Klagen der Juden zu Assenheim
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Klagen der Juden zu Assenheim
Die Juden zu Assenheim klagen Räten und Befehlhabern zu Hanau, daß der solmsische und der isenburgische Keller sie an der Eintreibung ihrer ausstehenden Forderungen hindern und Pfändungen der Schuldner mit dem Hinweis auf einen bevorstehenden Tag, an dem die Assenheimer Mitherren sich wegen der Juden vergleichen wollen, unterbinden. Inzwischen haben aber die Assenheimer Bürger gemerkt, daß die beiden Keller den Juden entgegenarbeiten, und fangen, zumal kein fester Termin für den abzuhaltenden Tag genannt wird, allerlei Mutwillen an. Sie schlagen den Juden die Fenster ein, brechen ihnen nachts die Keller auf und schlagen die Zapfen aus den Weinfässern. So sind Schmol kürzlich 8 Ohm Wein in den Kot geflossen. Drei Assenheimer Bürger, die die Juden Schulden halber vor den Amtmann zu Windecken laden lassen wollten, haben offen erklärt, daß sie einer solchen Ladung nicht folgen würden.
Am 29. Juni klagen die Assenheimer Juden, daß auch der zweimalige Besuch des Windecker Amtmanns, der versucht hat, ihnen bei der Eintreibung ihrer Forderungen zu helfen, nichts daran geändert hat, daß der solmsische und der isenburgische Keller unter Berufung auf Weisungen ihrer Herrschaft die Bezahlung der Juden verhindern. Diese bitten daher mit dem Bemerken, daß durch ein derartiges Vorgehen nicht nur ihre Interessen, sondern auch die hanauischen Gerechtsame beeinträchtigt werden, um Abhilfe. Die hanauischen Räte und Befehlhaber beschließen daher am 30. Juni die Einberufung eines Tages zu Verhandlungen mit den Assenheimer Mitherren.
Am 20. Juli berichtet der Windecker Amtmann nach Hanau, daß er sich weisungsgemäß nach Assenheim begeben und dort Bürger und Juden vorgeladen hat, der solmsische und der isenburgische Keller den Bürgern aber das Erscheinen und jede Zahlung an die Juden untersagt haben, solange sie als Vertreter der Mitherrschaft nicht an den Verhandlungen beteiligt werden.
In einem Bericht an den hanauischen Vormund Graf Johann von Nassau erklären Räte und Befehlhaber daraufhin am 26. Juli, daß nach altem Herkommen die Assenheimer Juden nur dem hanauischen Keller unterstehen, der ihnen bei Forderungen an die Bürger auch zu einem Pfand zu verhelfen hat. Das von den Beamten der Assenheimer Mitherren geforderte Mitspracherecht beeinträchtigt die hanauischen Rechte und ist daher abzulehnen. Darauf erklärt Graf Johann am 30. Juli, daß ihm zwar die solmsische und isenburgische Forderung nicht unbillig erscheint, er aber die Rechte seines Mündels keinesfalls schmälern und sich daher um die Aufhebung des Verbots bemühen will, das die Bezahlung der Juden verhindert.
Am 28. Januar 1564 beklagen sich die Assenheimer Juden erneut bei Gräfin Helene von Hanau und erklären, daß sie ihre Verpflichtungen gegenüber der Obrigkeit nicht mehr einhalten können, wenn man ihnen nicht zu ihren in Assenheim und Umgebung ausgeliehenen Geldern verhilft und sie statt dessen weiter verfolgt, nachts in ihre Häuser einbricht und ihnen die Fenster einwirft. Einem von ihnen hat man neulich zehn gemästete Gänse gestohlen, einem anderen aus einem Weinfaß im Keller den Zapfen gezogen, so daß 9 Ohm Wein in den Kot gelaufen sind. Wenn wirklich einmal jemand bereit ist zu zahlen, wollen der solmsische und der isenburgische Keller dabei sein und mitverhandeln. Der hanauische Keller kann sich ihnen gegenüber nicht durchsetzen und erklärt den Juden offen, seit dem Tode des Grafen hätten sie keine Obrigkeit mehr und sollten sich "nur trollen und packen". Die Juden bitten die Gräfin, die "itzunder furfallende schwere sterbende leufft" zu bedenken und ihnen zur Bezahlung zu verhelfen, da andernfalls kein Jude mehr nach Assenheim ziehen wird und sie selbst sich dort nicht halten können, sondern fortziehen müssen.
Ausfertigung
86 Hanauer Nachträge Nr. α 673 Bl. 61-64, 72-74; Nr. 25949; Protokolle II Hanau A Nr. 2c Bd. 1 1563 S.24, 52.
Archivangaben
Altsignatur
86 Hanauer Nachträge Nr. α 673 Bl. 61-64, 72-74; Nr. 25949; Protokolle II Hanau A Nr. 2c Bd. 1 1563 S.24, 52.
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„Klagen der Juden zu Assenheim“, in: Quellen zur jüdischen Geschichte <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/quellen-zur-juedischen-geschichte/alle-eintraege/3971_klagen-der-juden-zu-assenheim> (aufgerufen am 25.11.2025)
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