Ereignis
Was geschah
Am 11. März 1848 gewährt Kurfürst Friedrich Wilhelm I. (1802–1875) im Kurfürstentum Hessen „vollständige Religions- und Gewissensfreiheit und deren Ausübung“. Am 29. Oktober 1848 folgt das Gesetz, dass die „Ausübung aller bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte, insbesondere die Bekleidung von Staats- und Gemeindeämtern“ unabhängig vom Glaubensbekenntnis sei. Für die jüdische Bevölkerung bedeutet dieses eine weitgehende Gleichstellung, die jedoch 1852 wieder zurückgenommen wird.
Das Gesetz führte auch dazu, dass sich Gemeinden spalteten, da sich nun verschiedene religiöse Strömungen innerhalb der Gemeinden stärker abgrenzen konnten. In Fritzlar unterzeichneten 18 jüdische Familien am 26. Juli 1848 eine in der Zeitung veröffentlichte Ankündigung, dass sie die gewährten Freiheiten zum Anlass nahmen, ihre religiöse Praxis zu reformieren. Um zu zeigen, dass sie durch die „Gewissensfreiheit“ nun noch vollständiger dem „deutschen Vaterlande“ angehörten, beschlossen sie, den Trauertag Tischa B’Av, der an die Zerstörung des Jerusalemer Tempels erinnert, nicht mehr zu begehen. Zudem sollten alle Teile der Liturgie, die zu Zeiten von Exil oder Verfolgungen entstanden sind, abgeschafft werden. 1849 kam es zur endgültigen Spaltung der Gemeinde, als die 20 wohlhabendsten Familien sich als „Neue Religionsgemeinschaft“ neu organisierten.
(StF)
Bezugsrahmen
Nachweise
Literatur
- Paul Arnsberg, Die jüdischen Gemeinden in Hessen, Bd. 1, Frankfurt 1971, S. 214-216
- Anke Schwarz, Jüdische Gemeinden zwischen bürgerlicher Emanzipation und Obrigkeitsstaat, Wiesbaden 2002, S. 204, 214, 217
Weiterführende Informationen
- [Ankündigung der jüdischen Gemeinde Fritzlar vom 26. Juli 1848, den Trauertag Tischa B’Av nicht mehr feiern zu wollen]
- Wikipedia: Tischa beAv (eingesehen am 21.12.2023)
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Siehe auch
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Personen
Nachnutzung
Rechtehinweise
Metadaten: Hessisches Institut für Landesgeschichte, CC BY-SA 4.0
Abbildungen: siehe Angaben beim jeweiligen Digitalisat
Zitierweise
Empfohlene Zitierweise
„Religionsfreiheit im Kurfürstentum Hessen, 11. März 1848“, in: Hessen im 19. und 20. Jahrhundert <https://lagis.hessen.de/de/quellen-und-materialien/hessen-im-19-und-20-jahrhundert/alle-eintraege/7284_religionsfreiheit-im-kurfuerstentum-hessen> (aufgerufen am 25.11.2025)
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