Erster Baubschnitt der neuen Universität in Marburg eingeweiht
Ereignis
Was geschah
Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 wurde auf dem Gelände des seit 1527 von der Universität genutzten Dominikanerklosters oberhalb der Lahnbrücke in Marburg die „Alte Universität“ nach Plänen des Universitätsbaumeisters Carl Schäfer (1844–1908) im neogotischen Stil errichtet. In einer ersten Bauphase wurde 1873 bis 1879 der Seminar- und Auditorientrakt errichtet, während die Aula erst 1887 bis 1891 erbaut werden konnte.
Der Bauplatz am südöstlichen Eckpunkt der am Berghang gelegenen Altstadt besaß ein starkes Gefälle, das ebenso wie der stehengebliebene Kirchenbau in den Planungen Carl Schäfers berücksichtigt werden musste. Die Einbindung des neuen Gebäudekomplexes in das spätmittelalterliche Stadtbild Marburg war schon im Gutachten der Abteilung für das Bauwesen nachdrücklich gefordert worden: „Die Architektur [ist …] im Anschlusse an die strenge und edle Schule, aus welcher die Elisabethkirche und das Schloß stammt und in Harmonie mit diesen Denkmalen, als den höchsten Zierden mittelalterlicher Bauweise in Marburg zu halten.“1 Darüber hinaus erhielten die Bauten nach Schäfers Vorstellung nicht nur äußerlich „gotische“ Formen, sondern wurde in alter Handwerkstechnik mit traditionellen Materialen unter Ausschluss von Eisen und Beton errichtet. Dies führte teilweise zu Konflikten mit dem Anspruch der Universität an Funktionalität.
Nachdem man im Sommer 1873 die alten Gebäude abgerissen hatte, konnte im April 1874 nach der Fertigstellung der Fundamentarbeiten mit der Ausführung des Auditoriengebäudes angefangen werden. Von Beginn an gab es immer wieder Differenzen zwischen Carl Schäfer und dem Königlichen Universitätskuratorium. Deshalb wurde am 11. Dezember 1874 Bau-Inspektor Hermann Cuno (1831–1896) die Oberaufsicht und Kontrolle übertragen. Die andauernden Auseinandersetzungen führten schließlich am 21. November 1877 zur Entlassung Schäfers aus seiner Stellung als Universitätsarchitekt. Zu diesem Zeitpunkt waren der viergeschossige Teil des Südflügels und dessen Annex weitgehend fertiggestellt, während die anderen Bauten erst begonnen worden waren. Zum Universitätsarchitekten wurde nun Hermann Cuno berufen, der bis zur Einweihung des Auditoriengebäudes am 30. Mai 1879 amtierte.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Fußnoten
- Gutachten vom 19. August 1872, HStAM Best. 165, Nr. 7429, zitiert nach Stamm-Burkart 2003, S. 80. ↑
Literatur
- Christiane Stamm-Burkart, Die Planungs- und Baugeschichte der Alten Universität in Marburg (1872–1891), Darmstadt/Marburg 2003
- Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 265, 277
Weiterführende Informationen
- HStAM Bestand 190 a Marburg Nr. 1047: Verfügungen und Berichte zum Neubau des Auditoriengebäudes (1874–1877)
- Bildindex der Kunst und Architektur: Alte Universität & Ehemaliges Dominikanerkloster, Fotos; Bildindex der Kunst und Architektur, Fotos
- MHK Bestandskatalog Architekturzeichnungen: 3.76.6 Alte Universität; MHK Bestandskatalog Architekturzeichnungen: Marburg, „Alte Universität“, Lageplan der Gesamtanlage mit den projektierten Umbauten, 1872; Wikipedia: Alte Universität (Marburg) (eingesehen am 15.12.2021)
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Siehe auch
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Erster Baubschnitt der neuen Universität in Marburg eingeweiht, 30. Mai 1879“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6674_erster-baubschnitt-der-neuen-universitaet-in-marburg-eingeweiht> (aufgerufen am 26.11.2025)
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