Mainzische Klagen über Verstöße der Juden gegen Provinzialstatuten und Kleiderordnung
Stückangaben
Regest
Am 19. März 1474 klagt der Mainzer Kanoniker und Vikar Graf Berthold von Henneberg über die in der Diözese zu beobachtende Ausbreitung der "perfidorum iudeorum", die sich nicht an die Verordnungen halten und Zeichen und Kleider nicht tragen, die sie von den Christen unterscheiden sollen. So wurde kürzlich in Mainz Gumprecht in Kleidern entdeckt, die ihn nicht als Juden kenntlich machten. Beim Verhör hat der "inter alia scandala" der Unzucht mit christlichen Frauen Beschuldigte vor seiner Verbrennung die Namen anderer Juden preisgegeben, die sich gleichfalls nicht an die Verordnungen halten. Es sind dies [in Mainz?]: Natan aus Kreuznach, Liepman Saße, Anßel aus Lindheim, Fifolman Schuleklopper, Isaack aus Frankfurt, Lasser aus Aschaffenburg; in Gelnhausen: Mengin aus Geisenheim, Hirtz aus Andernach, Samvel Gotschalck; in Friedberg: Barach aus 0ppenheim, Meyer aus Messel (Mossel), Salomon aus Hofheim sowie Mordachs Witwe und ihr Sohn; in Kronberg: Gutlin, die Witwe des Joseph aus Speyer und ihr Sohn, Michel aus Petterweil; in Münzenberg: Mosse Oschir; in Weheym [Wehrheim?]: Gyeßeye.
Graf Berthold fordert von den Juden zu Friedberg, Gelnhausen, Kronberg, Münzenberg und Weheym [Wehrheim?] die Einhaltung der Kleiderordnung und lädt sie unter Androhung einer Strafe von 2000 fl. und des Ausschlusses aus der Synagoge vor das geistliche Gericht zu Mainz.
Am 13. Mai unterrichten die Bürgermeister der Stadt Friedberg Graf Berthold davon, daß sie den mainzischen Abgesandten, der die Juden während der heiligen Ostertage vor sich laden und verhören wollte, gebeten haben, den Termin zu verlegen, da es den Juden bei dem hohen christlichen Fest "under die cristenheit nit fugksam zu wandern". Am Sonntag Quasimodogeniti [April 17] ist dann im Beisein der den hanauischen Schutzherrn vertretenden Bürgermeister zwischen den Mainzer Bevollmächtigten und den Juden zu Friedberg ein Vergleich geschlossen worden. Die Bürgermeister bitten, es dabei bewenden zu lassen.
In seinem Antwortschreiben vom 14. Mai besteht Graf Berthold jedoch darauf, daß die Juden vor dem Mainzer Gericht erscheinen.
Darauf bittet Graf Philipp von Hanau am 16. Mai einen Mainzer Domherrn Graf Berthold zu veranlassen, die an die Juden ergangene Ladung zum 20. Mai vorerst auszusetzen und sich vierzehn Tage zu gedulden, dann sollen ihm die Geladenen zum Bericht geschickt werden.
Am 17. Mai bestätigen die Friedberger Bürgermeister die Gültigkeit des zwischen den Mainzer Vertretern und den Juden am 17. April geschlossenen Vergleichs.
Am 22. Mai wird Graf Philipp von Hanau mitgeteilt, daß die Verhandlung in Mainz auf den 7. Juni vertagt ist.
Am 14. Juni bekundet Graf Berthold, daß er sich mit den Juden zu Assenheim, Friedberg, Hanau, Münzenberg, Nauheim und Windecken verglichen hat. Sie haben versprochen, künftig die Judenzeichen den Mainzer Gesetzen und Provinzialstatuten gemäß zu tragen und sind dafür von allen dieserhalben gegen sie erhobenen Forderungen freigesprochen worden.
Weitere Angaben
vgl. auch HStAM, 81 Regierung Hanau Nr. 8595, Bl. 1 u. Regest Nr. 1389 (1549 September 26)
Archivangaben
Altsignatur
81 Regierung Hanau E 42 Nr. 1
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Archivkontext
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Nachnutzung
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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
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„Mainzische Klagen über Verstöße der Juden gegen Provinzialstatuten und Kleiderordnung“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/6271_mainzische-klagen-ueber-verstoesse-der-juden-gegen-provinzialstatuten-und-kleiderordnung> (aufgerufen am 25.11.2025)
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