Forderungen des Frankfurter Juden Ansel zum Hirsch und seiner Erben an den Zentgrafen Peter Mor zu Seckbach und seine Erben

HStAM 86 Hanauer Nachträge Nr. 28468  
Laufzeit / Datum
1540 Mai 23 - 1550 Januar 31
Bearbeitung
Uta Löwenstein

Stückangaben

Regest

Am 23. Mai 1540 bekennt der Seckbacher Zentgraf Peter Mor auf einem Kerbzettel, daß er dem Frankfurter Juden Ansel zum Hirsch an Stelle von Hans Kappes Witwe Amalie zu Frankfurt 280 fl. schuldet und davon 80 fl. bezahlt hat. Der Rest soll zu Martini und bei der kommenden Fastenmesse mit je 100 fl. beglichen werden. Auch verspricht Mor Ansel alle etwa aus der Schuld noch erwachsenden Kosten zu erstatten und ihm 3 fl., die in der Verschreibung nicht berücksichtigt sind, bar zu bezahlen.1#Notariell beglaubigte Abschrift [um 1548] mit dem Vermerk, daß außen auf dem Kerbzettel ein Davidstern war.
Am 9. Dezember beschwert sich Ansel in Hanau über den Zentgrafen, der ihm nicht zur Bezahlung seiner Forderungen und zur Auslösung der ihm verpfändeten Güter in Seckbach verhilft.
Am 22. Februar 1541 fordert Ansel den hanauischen Oberamtmann auf, Mor zu pfänden, weil er den Arrest auf den von Weigel Schumacher gekauften Kappesschen Weingärten aufgehoben und Geld, das Ansel zu beanspruchen hatte, einem anderen Juden hat ausfolgen lassen. Auch hat Mor die Ernte aus den Weingärten, die Ansel im Herbst pfänden lassen wollte, gegen ein bloßes Handgelöbnis hin abfahren lassen. Der Oberamtmann entscheidet, daß Mor binnen acht Tagen bei der Stadt Frankfurt dafür sorgen soll, daß Ansel von Schumacher bezahlt wird. Andernfalls muß er ihn selbst bezahlen.
Am 14. Juli klagt Ansel in Hanau erneut, daß Mor die ihm durch den Schultheiß zu Bergen übergebenen Pfänder herausgegeben hat, ohne daß Ansel bezahlt war. Außerdem weigert er sich, Ansel zu dem Geld zu verhelfen, das ihm Hans Schäffer kraft eines vor dem Schultheißen zu Bergen geschlossenen Vertrags schuldet und trotz mehrfacher Fristverlängerung nicht bezahlt. Ansel behauptet, daß man ihn allenthalben vertröstet, "dieweil sie wussen, das ich nit wandren kan". Er bittet, ihm zu dem Seinen zu verhelfen, da ihm der Aufenthalt mit seinem Gesinde [in Windecken] Kosten verursacht, er aber ohne sein Geld nicht abziehen kann, "dan ich wol weiß, wie sie thun werden, wann ich anweck zihen werd, diweil sie mir also thun, so ich by innen bin".
Am 29. April 1542 verwenden sich die Befehlhaber zu Dillenburg bei den Hanauer Räten für den Seckbacher Zentgrafen und übersenden seine Supplik vom 27. April, die den Räten am 2. Mai ein zweites Mal von den Befehlhabern zu Lich zugeschickt wird, die sich gleichfalls für Mor einsetzen, der klagt, daß man ihm in Hanau nicht zu seinem Recht gegenüber Ansel verhilft. Beigefügt ist dem Schreiben aus Lich ferner eine Bittschrift von Mor an die Hanauer Räte. Darin berichtet er, daß Roderhen und Jeckel Becker zu Bergen von [Hans Kappes Witwe] Amalie zum goldenen Engel zu Frankfurt 73 fl. zu fordern hatten. Deswegen und wegen einer weiteren Forderung von 280 fl., die Ansel geltend macht, hat er die zu Seckbach liegenden Güter der Witwe mit Arrest belegen lassen. Diese hat, nachdem sie die Ansprüche ihrer Gläubiger zu Bergen ganz und Ansels Forderungen zum Teil anerkannt hatte, gebeten, einen Morgen Weingarten zu Seckbach für 106 fl. verkaufen zu dürfen. Das ist ihr gestattet worden, und der Käufer [Weigel Schumacher aus Frankfurt] mußte geloben, die 73 fl. zu Bergen zu bezahlen und Ansel die restlichen 33 flo. zu geben. Derselbe Käufer hat später noch einen zweiten Weingartenplacken von der Witwe gekauft und vor Gericht geschworen, die Kaufsumme von 60 fl. an Ansel zu zahlen, hat sich aber nicht daran gehalten und ist deswegen von Ansel in Frankfurt gerichtlich belangt worden. Als Ansel später den auf den Kappesschen Gütern liegenden Arrest hat aufheben lassen, war Mor der Meinung, er habe sich mit Schumacher geeinigt. In der Folge hat Ansel aber erneut Forderungen gegen Schumacher erhoben, und dieser ist von Mor an seine Zahlungszusagen gemahnt worden. Nach Schumachers Tod hat seine Witwe eine gerichtliche Untersuchung der Angelegenheit verlangt. Schließlich hat Ansel Mor unter dem Vorwand, er habe ihm nicht genügend Amtshilfe geleistet, auf Erstattung der Restschuld von 200 fl. verklagt, obwohl Amalie Hun behauptet, dieses Geld bereits bezahlt zu haben.
Am 29. Oktober 1542 vergleicht der Schultheiß zu Bergen Ansel (Ansheim) mit seinen Schuldnern.
