Neubau der Gemäldegalerie in Kassel eröffnet
Ereignis
Was geschah
Am 28. Dezember 1877 wird in Kassel der Neubau der Gemäldegalerie an der Schönen Aussicht eröffnet.
Auf Initiative des Oberpräsidenten der preußischen Regierung, Eduard von Möller (1814–1880), war ab 1869 ein neues Gebäude für die ehemals fürstliche Gemäldesammlung neben dem Palais Bellevue errichtet worden. Dem Neubau musste der seit 1866 funktionslose Bellevue-Marstall weichen, dessen Abbruch im April 1871 in Angriff genommen wurde. Bei den im folgenden Sommer begonnenen Bauarbeiten wurden die Sandsteine des unweit gelegenen, seit 1821 als Bauruine liegengebliebenen Schlosses Chattenburg weiterverwendet.
Mit der Planung war der Regierungsbaurat und Akademieprofessor Heinrich von Dehn-Rotfelser (1825–1885) beauftragt worden. Als architektonisches Vorbild diente die von Leo von Klenze (1784–1864) geplante und 1826 bis 1836 errichtete Alte Pinakothek in München, deren Konzeption in reduzierter Form übernommen wurde.
Die Kasseler Galerie bestand aus einem zweigeschossigen, langgestreckten Mitteltrakt mit Oberlichtsälen im Obergeschoß für die Gemäldesammlung, einer Flucht von Seitenlichtkabinetten an der Nordseite und einer Loggia im Süden. Hinzu kamen nahezu quadratische, nur leicht vortretende Eckpavillons, die mit weiteren Seitenlichtsälen belegt waren. Die Innenausstattung folgte einem umfangreichen Programm mit Wandgemälden und Figurenschmuck zu Themen der Kunstgeschichte. Die aufwendigen Wandmalereien in den Lünetten und Kuppeln der Loggia gingen auf Entwürfe des Malers Carl Gottlieb Merkel (1817–1897) bzurück. Die Balustraden des Treppenhauses schmückten acht lebensgroße weibliche Personifikationen europäischer Länder aus Carrara Marmor, gefertigt von Carl Friedrich Echtermeier (1845–1910), der auch die Karyatiden am Portal auf der Aueseite schuf. Büsten berühmter Künstler und weiteren Skulpturenschmuck entwarf der Kasseler Akademieprofessor Karl Hassenpflug (1824–1890).
Das Gebäude beherbergte neben der Gemäldesammlung auch kunsthandwerkliche Arbeiten, die später in das 1910 bis 1913 errichtete Landesmuseum überführt wurden.
Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude zwischen 1962 und 1976 saniert und am 4. September 1976 unter dem Namen Neue Galerie als Ort für die Kunst des 18. bis 20. Jahrhunderts eröffnet. Seit 1964 diente das Gebäude auch als Standort bei mehreren Documenta-Ausstellungen.
(UH)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Bernd Küster (Hrsg.), Neue Galerie. Architektur, bearb. von Marianne Heinz, Kataloge der Museumslandschaft Hessen Kassel 45, Petersberg 2011
- Marianne Heinz, Ein Haus für die Moderne. 25 Jahre Neue Galerie 1976–2001, Kassel, 2001
- Eckhart G. Franz (Hrsg.), Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 265
- Heinrich von Dehn-Rotfelser, Das Gemäldegalerie-Gebäude zu Cassel, Berlin 1879
Weiterführende Informationen
- UB Kassel, Hist. Fotosammlung, Bauarbeiten Neue Galerie, um 1873
- Carl Gottlieb Merkel, Italia, Lünettenentwurf für die Gemäldegalerie, aqu. Zeichnung, Graphische Sammlung Kassel um 1878
- Louis Katzenstein, Besucher im Treppenhaus der Gemäldegalerie in Kassel, aqu. Zeichnung, Graphische Sammlung Kassel um 1880
- HStAM Bestand 166 Nr. 5723: Errichtung eines neuen Gebäudes für die Gemäldegalerie Bd. 1
- MHK Bestandskatalog Architekturzeichnungen: 1.16 Gemäldegalerie (Neue Galerie) (eingesehen am 5.10.2021)
- Wikipedia: Neue Galerie (Kassel) (eingesehen am 5.10.2021)
Kalender
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Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Neubau der Gemäldegalerie in Kassel eröffnet, 28. Dezember 1877“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6636_neubau-der-gemaeldegalerie-in-kassel-eroeffnet> (aufgerufen am 25.11.2025)
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