Ereignis
Was geschah
Die jüdische Bevölkerung war über Jahrhunderte hinweg starken wirtschaftlichen Beschränkungen ausgesetzt. Nur wenige Juden arbeiteten im Handwerk, da sie von den Zünften ausgeschlossen waren. Auch in der Landwirtschaft waren sie kaum tätig, weil Landbesitz in vielen Gegenden verboten war. Zu den Haupterwerbszweigen zählten der Handel und das Kreditwesen. Der Trödel- und Hausierhandel war gerade für die armen Juden auf dem Land oftmals die einzige Verdienstmöglichkeit, aber auch dieser wurde teilweise eingeschränkt.
Mit der beginnenden Emanzipation waren die Regierungen bestrebt, die Juden vermehrt vom Handel abzubringen und „bürgerliche“ Berufe wie Handwerk und Landwirtschaft attraktiver zu machen. Hintergrund war ein erzieherischer Gedanke, da Handwerk und Landwirtschaft als die Säulen des Staates angesehen wurden und die Juden „gebessert“ würden, wenn sie diese Tätigkeiten vermehrt ausführten.
Um dieses Vorhaben umzusetzen, gab es neben staatlichen Maßnahmen auch jüdische Initiativen, die die Förderung dieser Berufszweige zum Ziel hatten. So gründete bereits 1802 der Arzt Lucius Liffmann (1772–1803) die Gesellschaft für Humanität in Kassel. 1823 und 1832 folgten Vereinsgründungen in Frankfurt und im Großherzogtum Hessen. Sie traten für die „sittliche und bürgerliche Verbesserung“ der Juden ein.
Trotz dieser Bemühungen blieb die große Mehrheit der Juden im Handel tätig. Obwohl im Laufe des 19. Jahrhunderts immer mehr Beschränkungen aufgehoben– nach den kurzen Phasen der Gleichberechtigung im Königreich Westphalen und im Zuge der Revolution von 1848 allerdings auch wieder zurückgenommen wurden – fielen sämtliche berufliche Einschränkungen für Juden im Kurfürstentum Hessen erst nach der preußischen Annexion im Juni 1869.
(StF)
Bezugsrahmen
Quellen
Vorschau
Nachweise
Literatur
- Barbara Greve, Der Ackerbau der Israeliten. Ein Beitrag zu Theorie und Praxis der kurhessischen Judenemanzipation, in: Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde 97 (1992), S. 107-126
- Gerhard Hentsch, Gewerbeordnung und Emanzipation der Juden im Kurfürstentum Hessen, Wiesbaden 1979
- Schimpf, Dorothee, Emanzipation und Bildungswesen der Juden im Kurfürstentum Hessen 1807-1866, Wiesbaden 1994, S. 13-36
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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
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Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Tätigkeit von Juden in Landwirtschaft und Handwerk, 1802-1832“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/7259_taetigkeit-von-juden-in-landwirtschaft-und-handwerk> (aufgerufen am 25.11.2025)
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