Am 18. August 1547 lädt der Frankfurter Stadtschultheiß die Morschen Vormünder auf Antrag von [Ansels Witwe] Brendel(in) zum 22. Januar 1548 oder dem nächstfolgenden Gerichtstag.
Am 5. September bittet Brendel die hanauischen Räte, ihr zur Bezahlung zu verhelfen, da sie zum dritten Mal aus Deutz mit großen Kosten angereist ist. Sie verspricht, die Unterstützung der Räte bei ihrem Herrn, dem Kurfürsten, zu rühmen und "auch meinen himmelsfattar umb euwer gnaden selickeyt und gsondt [zu] bytten".
Am 30. September verwendet sich der kaiserliche Oberst Jorig von Holle zu Frankfurt bei der Hanauer Kanzlei für Brendel aus Deutz und überschickt eine Supplik derselben, in der sie klagt, daß ihr nicht zu dem Geld verholfen wird, das zu Zeiten, als sie noch mit ihrem Mann in Frankfurt lebte, hanauischen Untertanen geliehen wurde. Da sie nach dem Tod ihres Mannes ihre unmündigen Kinder versorgen und selbst Schulden bezahlen muß, benötigt sie das Geld und bittet um einen Gerichtstag zum Vergleich mit ihren Schuldnern.
Am 10. Januar 1548 protestieren die Hanauer Räte bei der Stadt Frankfurt gegen die an die Vormünder von Peter Mors nachgelassenen Kindern ergangene Ladung vor das Stadtgericht. Die Stadt antwortet am 16. Januar, daß Brendel Mor im Februar des Vorjahres wegen einer Schuld von 200 fl. verklagt um dieser am 6. Juni um Zeit zur Beweisführung gebeten hat. Da er inzwischen verstorben ist, klagt Brendel zu Recht gegen seinen zu Frankfurt lebenden Sohn Hans und die Vormünder der anderen Kinder zu Seckbach.
Am 27. Januar erklären die Hanauer Räte, daß Mor sich keineswegs, wie von der Stadt Frankfurt behauptet, freiwillig deren Gerichtszwang unterworfen hat. Er war vielmehr gezwungen, sein Erscheinen vor dem Frankfurter Gericht zuzusagen, um die Aufhebung des Arrests zu erreichen, mit dem Brendel seinen Besitz hatte belegen lassen. Als ein einfältiger Bauer konnte er die Folgen eines solchen Schrittes nicht absehen. Die Räte sind bereit, über Brendels Klage vor dem Hanauer Gericht zu verhandeln, lehnen es aber ab, hanauische Untertanen vor fremde Gerichte ziehen zu lassen. Am 7. Februar antwortet die Stadt Frankfurt, daß sie auf der Prozeßführung besteht, da Mor sich seinerzeit auf das Verfahren in Frankfurt eingelassen hat.
Am 27. Februar kommt es zu einer Verhandlung zwischen Brendels Anwalt und den Morschen Vormündern in Hanau. Dabei beruft sich der Anwalt auf die von Mor übernommene Verpflichtung, Ansel zur Bezahlung der 280 fl. zu verhelfen, die Amalie Kappes ihm schuldig war, und macht eine Restschuld von 200 fl. geltend. Die Vormünder erwidern, daß Ansel die Pfändung der Kappesschen Weingärten nicht bei Zeiten verfolgt hat, während der an der Pfändung auch beteiligte Schumacher "dem wie recht nachkommen" ist. Da ein Vergleichsversuch scheitert, wird vereinbart, daß Brendel die Angelegenheit vorerst beruhen lassen soll.
Am 27. November 1549 schreibt Brendels Anwalt an deren Sohn Simon aus Deutz (Teutsch) zu Windecken: "Lieber Simon Jud, Got bekere dich zum Christenglauben", und teilt ihm mit, daß Brendel sein Zögern in der Klagsache gegen Peter Mors Erben nicht länger hinnehmen will. Über die Wolf Breunlin betreffende Angelegenheit will der Anwalt Simon mündlich berichten. Er schließt mit dem Bemerken, daß Brendelin glaubt, Simon sei seiner "gelegenheit nach" nach Ehringen gezogen.
Am 5. Januar 1550 berichtet Simon den Hanauer Räten, daß seine Mutter, die auf sein Zureden die Klage gegen Mors Erben zwei Jahre lang zurückgehalten hat, nicht länger willens ist, auf Bezahlung zu warten. Er bittet, es ihn nicht entgelten zu lassen, wenn sie das Verfahren wieder aufgreift, und verspricht sie zu veranlassen, sich noch einmal vier Wochen zu gedulden, wenn man ihm in dieser Zeit sichere Bezahlung zusagen kann.
Auf Brendels Ansuchen lädt der Frankfurter Stadtschultheiß die Morschen Vormünder am 31. Januar zum 28. Juli oder dem darauffolgenden Gerichtstag vor das Stadtgericht.

Weitere Angaben

vgl. auch StAMarburg, 86 Hanauer Nachträge Nr. 28480 und Regest Nr. 1234

Nachnutzung

Rechtehinweise

Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, CC BY-SA 4.0

Zitierweise

Empfohlene Zitierweise

„Forderungen des Frankfurter Juden Ansel zum Hirsch und seiner Erben an den Zentgrafen Peter Mor zu Seckbach und seine Erben“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/6365_forderungen-des-frankfurter-juden-ansel-zum-hirsch-und-seiner-erben-an-den-zentgrafen-peter-mor-zu-seckbach-und-seine-erben> (aufgerufen am 25.11.2025)

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