritten Goldschmiedegesellen in die Judengasse gegangen sind, um dort wie andere auch der Juden "ceremonien in der schuln und sonsten" anzusehen. Dabei hat der dritte ziemlich bezechte Geselle einer Jüdin ein Buch, das sie vor sich hatte, abgenommen und behauptet, auch darin lesen zu können. Sie haben ihn aufgefordert, das Buch zurückzugeben, als ein fremder Jude herbeigelaufen kam und, als der Bezechte sich etwas gesperrt hat bei der Herausgabe des Buches, mit beiden Fäusten an die in der Scheide steckende Wehr gefahren ist, so daß der erzürnte Geselle blank gezogen hat, um sich den Juden vom Leibe zu halten. Darauf sind die anderen Juden in der Meinung, einer der Ihren sollte ermordet werden, zusammengelaufen, "wi ir brauch ist", und haben mit Steinen geworfen und mit Stangen gestoßen, so daß auch die beiden anfangs am Streit ganz unbeteiligten Gesellen sich mit ihren Waffen ihres Lebens wehren mußten.
Als am letzten Dienstag der Verursacher des Streits aus Worms weggezogen ist, hat der Jude Gumpel die beiden anderen Gesellen vor den Rat der Stadt laden lassen und geklagt, daß sie ihn unter Bruch des Geleits in der Judengasse angegriffen hätten, wobei er "im hinlaufen auß dem busen" 10 Taler verloren hat, die er von den Gesellen zurückfordert, gleich ob sie oder andere das Geld genommen haben.
Die Gesellen geloben, sich für einen Vergleich mit Gumpel zur Verfügung zu halten und bitten um ein beschleunigtes Verfahren, damit sie sich von dem Vorwurf des versuchten Mordes und Diebstahls reinigen können und ihnen durch einen längeren Aufenthalt keine Kosten entstehen.
Weitere Angaben
Bl. 4, 40-42
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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
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„Tätliche Auseinandersetzung zwischen drei Goldschmiedegesellen und Juden in Worms“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4160_taetliche-auseinandersetzung-zwischen-drei-goldschmiedegesellen-und-juden-in-worms> (aufgerufen am 25.11.2025)
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