Tätlichkeiten reisiger Knechte gegen die Juden zu Münzenberg

HStAM Protokolle Nr. II Hanau A 2c Bd. 1  
Laufzeit / Datum
1565 Januar 17 - 29
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 17. Januar 1565 berichtet der hanauische Keller zu Münzenberg dem Amtmann zu Windecken, daß Knechte des Eberhard von Bellersheim und des Hartmann von Muschenheim nach einem Zechgelage auf dem Rathaus in der vergangenen Nacht zwischen zwei und drei Uhr vor das dem Bruder des Kellers gehörende Haus des Juden David gezogen sind, ihn herausgeklopft und ein halbes Viertel Wein verlangt haben. Als David sie freundlich gebeten hat, sich entweder bis zum Morgen zu gedulden oder einstweilen im Wirtshaus auf seine Kosten zu trinken, haben sie ihm die Fensterläden abgerissen und sechs neue, schöne Scheiben eingeworfen. Vergeblich hat der Keller, als er hörte, daß David Mortio schrie, den Reisigen im Namen des Landesherrn Frieden geboten. Die Knechte haben ihm zugerufen, er sei der Juden "heucheller und spitzhut" und solle sich um seine Angelegenheiten kümmern, sonst könnte es ihm gehen wie den Juden. Weder die umwohnenden Bürger, die das Geschrei hörten, noch der zu Hilfe gerufene Zentgraf wollten sich einmischen oder den Keller unterstützen, so daß er genötigt war, den königsteinschen Keller zu wecken und mit ihm zusammen die Knechte zu verhaften und zum Einlager ins Wirtshaus zu schicken.
Bei dem am 19. Januar angestellten Verhör wird festgestellt, daß die Knechte trotz ihres Gelöbnisses, das hanauische Urteil abzuwarten, aus dem Wirtshaus, in dem sie inhaftiert waren und noch bis zum folgenden Abend gezecht haben, entwichen sind. David berichtet, daß die Knechte in der Nacht des Überfalls den Kellerhals an seinem Haus aufgebrochen, die Seile an den Fensterläden zerschnitten, sieben Fenster eingeschlagen und einen Schaden von mehr als 8 fl. angerichtet haben. Auch auf das Haus des Juden Escher haben sie einen Angriff versucht, dort aber nichts ausrichten können. Trotzdem hat Escher ihnen, als sie Wein und Geld verlangten, 7 Batzen hinausgeworfen, so daß sie ihn in Ruhe gelassen haben. An Isaacs Läden und Fenster haben sie solange geschlagen und gepocht, bis auch er ihnen 4 Batzen gegeben hat. Wegen der von den Knechten dabei ausgestoßenen Drohungen bitten die Münzenberger Juden dringend um Schutz.
Am 25. Januar beschließen die Hanauer Räte, Graf Ludwig von Königstein aufzufordern, die entwichenen Knechte zu veranlassen, in die Haft zurückzukehren und ihre Bestrafung abzuwarten.
Da Graf Ludwig am 29. Januar anwortet, daß er seinem Amtmann zu Butzbach einen entsprechenden Befehl erteilt hat, beschließen die Räte am 30. Januar, zunächst den Erfolg dieser Maßnahme abzuwarten.

Weitere Angaben

1565 S.9-10, Bl. 17-23, 31, 34-35

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Tätlichkeiten reisiger Knechte gegen die Juden zu Münzenberg“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4069_taetlichkeiten-reisiger-knechte-gegen-die-juden-zu-muenzenberg> (aufgerufen am 25.11.2025)

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