Gründung des Mutterhauses der Vinzentinerinnen in Fulda

 

Ereignis

Was geschah

1734 gründet Kardinal Armand Gaston de Rohan-Soubise (1674–1749), Bischof von Straßburg, die „Soeurs de la charité“, die Schwestern der Nächstenliebe, die sich auf den heiligen Vinzenz von Paul (1581–1660) berufen. Der 1729 heiliggesprochene Priester gilt als Begründer der neuzeitlichen Caritas, als Betreuer der Armen und Kranken. Durch die Französische Revolution kommen Schwestern nach Freiburg und Straßburg. 1868 wird der endgültige Name der Gemeinschaft, „Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul“, durch königliches Edikt bestätigt. Selbstständige Verwaltungsprovinzen entstehen in Fulda und Mainz-Heppenheim. Nach Fulda werden die Schwestern gerufen, um die katastrophale Lage im Hospital der Stadt, das im ehemaligen Kapuzinerkloster besteht, zu verbessern. Der Bischof von Fulda, Leonhard Pfaff (1775–1848), wendet sich in Absprache mit dem Innenministerium der kurhessischen Regierung an das Mutterhaus der Vinzentinerinnen in Straßburg, um geeignetes Pflegepersonal auszubilden und zu engagieren. 1834 beginnen drei Vinzentinerinnen aus Straßburg im Landkrankenhaus in Fulda zu arbeiten. 1835 erhält die Niederlassung das Recht, selbstständig Ordensschwestern auszubilden und wird damit zu einem Zentrum der Barmherzigen Schwestern in Deutschland. Die Gemeinschaft vergrößert sich durch die Übernahme anderer Krankenpflegeeinrichtungen wie dem Heilig-Geist-Hospital in Fulda. 1839 müssen im Hospital 260 Menschen, Männer, Frauen, Pfründner und rund 80 Waisenkinder versorgt werden. 1844 wird für die wachsende Gemeinschaft ein Neubau des Klosters errichtet, die Statuten 1869 durch den Fuldaer Bischof und 1872 durch den Papst anerkannt. Nach der Gründung des Mutterhauses in Fulda übernehmen die Vinzentinerinnen in den meisten ost- und nordhessischen Orten (91 Orte) die soziale Versorgung der Bevölkerung. Dies verläuft meist nach zwei Verfahren: a) der Pfarrer oder eine Person von Stand in einer Gemeinde bitten das Mutterhaus um die Entsendung von Schwestern, oder die politische Gemeinde tritt mit dem Wunsch nach Entsendung auf. Zwischen dem Bistum, der kurhessischen, nach dem Kulturkampf mit der preußischen Regierung (Innenministerium) werden Verträge über die Finanzierung und die Arbeitsbereiche ausgehandelt. Die Schwestern bauen in der Regel eine Krankenambulanz auf, die häufig zu einem Krankenhaus erweitert wird. Diese Einrichtungen bleiben auch während des Kulturkampfes bestehen. Geschlossen werden die Kindergärten, häufig Altenheime und die Schuleinrichtungen während der Kulturkampfzeit. Mit den 1890er Jahren eröffnen die Schwestern wieder ihre Kindergärten, Kinderbewahranstalten, und Haushaltsschulen. Sie sind damit die zentralen Träger der Kindererziehungseinrichtungen, der Altenversorgung und bieten eine weiterführende schulische Ausbildung für Mädchen. Wie viele andere Frauenorden oder Kongregationen im 19. Jahrhundert sehen die Schwestern ihre Hauptaufgabe in der sozialen Betreuung der Bevölkerung ohne Ansehen der Konfession. Innerhalb des Ordens erhalten alle Schwestern eine Ausbildung im medizinischen oder pädagogischen Bereich. Damit sind die Orden eine der wenigen Möglichkeiten für Frauen im 19.Jahrhundert einen höher qualifizierten Beruf zu ergreifen. An den Ausbildungsstätten des Ordens muss eine Lehrzeit absolviert werden, in der Ärzte für Prüfungen und Zeugnisse verantwortlich sind. Diese werden – beispielsweise in Nassau – staatlich anerkannt. Der Kulturkampf trifft den Orden hart. Aufgrund des Ordensgesetzes vom 31. Mai 1875 müssen alle schulischen Einrichtungen aufgegeben werden. Ebenso müssen die Waisenhäuser und Fürsorgeeinrichtungen für Mädchen und Jungen geschlossen werden. Die gesamte Genossenschaft wird unter Staatsaufsicht gestellt. Viele Schwestern emigrieren nach Österreich oder ins Elsass. Mit 1880 beginnt ein Abbau des Kulturkampfes. Es kommt zu einer Verständigung zwischen Papst Leo XIII. und der preußischen Regierung. Zeichen ist die Berufung von Georg Kopp, vorher Generalvikar in Hildesheim, zum Bischof in Fulda 1881. Er arbeitet als Mittler zwischen Reichskanzler und Kurie, unterstützt durch den Führer des Zentrums, Windhorst. Als erstes werden Einrichtungen zur Krankenpflege der Orden nach Antrag wieder zugelassen, die immer genehmigt werden. Zurückhaltender zeigt sich die Regierung bei der Zulassung schulischer Einrichtungen. Die letzten Einschränkungen durch die Kulturkampfgesetze fallen erst mit der neuen Verfassung der Weimarer Republik, die eine freie Entwicklung von Genossenschaften garantiert und zu einer neuen Welle an Ordensgründungen und weiteren Niederlassungen führt. 1914 leiten Vinzentinerinnen 33 Kinderbewahrschulen, dazu zwei Kinderhorte, neun Krippen- und Waisenhäuser, Säuglingsheime und vier Fürsorge-Anstalten.
(RKr)

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Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Gründung des Mutterhauses der Vinzentinerinnen in Fulda, 5. Juli 1834“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/6257_gruendung-des-mutterhauses-der-vinzentinerinnen-in-fulda> (aufgerufen am 26.11.2025)

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