„Rechtsschule“ in Wetzlar gegründet
Ereignis
Was geschah
Als Kaiser Franz II. (1768–1835) am 6. August 1806 die Reichskrone niedergelegt und alle Reichsangehörigen von ihren Pflichten entbunden hatte, war damit auch die Auflösung des Reichskammergerichts in Wetzlar verbunden.
Das seit 1689 in Wetzlar angesiedelte Reichskammergericht, das oberste Gericht des Heiligen Römischen Reiches, hatte der kleinen Stadt durch die Sitzungen und den Zuzug des Gerichtspersonals am Anfang des 18. Jahrhundert einen demographischen und ökonomischen Aufschwung beschert.
Um die durch den Abzug des höchsten Zivilgerichts entstandenen Nachteile zu kompensieren, läßt deshalb Fürstprimas Carl Theodor von Dalberg (1744–1817), der seit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 die „Grafschaft Wetzlar“ regierte, am 7. Juli 1808 eine Hochschule der Rechtswissenschaften, die „Rechtsschule“, gründen. Er beauftragte einen der zuvor am Gericht beschäftigten Juristen, Franz Ferdinand Michael Stickel (1787–1848), mit der Konzeption und organisatorischen Vorbereitung der nach französischem Vorbild konzipierten Spezialschule. Anfangs unterrichteten dort sechs besoldete Professoren, neben ihm unter anderem Johann Adam Abel (1754–1824), Joseph Anton Vahlkampf (1761–1826) und Egid von Löhr (1784–1851), der später an der Universität Gießen lehrte. Als zusätzliche Lehrkräfte waren der Wetzlarer Konsistorialrat Ernst Ludwig Follenius (1769 -1826) und der Maler Friedrich Christian Reinermann (1764 -1835) engagiert. Um 1809 waren rund 30 Studenten eingeschrieben.
Nachdem Wetzlar 1815 an Preußen gelangt war, wurde die Rechtsschule 1816 wieder aufgelöst. Die umfangreiche Bibliothek der Rechtsschule, die neben den Beständen des Reichskammergerichts auch Bücher aus dem ehemaligen Jesuitenkolleg umfasste, ging 1819 zu großen Teilen an die Bonner Universitätsbibliothek.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Ingrid Scheurmann, Im Schatten des Reichskammergerichts: Die Wetzlarer Rechtschule (1808–1816) eine Bildungseinrichtung der Rheinbundzeit, in: Altes Reich und neues Recht. Wetzlar, 2006 S. 140–156
Weiterführende Informationen
- HHStAW Bestand 372 Nr. 100, Organisationsurkunde und Statuten der Rechtsschule in Wetzlar
- Wikipedia: Rechsschule Wetzlar (eingesehen am 7.7.2024)
- Wikipedia: Reichskammergericht (eingesehen am 7.7.2025)
Kalender
Siehe auch
Weitere Angebote in LAGIS
Personen
- Hessische Biografie: Abel, Jacob
- Hessische Biografie: Follenius, Ernst Ludwig
- Hessische Biografie: Karl Theodor, Mainz, Erzbischof
- Hessische Biografie: Löhr, Egid V. von
- Hessische Biografie: Reinermann, Friedrich Christian
- Hessische Biografie: Stickel, Franz Ferdinand Michael
- Hessische Biografie: Vahlkampf, Joseph Anton
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„„Rechtsschule“ in Wetzlar gegründet, 7. Juli 1808“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6904_rechtsschule-in-wetzlar-gegruendet_rechtsschule-in-wetzlar-gegruendet> (aufgerufen am 25.11.2025)
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