Ereignis

Was geschah

1842 wurde im Schloss Biebrich der „Verein zum Schutz deutscher Einwanderer in Texas“ gegründet, der auch unter dem Namen „Mainzer Adelsverein“ bekannt wurde. Der Verein wollte in Texas, das seit 1836 unabhängige Republik war, deutsche Siedlungen gründen. Damit verbunden war die Hoffnung auf Freiheit und Demokratie, aber auch auf neue Perspektiven für die verarmte deutsche Bevölkerung. Der Verein erwarb einen „Grant“, die Rechte auf Siedlungsland, der allerdings an die Bedingung geknüpft war, das Land bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu besiedeln. Obwohl bis Ende 1846 fast 8000 Menschen mit Hilfe des Vereins nach Texas auswanderten, konnte er die vereinbarten Quoten nicht erfüllen und einen Großteil der gemachten Zusagen nicht einhalten. Die Auswanderer ließen sich außerhalb des Siedlungsgebietes nieder, weil dieses zu weit im Landesinnern lag und zudem von den Comanchen bewohnt wurde. Viele mussten an der Küste in großem Elend in Zelten oder Erdhöhlen ausharren. Anfang 1847 fand sich in Darmstadt eine Gruppe auswanderungswilliger junger Männer zusammen, die sogenannten „Darmstädter Vierziger“. Sie bestand vor allem aus demokratisch gesinnten Studenten der Gießener Universität sowie Handwerkern. Im Februar des Jahres schlossen die beiden „Vierziger“ Hermann Spieß (1818–1873) und Ferdinand von Herff (1820–1912) einen Vertrag mit dem Adelsverein, in dem sie die Auswanderung der Gruppe nach Texas regelten. Das Land des Grants wurde ihnen kostenlos überlassen und bis zur ersten Ernte sollten sie mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Zwar mussten sie die Überfahrt selbst bezahlen, der Verein übernahm jedoch die Kosten für den Transport in Texas. Nachdem Spieß und Herff bereits vorausgereist waren, brachen die übrigen am 2. April 1847 in Mainz auf, Anfang Oktober erreichten sie das Siedlungsgebiet. Eine entscheidende Grundlage für den Aufbau einer neuen Siedlung bildete der am 9. Mai 1847 unterzeichnete Friedens- und Freundschaftsvertrag, den der damalige Generalkommissar des Adelsvereins Otfried Hans von Meusebach (1812–1897) mit den Comanchen ausgehandelt hatte. Beide Seiten hielten sich in der Folgezeit an die Vereinbarungen. Die neue Siedlung erhielt den Namen „Bettina“ nach der Schriftstellerin Bettina von Arnim. Zeitgenössische Zeitungsberichte beschrieben die Gruppe als „kommunistisch“ oder „sozialistisch“. Das Land war in gemeinsamen Besitz und sollte von allen gemeinschaftlich bearbeitet werden. Es kam jedoch schon bald zu Problemen, denn jeder arbeitete nur, wie es ihm gefiel. Zudem fehlten Handwerker und Landwirte und das Land erwies sich als ungeeignet für den Ackerbau. Die ersten Siedler verließen die Kolonie, im Spätsommer 1848 wurde sie endgültig aufgelöst. Viele ließen sich in Neu-Braunfels oder Friedrichsburg nieder, die ebenfalls Gründungen des Adelsvereins waren. Wegen Zahlungsunfähigkeit löste sich der Adelsverein 1848 auf. Der Traum von einer deutschen Kolonie Texas hatte bereits 1845 ein Ende gefunden, als die Vereinigten Staaten Texas aufnahmen.
(StF)

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Siedlung Bettina, 1847-1848“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/7275_siedlung-bettina> (aufgerufen am 25.11.2025)

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