Klage gegen den Juden Gotschalck zu Marburg wegen eines Pferdetauschs

HStAM 257 Nr. G 159  
Laufzeit / Datum
1542 März 24 - 1544 März 31
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Klage gegen den Juden Gotschalck zu Marburg wegen eines Pferdetauschs
Reitz Keil von Amöneburg erhebt am 24. März 1542 vor dem Stadtgericht zu Marburg Klage gegen den Juden Gotschalck ebenda. Da Keil nicht dem Marburger Gerichtszwang unterliegt, fordert Gotschalck die Stellung einer Kaution und weist, nachdem der Anwalt des Klägers sie bezahlt hat, die Anklage zurück.
Am 6. Juni legt das Gericht den Zeugen die Klagschrift vor. Danach ist bei einem Pferdetausch Keils Pferd mit 15 fl. und Gotschalcks Pferd mit 5 fl. taxiert worden, so daß der Jude Keil 10 fl. Aufgeld zahlen mußte. Keil hat das so erworbene Tier sofort an Vulpert Dyl weiterverkauft und Gotschalck, als er später behauptete, das von Keil ertauschte Pferd sei auf einem Auge starblind, gestattet, die als Entschädigung verlangten 5 fl. von Dyl einzufordern. Das hat Gotschalk auch getan, obwohl er Keils Pferd inzwischen ohne Einbuße weiterverkauft hatte. Der Beklagte verlangt die Befragung des Zeugen Kleusser, der seinerzeit dazukam, als Gotschalck Keil anbot, ihm den Gaul noch für ein Jahr zu borgen, wenn er dafür 7 fl. zahle. Außerdem weist Gotschalck darauf hin, daß er Bürgschaften und Schulden halber schon viel mit Keil zu tun hatte. Von den Zeugen bestätigt Vulpert Dyl gen. der junge Vulpert, ein Neffe des Klägers, daß Gotschalck von ihm 3 1/2 fl. gefordert und erhalten hat, die von Dyls sonstigen Schulden bei dem Juden abgerechnet wurden. Dyl weiß, daß Keil dem Juden ebenfalls verschuldet ist, aber nicht wie hoch. Kleusser hat das eingetauschte und durchaus nicht blinde Pferd von Gotschalck gekauft.
Am 9. Juni weist Gotschalcks Anwalt die Aussagen der Zeugen, die Verwandte des Klägers und Schuldner des Juden sind, als unglaubhaft zurück. Am 16. Juni beschwört Keil, daß das strittige Pferd nicht blind war und erst kürzlich vom Knecht des derzeitigen Besitzers an einem Auge verletzt wurde. Darauf spricht das Gericht ihm die Erstattung von Kosten und Schaden zu.
Am 19. Juni fordert das Marburger Hofgericht auf Gotschalcks Betreiben die Prozeßakten an und verfügt einen Verfahrensstillstand. Am 12. Juli werden die Akten dem Hofgericht übersandt. Am 2. April 1543 überreicht Gotschalck dem Hofgericht seine förmliche Appellationsschrift, in der er Keils Zeugen für befangen erklärt. Keils Anwalt weist diese Appellation am 30. Mai zurück und ersucht um Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Diesem Antrag entspricht das Hofgericht am 23. November, indem es Gotschalcks Klage kostenpflichtig abweist. Am 21. März 1544 legt Keil dem Hofgericht eine Aufstellung aller ihm durch Gotschalcks Appellation erwachsenen Kosten vor und fordert zugleich die Erstattung von 16 Groschen, die Gotschalck bei Conrad Weintzel als Zinsen von ihm laut Gerichtsurteil gar nicht zustehenden 5 fl. eingefordert hatte. Das Gericht taxiert den vorgelegten Expenszettel am 31. März.

Ausfertigung

257 I Samthofgericht Ältere Akten G Nr. 159 Bl. 1-22.

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

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„Klage gegen den Juden Gotschalck zu Marburg wegen eines Pferdetauschs“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/3712_klage-gegen-den-juden-gotschalck-zu-marburg-wegen-eines-pferdetauschs> (aufgerufen am 25.11.2025)

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