Klage einer Korbacher Bürgerin gegen die dortigen Juden

HStAM 115/39 Nr.  
Laufzeit / Datum
[1539 Ende Juni - Anfang Juli]
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Klage einer Korbacher Bürgerin gegen die dortigen Juden
Cunne Hudtwelkers beschwert sich bei Graf [Wolrad] von Waldeck, daß ein ungnädiger Richter, der sie nicht anhören will, sie an der Durchsetzung ihres gerichtlich verbrieften Rechts hindert, so daß sie den erwirkten Pfändungsbescheid gegen die ihren Abzug vorbereitenden Juden nicht durchsetzen kann. Am 4. Juli verwendet sich Joachim Happel bei den Grafen Philipp und Wolrad für Curt Feupels Frau Cunne, die die Jüdin Rachel hat vor das Stadtgericht laden lassen, damit die Richter sie über die Nichtigkeit von Appellationen gegen gültige Urteile belehren sollten, was aber wegen Verhinderung des Gerichts noch nicht geschehen ist. Happel ist wie Cunne der Meinung, daß die aus "vergeß ader uffsatz" der Jüdin gestattete Appellationsklage unrechtmäßig ist und einer Überprüfung bedarf, da es sonst zu einem "seltzam regement" kommen könnte. Allerdings geschieht es der Stadt, die sich weigert, den reinen christlichen Glauben anzunehmen und Abgötterei treibt, vielleicht zur Strafe, daß "nu die verfluchtigen judden inß weltlich regement fallen" und Verwirrung stiften.
In einer eigenen Supplik legt Cunne dar, daß sie der Jüdin zu Korbach für 2 fl. einen englischen Rock versetzt und mit der Begründung, er sei bei dem Brand vernichtet worden, nicht zurückbekommen hat. Inzwischen ist aber gerichtlich festgestellt worden, daß sich der Rock unter anderen kostbaren Samt- und Seidenkleidern befunden hat, die fromme Leute der Jüdin aus dem Feuer gerettet haben. Gegen dieses Urteil hat man der Jüdin, die doch so viele Leute schändlich um ihre Nahrung gebracht und zu "brotbettlern" gemacht hat, trotz verstrichener Fristen die Appellation gestattet. Cunne klagt, daß die Christen so dumm sind, sich wie Hunde von den "heillosen dropffen" schinden zu lassen, und man der Jüdin und den Ihren allerlei "muetwill, kauffmanshendel und parthirunge" zum Schaden der Gilden und Zünfte gestattet. Dies ist um so schlimmer, als die Juden nachweislich Christus lästern. So hat einer von ihnen, als die Rede davon war, daß Christus für die Sünden der ganzen Welt gestorben ist, öffentlich erklärt, "ei ist er dan vor mein sunde gestorben, so wissenß im all die teuffel danck, die in der hell sint". Die "predicanten sein auch nicht wacker" und können nicht verhindern, daß die Juden aus übergroßem Mutwillen viele Christen zu Juden gemacht haben. Cunne bittet, die Appellation der Jüdin abzuweisen und sie nicht zu zwingen, ihren Eid, wonach der Rock verbrannt ist, anzuerkennen, "dan man weiß eß ja woell, daß sie uns armen Christen zu betriegen und zu beschweren kein gewissen machen, ja je hocher sie unß beschweren moegen, ye lieber kinth Gottis sie sich vermeinen, wie sie sich auß dem 28. capittel Deuteronomii felschlich vertrosten".

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Klage einer Korbacher Bürgerin gegen die dortigen Juden“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/3643_klage-einer-korbacher-buergerin-gegen-die-dortigen-juden> (aufgerufen am 25.11.2025)

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