Ermordung zweier Juden bei Steinau
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Regest
Am 23. Oktober 1573 berichtet der Keller zu Steinau der Kanzlei Hanau, daß man am letzten Dienstag [Oktober 20] am Trasenberg einen Juden und eine Jüdin, von denen man nur weiß, daß sie zuvor in Schlüchtern übernachtet hatten, ermordert und beraubt gefunden hat. Der Mann war "gar zurschlagen und zerhawen", die Frau, "ein schon weib, durchstochen bey der rechten brust hienein und bey der lincken brust undter dem arm herauß". Man verdächtigt zwei Landsknechte der Tat.
Am 26. Oktober berichtet der Keller, daß die Juden zu Fulda um Erlaubnis gebeten haben, die Ermordeten exhumieren und auf ihren Friedhof nach Fulda bringen zu dürfen. Sie haben sich darauf berufen, daß dies allgemein üblich und ihnen im Falle eines kürzlich im Würzburgischen ermordeten Juden ebenfalls gestattet worden ist.
Diese Bitte wird von den Räten mit dem Hinweis, daß bereits acht Tage seit dem Begräbnis vergangen sind, abgelehnt.
Am 31. Oktober berichtet der Keller, daß sich der Verdacht gegen die beiden Landsknechte aufgrund des am Tatort gefundenen Bruchstücks einer Waffe erhärtet hat.
Am 4. November wendet sich der Keller auf Bitten der Juden erneut an die Kanzlei und verwendet sich dafür, ihnen zu gestatten, die Ermordeten auszugraben und auf den Friedhof nach Windecken zu bringen. Er hält dies für besser, als daß "sew und hun[de]" sie ausgraben, da die Toten, weil man die Leute zwingen mußte, sie zu bestatten, "gar elendtlich begraben" wurden.
Am 5. November wenden sich die Juden von Fulda mit einer entsprechenden Supplik an die Kanzlei.
Daraufhin wird die Erlaubnis mit der Auflage erteilt, daß die Exhumierung auf Kosten der Juden und unter amtlicher Aufsicht durch sie selbst oder durch hanauische Untertanen oder den Nachrichter zu erfolgen hat, damit keinerlei "listige practiken, so sich sonsten in der gehaimb oder bey nechtlicher weil" im Zuge der Exhumierung ereignen könnten, zu befürchten sind. Auch sollen die Toten in fest verschlossenen Leichenkörben transportiert werden.
Gleichzeitig wird der Keller zu Windecken angewiesen, die Beerdigung auf dem jüdischen Friedhof zu gestatten.
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Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0
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„Ermordung zweier Juden bei Steinau“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/4681_ermordung-zweier-juden-bei-steinau> (aufgerufen am 26.11.2025)
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